Ein Haus im Dornröschenschlaf

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Das alte Rathaus in Affalterthal. In den Putz eingearbeitet sind Bilder aus dem Leben auf dem Land, mit dem Wappen der Gemeinde über dem Rathauseingang und mit der Inschrift darüber: "Erbaut 1784". Rechts daneben das wichtigste Haus im Dorf, die Kirche. Foto: Reinhard Löwisch
Das alte Rathaus in Affalterthal. In den Putz eingearbeitet sind Bilder aus dem Leben auf dem Land, mit dem Wappen der Gemeinde über dem Rathauseingang und mit der Inschrift darüber: "Erbaut 1784". Rechts daneben das wichtigste Haus im Dorf, die Kirche.  Foto: Reinhard Löwisch
Das alte Rathaus, stilisiert als Logo des Affalterthaler Heimatvereins Repro: löw
Das alte Rathaus, stilisiert als Logo des Affalterthaler Heimatvereins  Repro: löw
 

Vor 50 Jahren ging in Affalterthal eine fast 400-jährige Dorfschultradition zu Ende. Aus der Schule wurde das Rathaus. Doch mit der Gebietsreform war auch dieses Intermezzo schnell vorbei.

Der 23. November 1969 war für Affalterthal ein besonderes Datum: Aus der alten Schule wurde ein neues Rathaus - zumindest im Erdgeschoss - und das Obergeschoss zu einer Wohnung umgebaut. Das zweitwichtigste Haus im Dorf ist geschichtsträchtig.

Es war ein langsames Sterben, das bis heute anhält. 1784 wurde der schmucke Barockbau direkt neben der Kirche eingeweiht - als Schulhausersatz für das alte Gebäude, das an gleicher Stelle stand und aus bautechnischer Sicht wegen großer Mängel abgerissen werden musste. Drei Jahre dauerte es, bis die Herren von Egloffstein genug Geld zusammen hatten, um das neue Gebäude zu bauen, welches im Erdgeschoss einen Schulsaal und im Obergeschoss die Lehrerwohnung beinhaltete.

Lange Zeit reichte das eine Klassenzimmer aus, bis Anfang der 60er Jahre eine Schulreform in Angriff genommen wurde, die letztlich den Schulhäusern in Affalterthal und auch in Bieberbach den Garaus machte. Schon bei einer Gemeindevisite 1967 bemängelte der damalige Landrat, dass die Schule nicht mehr den modernen Anforderungen entspräche.

Ein Jahr später stand das Schulhaus leer und die Affalterthaler waren sauer: In einer Bürgerversammlung hatten sie deutlich gemacht, dass sie ihre einklassige Schule nicht gerne aufgelöst sehen, um der besseren Ausbildung ihrer Kinder willen aber dem Schulversuch mit Egloffstein zustimmten. Am 1. August 1968 wurde die Schule in Affalterthal offiziell geschlossen und gleichzeitig die Kinder aus dem bisherigen Schulsprengel Affalterthal dem Schulsprengel der neu errichteten Verbandsschule in Egloffstein zugeteilt.

Damit ging eine fast 400-jährige Dorfschultradition zu Ende. Die Gemeindeverwaltung kaufte noch 1968 der Kirchenstiftung das Lehrerwohnhaus samt leerstehendem Klassenzimmer ab, um im Parterre eine moderne Gemeindekanzlei einzurichten und im Obergeschoss eine modernisierte Mietwohnung. Rund 130 000 Mark, davon fast 50 000 Mark an Zuschüssen, nahm die Gemeinde dafür in die Hand.

Am 23. November 1969 übergab sie die neue Gemeindekanzlei ihrer Bestimmung. "Die Zeit der kalten Füße ist vorbei", freute sich der damalige Bürgermeister bei der Einweihung des schmucken Rathauses.

Affalterthal wurde 1972 zum "schönsten Dorf im Landkreis Forchheim" gekürt und es gab im gleichen Jahr einen Sonderpreis für "das schönste Rathaus". Die Lokalpresse lobte den Ort in höchsten Tönen: "Ähnlich der Blume entfaltete sich Affalterthal in den letzten Jahren. Die Nachbarn schauen zum Teil neidvoll auf diesen Ort, der in so kurzer Zeit den Sprung in dieses Jahrhundert schaffte. Ohne Schaden zu leiden, im Gegenteil: Die Gesichtskorrektur (mit Renovierung der Kirche, Straßenbau und Abriss alter Häuser) ist bestens gelungen. Alles überragend aber das Rathaus. Ein Bau, der seinesgleichen in Orten von nicht einmal 500 Einwohnern suchen muss."

Stolz auf ein Schmuckstück

Man war stolz im Dorf auf das Schmuckstück Rathaus und nutzte daher den Vorplatz immer als Startplatz des Brunnleitenfestumzuges und auch bei anderen festlichen Anlässen. Dazu stellte man nach oberbayerischem Vorbild einen künstlerisch verzierten Maibaum vor dem Rathauseingang auf und bestückte ihn mit Wappen.

Die Hochstimmung hielt jedoch nicht sehr lange an und auch die Rathausnutzung nicht. Zum 1. Mai 1978 verlor Affalterthal seinen Gemeindestatus und damit auch sein eigenes Rathaus. Das Rathausgebäude versank im Dornröschenschlaf.

Lagerraum für Vereine

Zwar wurde das Obergeschoss weiterhin als Wohnung vermietet, doch die Räume im Untergeschoss gerieten mehr und mehr zum Lagerraum für die Vereine und für die Dorffeste. Noch einmal flammte im Zuge der Kirchenvorplatzrenovierung 2005 kurz die Idee auf, ein Buswartehäuschen im alten Rathaus unterzubringen. Doch die Aussicht darauf, das Gebäude im Erdgeschoss energetisch so weit zu isolieren, dass im Obergeschoss im Winter keine Kälte beim Mieter ankommt, verhinderte eine weitere Nutzung, so dass die Räume unten noch immer als Lagerplatz dienen.

In Erinnerung an die vielfältige Geschichte des alten Rathauses verwendet der Affalterthaler Heimatverein das Gebäude stilistisch verändert als Logo.

Und ein Relikt des alten Rathauses bekam kürzliche einen neuen Standort: Das Bild mit dem Spruch des früheren Bürgermeisters Hans Deuerlein - "Einigkeit macht stark" - hing früher im Flur des alten Affalterthaler Rathauses. Nun hängt es an der Wand des Sitzungszimmers im Rathaus von Egloffstein.

Der Affalterthaler Gemeindegeist ist somit nach Egloffstein umgezogen, aber der Bürgermeister wohnt noch hier.