Er schmeckt die Zutaten heraus

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Klaus Deinzer und die frisch gebackenen "Neifertaler" Foto: Petra Malbrich
Klaus Deinzer und die frisch gebackenen "Neifertaler" Foto: Petra Malbrich

Klaus Deinzer ist einer der ersten Brotsommeliers weltweit und bäckt bekömmliches Brot. Er beliefert auch Dorfläden aus der Region wie den in Obertrubach. Die wichtigste und teuerste Zutat ist Zeit.

Wenn Klaus Deinzer in ein Stück Brot beißt, schmeckt er die Zutaten heraus. Er weiß nach dem ersten Biss, welches Mehl, ob zu viel oder zu wenig Salz in dem Brot ist und welche Gewürze verwendet wurden. Ist bei den Broten auch eines aus dem Supermarkt dabei, kann er es herausfiltern. Denn oft schmecke man sogar den Karton, in dem es oft noch lauwarm verpackt wurde.

"Die Geschmacksnerven wurden in der Ausbildung trainiert", erklärt Klaus Deinzer. Der Bäcker aus St. Helena bei Simmelsdorf (Kreis Nürnberger Land) war praktisch der erste Brotsommelier weltweit, inzwischen gibt es 45 solcher Brottester.

"Die Urkunden wurden nach dem Alphabet ausgeteilt", erklärt er, warum er als Erster genannt wurde. Denn mit ihm haben noch zwölf andere Bäckerkollegen die Weiterbildung zum Brotsommelier absolviert. Das war 2015 beim allerersten Lehrgang an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim in Baden-Württemberg.

In dem Bundesland hat der Bäckermeister auch zuletzt in einem Betrieb gearbeitet, bevor er vor zwei Jahren die Bäckerei in seiner Heimatregion, in St. Helena, übernahm.

Schon als kleiner Junge

Schon als kleiner Junge wollte Klaus Deinzer Bäcker lernen. Alle größeren Bauernhöfe hatten damals noch einen Holzofen - so auch ein Bauer in Großgesee, dem der junge Klaus Deinzer beim Holzofenbrotbacken half. Auch in seinem Elternhaus wurde früher Holzofenbrot gebacken. Das Rezept seiner Uroma ist noch heute Vorlage für seine Brote aus Sauerteig. Brote, die bekömmlich sind, was gerade in Zeiten der Allergien und Glutenunverträglichkeit wichtig ist.

Das Rezept ist kein Geheimnis. "Zeit ist die wichtigste und teuerste Zutat", erklärt Deinzer und zeigt das Innere eines seiner zwei Holzöfen. 65 Brote finden in einem Ofen Platz. Wenn letztendlich die Temperatur im Ofen passt - 285 bis 290 Grad sollten es sein -, wird das Brot eingeschossen, das heißt von dem Körbchen auf den Brotschieber gelegt und dann in den Ofen geschoben. 70 Minuten wird das Brot dann gebacken.

Die anderen Brotteige warten in Körbchen auf einen freien Ofenplatz. Sie haben dann gut 19 Stunden lang geruht. "Je länger ein Brot Zeit zum Aufgehen hat, desto bekömmlicher ist es", verrät Deinzer. Magenkrämpfe oder Durchfall sind bei solchen Broten unbekannt, im Gegenzug zu vielen industriell hergestellten Broten, die keine Zeit zum Aufgehen haben und statt eines Sauerteigs nur Säuerungsmittel beinhalten.

Deinzers Brote bestehen aus einem Drei-Stufen-Sauerteig wie früher. "Heute habe ich die erste Stufe für die Brote für morgen angesetzt", erklärt der Brotsommelier, der alleine arbeitet. Die erste Stufe besteht aus sechs Stunden Gehen für den Sauerteig. In der zweiten Stufe folgen zehn Stunden Ruhezeit und in der dritten weitere drei Stunden. "Durch das Schlafen bildet sich das Aroma", verrät Deinzer. Der Sauerteig ist die Zutat für den Hauptteig. Nun kommen je nach Brotsorte Roggenmehl, Weizenmehl, Wasser, Salz und nach Wunsch Gewürze dazu. Zehn Sorten Brot backt Deinzer, vom klassischen Holzofenbrot über Vollkornbrot, Dinkel- oder Walnussbrot bis zum Gewürzbrot. Die benötigten Kerne werden von ihm geröstet. Auch das macht einen feinen geschmacklichen Unterschied.

Wie gut seine Brote schmecken, drückt sich auch in den erhaltenen Auszeichnungen vom Deutschen Brotinstitut in Berlin aus. Seinen Produkten gibt er nicht nur regionale Namen, sondern er verwendet auch ausschließlich Zutaten aus der Region. Die "Neifertaler" sind rustikale Brötchen mit einer feinen Kruste und bleiben durch die lange Teighaltung und hochwertiges Olivenöl lange frisch. Das liegt aber auch an dem kleinen Anteil Kartoffeln, die Feuchtigkeit abgeben und so für Frische sorgen.

Wenn Klaus Deinzer einen Einblick in seinen Handwerksalltag gibt, erläutert er auch seinen modernen Arbeitsplatz. Der Knetbottich fasst 120 Kilogramm Teig. Wie viel und welches Mehl zugefügt wird, kann Deinzer an einer Schalttafel eingeben. Die Mehlsilos - große Edelstahlbehälter, gefüllt mit Roggenmehl und zwei unterschiedlichen Weizenmehltypen - sind im Keller und liefern per Luftdruck das Mehl nach oben in die Backstube, direkt in den Bottich.

Eine weitere wertvolle Lieferung kommt vom Dachboden mit dem Aufzug in die Backstube, direkt zu den Holzöfen: das kleingehackte Holz. Vier Ster pro Woche sind für sein echtes Holzofenbrot unerlässlich. Er verkauft seine Brote im eigenen Laden und beliefert hauptsächlich Dorfläden aus der Region wie den in Obertrubach beispielsweise. Auch viele Hiltpoltsteiner gehören zu seinen Kunden.

Als Brotsommelier ist er auch Brotbotschafter und berät über die Vielfalt des Brotes. Vom üblichen Weißbrot zum Käse rät er ab. Der Käse verlange etwas Kerniges, ein Kürbiskernbaguette beispielsweise. Und den fränkischen Presssack sollte man keinesfalls mit einem Brötchen essen.