Forstwirtschaft Wo der Borkenkäfer gewütet hat, pflanzen Gemeinde und private Waldbesitzer Baumarten aus südlichen Regionen in der Hoffnung, besser für den Klimawandel gerüstet zu sein.
Etwa zwölf Stunden nennt der Routenplaner als Fahrzeit von Meeder nach Florenz. Klimawandel und Waldumbau machen diese Reise überflüssig. Es dauert zwar eine Weile, aber: "Der Wald hier wird irgendwann schon ähnlich aussehen wie in der Toscana", sagt Frank Wystrach. Er ist als Förster für die Beratung im Privat- und Körperschaftswald zuständig. Im Meederer Gemeindewald wurde auf seinen Rat hin jetzt so ein "Toskanawald" auf den Weg gebracht.
Zuerst hatte der Förster festgestellt, dass eine große Fläche im Gemeindewald vom Borkenkäfer angegriffen worden war. Zusammen mit Alexandra Merz, die bei der Gemeindeverwaltung für den Wald zuständig ist, organisierte er die schnelle Abholzung aller befallenen Fichten. Neue Bäume zu pflanzen, durfte auch nicht warten. "Hier auf dem Muschelkalk am Südhang würde rasch alles zuwachsen", sagt Frank Wystrach. Eines war bei der Auswahl der neuen Pflanzen klar: "Die Fichte will eigentlich keiner mehr." Frank Wystrach riet der Gemeinde zu Laubholz, das mit Wärme und Trockenheit klarkommt. So stehen jetzt junge Traubeneichen, Elsbeeren, Kirschen und Walnussbäumchen auf der Fläche. Ahorn und Buche kommen von allein und ebenfalls die Mehlbeere - obwohl die nächsten Bäume dieser Art etliche Hundert Meter entfernt als Straßenbäume zu finden sind. Tatsächlich eine Mischung, die einem auch in der Toscana begegnen könnte. Allerdings braucht diese Umgestaltung Jahrzehnte - so gesehen ist die Toscana bis auf weiteres doch noch zwölf Stunden entfernt.
Schaden als Chance sehen
Trotzdem ist der Waldumbau, der durch die Käferschäden jetzt beschleunigt wird, als Chance zu begreifen, sagt Moritz Bergen. Er ist seit kurzem Abteilungsleiter Forst beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Coburg-Kulmbach. "Natürlich ist es erst einmal schlimm, wenn es einen trifft und eine größere Fläche vom Borkenkäfer befallen wird", sagt er. Doch dann mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, dafür sei ja das Amt da.
Obwohl die Gemeinde das Pech hatte, ihren Bestand ausgerechnet in der Zeit völlig zusammengebrochener Holzpreise fällen zu müssen, musste sie kaum drauflegen, sagt Meeders Bürgermeister Bernd Höfer. Das war der hohen Förderung zu danken, die derzeit in solchen Fällen für die Wiederaufforstung gewährt wird.
Der Einsatz des Harvesters, die Nachpflanzung und der Bau des Zaunes, der die jungen Bäume vor Wildverbiss schützen soll, kostete rund 30 000 Euro. "Das konnte tatsächlich fast komplett durch die Förderung gedeckt werden", sagt Frank Wystrach. Durch das feuchte Wetter im Frühjahr entwickelte sich die Herbstpflanzung super. Es gibt fast keine Ausfälle. Ein Glück für die Gemeinde, denn was ausfällt, das muss der Waldbesitzer dann doch selbst ersetzen.
Hoffnung auf Tannen gesetzt
Auch junge Tannen, die nicht weit entfernt gepflanzt wurden, sehen gut aus. Die Tanne gilt als besser für den Klimawandel geeignet als die Fichte, und Nadelholz wird auch in Zukunft vor allem nachgefragt sein. Daher sagt Moritz Bergen: "Wir wollen die Fichte nicht verteufeln. Wo sich der Standort eignet, hat auch sie ihre Berechtigung." Es ist nur eben so, dass sich in unserer Region nicht mehr viele Standorte für die Fichte eignen.
Waldumbau für alle
Die Botschaft, die Moritz Bergen und Frank Wystrach wichtig ist, lautet: Waldumbau ist kein Privileg der Forstbetriebe der Bayerischen Staatsforsten. Auch die privaten Waldbesitzer und Kommunen werden nicht allein gelassen, wenn sie Käferbäume schlagen und danach wieder neue Bäume pflanzen müssen. Die zuständigen Forstbeamten stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Hauptsache ist, dass Waldbesitzer ihrer Verpflichtung nachkommen, Käferbäume rasch zu fällen und aus dem Wald zu entfernen, ehe Bäume in benachbarten Beständen ebenfalls vom Borkenkäfer angegriffen werden können.
Holger Truckenbrodt hat in seinem Wald Robinien gepflanzt. Der junge Bestand wirkt etwas befremdlich, weil jeder Baum in einer Plastikhülle steckt. Die schützt ihn vor Verbiss. Sie gibt ihm aber auch die Richtung vor - schön gerade nach oben. Das ist gut für diese speziellen Robinien, deren Name "Schiffsmastrobinie" Programm ist. Als Holger Truckenbrodt zwischen die Reihen Walnussbäume ohne Schutz pflanzte, musste er fast alle wenig später ersetzen. "Die haben wohl irgendeinem Tier gemundet", sagt er.
Flächen, auf denen praktisch nur Fichten stehen, werden nach dem Angriff der Borkenkäfer oft eben komplett kahl. Daher bietet sich die Möglichkeit, ganz von vorn anzufangen. Förster setzen mit Blick auf die Unwägbarkeiten des Klimawandels auf Vielfalt. Mindestens vier Baumarten, lieber mehr, sollte ein Bestand haben, raten sie. Gerät dann eine Baumart in Schwierigkeiten, ist nie der gesamte Bestand in Gefahr. Der Wald soll damit gegen Folgen des Klimawandels ebenso gerüstet sein wie gegen Schädlingsbefall.