Leserthema Ein interessantes Geschichtskapitel lebt dank einer Leserin auf, die sich an den Bader Hans Dietz erinnerte. Im Herzen der Stadt zog der Bamberger Kunden vor dem Zweiten Weltkrieg noch Zähne und versorgte ihre Wunden.
von unserem Redaktionsmitglied Petra Mayer
Bamberg — Sie setzten auf den Aderlass als Allheilmittel, um den Körper von "schlechten Säften" zu reinigen. Dafür "schröpften" Bader auch ihre Kunden, die unter diesem Begriff vor Jahrhunderten gesundheitliche (und keineswegs finanzielle) Erleichterungen verstanden. Noch im 19. Jahrhundert gab's vielerorts Baderschulen. Ab dem frühen 20. Jahrhundert aber half dem sterbenden Berufsstand kein Aderlass mehr - und die Stübner (eine Alternativbezeichnung) verschwanden aus Dörfern und Städten. An einen der letzten Bamberger Bader erinnerte uns Margarete Wölflein, deren Themenanregung wir aufgriffen.
"Nur vom Bader Dietz in der Lugbank ließ sich mein Großvater behandeln", berichtete die 83-Jährige. Während er Ärzten offenbar eher misstraute.
"Auch der Preis stimmte beim Bader, der Zähne zog, Gliedmaßen einrenkte, Wunden versorgte, Verstauchungen kurierte und Haare schnitt", so Margarete Wölflein. "Die Ohrlöcher für meine ersten Ohrringe hat mir dieser freundliche Herr gestochen, der mit Kindern gut umzugehen wusste." So wandten sich damals viele Bamberger an Hans Dietz, der gleich neben der Bäckerei Seel in der Lugbank 10 zu finden war, wie im Adressbuch der Stadt aus dem Jahr 1934 nachzulesen ist. Als Friseur und approbierter Bader war der Franke hier verzeichnet, der auch die Fußpflege seiner Kunden und "chirurgische Verrichtungen" übernahm. "Schade, dass es hier nach dem Krieg keinen Bader Dietz mehr gab. Seine Räume hatte ein moderner Friseur bezogen."
Etliche Friseure des frühen 20. Jahrhunderts wurden noch unter der historischen Berufsbezeichnung ausgebildet. Wobei sich das Berufsbild natürlich entscheidend gewandelt hatte.
Anfang der 50er-Jahre sollen in Bamberg noch Aquilin Schmitt (Austraße) und Konstantin Klein (Unteren Kaulberg) als Bader tätig gewesen sein. So existierte der Berufsstand in Deutschland tatsächlich bis in die 50er-Jahre hinein, gesetzlich klar geregelt.
Für eine gewisse Zeitlang gab es im 19. Jahrhundert auch eine Bamberger Schule für Bader. Nach der Auflösung der alten Bamberger Universität (im Zuge der Säkularisation) hatte Adalbert Friedrich Marcus in der Domstadt eine Medizinisch-Chirurgische Schule gegründet, der 1836 auch die bis 1843 existierende Schule für Bader folgte.
Seit dem 12. Jahrhundert kannte man Handwerkschirurgen, zu denen neben den Badern auch Wundärzte, Feldscherer und Geburtshelfer zählten. Während sich akademisch ausgebildete Ärzte nurmehr Belangen der Inneren Medizin widmeten.
Verletzungen zu behandeln, offene Wunden oder eben chirurgische Eingriffe vorzunehmen, überließen sie nicht ohne Grund anderen Berufsgruppen. So war Ärzten aus dem geistlichen Stand von der Kirche seit dem Konzil von Tours (1163) der Umgang mit Blut untersagt.
Auch als Pestärzte engagierten sich die Bader in Zeiten, in denen die Seuche wütete. Dennoch zählte man sie im Mittelalter - wie Henker und Abdecker - zu "unehrlichen" Berufen. Was aber nicht heißen soll, dass man ihre Badstuben darum weniger schätzte. Sie waren Orte der Geselligkeit und des Austausches von Neuigkeiten.
Ab 1267 In Bamberg wurde eine Badstube bereits 1267 im Sand erwähnt (Sandbad 31) und gab dem Sandbad-Viertel seinen Namen. In der ehemaligen Fischersiedlung gingen Bader über Jahrhunderte ihrem Beruf nach, wie in der Reihe "Die Kunstdenkmäler von Bayern" nachzulesen ist.
Bald existierte auch eine Stube am Unteren Kaulberg, im Zinkenwörth, der Langen Straße, vor dem Martinstor, in der Oberen Königstraße und viele mehr. Das Judenviertel hatte ein eigenes Bad: die Judenbadestube (Sonnenplätzchen 7). Indes fiel der Besitz nach der Judenvertreibung von 1349 an das Hochstift Bamberg zurück und war bald unter anderem Namen bekannt: als Badestube zur Sonne. Selbst der Bamberger Oberbürgermeister Stefan Gutknecht ließ sich hier den Rücken schrubben. So berichtete der Heimatforscher Hans Paschke, dass Einwohner des Zinkenwörthes den OB am 10. April 1525 in der Badestube aufsuchten, um ihn von damals beginnenden Volksaufständen zu unterrichteten, die unter dem Stichwort Bauernkrieg in die Geschichte eingingen.
Ein faszinierendes Kapitel Bamberger Historie, auf das uns eine Leserin verwies, die sich an einen der letzten Bader zurückerinnerte.