Die Plassenburg, eines der imposantesten Renaissancebauwerke Deutschlands, galt über lange Zeit als Vorbild im Festungsbau. Ungern erinnert man sich heute an ein düsteres Kapitel in der Geschichte der...
Die Plassenburg, eines der imposantesten Renaissancebauwerke Deutschlands, galt über lange Zeit als Vorbild im Festungsbau. Ungern erinnert man sich heute an ein düsteres Kapitel in der Geschichte der Burg. Das Wahrzeichen Kulmbachs war über 100 Jahre, von 1817 bis 1928, ein "Behälter des Elends" - ein Zucht- und Zwangsarbeiterhaus. Hubert Kolling schlug im Stadtmuseum Bad Staffelsteins das düstere Kapitel in der Geschichte der Plassenburg auf. Bei seinem CHW-Vortrag beschrieb der Historiker aus Unterzettlitz vor allem das Leben der Inhaftierten. Die Burg diente von 1817 bis 1862 als Zwangsarbeiterhaus und danach als Zuchthaus bis 1928. Nachdem das Gefängnis 1909 aufgelassen wurde, nutzte man sie im Ersten Weltkrieg (1914-1918) als Gefangenenlager für 337 russische Staatsangehörige mit überwiegend jüdischem Glauben und Kriegsgefangene. Nach dem Krieg diente die Plassenburg bis März 1928 dann wieder als Strafanstalt.
1817 verband man Kolling zufolge mit der neu geschaffenen Einrichtung die Absicht, arbeitsscheue Menschen aus Ober- und Unterfranken, Frauen wie Männer streng getrennt, ans Arbeiten zu gewöhnen: "Liederliche Dirnen, die mit ihrem Leibe Gewerbe treiben, Landstreicher, Diebe und Betrüger sollten zur Ordnung und Gesetzmäßigkeit zurückgeführt werden". Bei der Eröffnung am 12. Oktober war das Zwangsarbeitshaus mit 15 Gefangenen belegt, bis Januar 1823 war die Zahl auf 300 gestiegen.
Die Gefangenen arbeiteten an Webstühlen, waren mit Waschen und Färben der Wolle beschäftigt, arbeiteten in der Schreinerei, Bäckerei oder waren zum Holzmachen, Schuttfahren und bei der Kanalreinigung beschäftigt. Es gab auch Einsätze außerhalb der Burg, zum Beispiel in Kulmbachs nahen Steinbrüchen oder in der Landwirtschaft.
Firmen bedauerten Auflösung
Übertretungen der Vorschriften wurden streng bestraft. Besonders hart traf es gefangene Ausländer. Sie wurden bei der Aufnahme in die Anstalt mit bis zu 30 Streichen, dem so genannten "Willkomm" empfangen.
1909 wurde die Strafanstalt Plassenburg aufgelöst. Das bedeutete für die Stadt Kulmbach einen ungeheuren Eingriff in die Wirtschaftsstruktur. Vielen Geschäftsleuten und Gewerbetreibenden hatten von der Gefangenenanstalt mit ihren bis zu 700 Insassen gelebt. Rund 100 Beamtenfamilien als Konsumenten und Mieter fehlten. Alle Versuche, die Burg wieder zu beleben, scheiterten.
Hubert Kolling stellte anschließend sein Buch über die Plassenburg, "Behälter des Elends", vor, das im Verlag Heinz Späthling erschienen ist.