Und: "Kirche muss Perspektiven entwickeln, darf nicht stehen bleiben", ist der Jünger Don Boscos überzeugt. Gerade mit dem neuen geistlichen Liedgut gelang es Pater Brandl, den Nerv junger Menschen zu treffen. Sie fühlten sich mit ihrer Art der Musik akzeptiert und bekämen dafür Anerkennung von der Kirchengemeinde.Hier stehe der Pfarrer nicht mehr im Mittelpunkt, sondern sei Teil der Gemeinde, Teil des Volkes Gottes.
Sich sorgen statt versorgen
Wolle die Kirche Geborgenheit bieten, eine Heimat für alle werden, müsse sie den Schritt wagen von der "versorgten Gemeinde" zur "sich sorgenden Gemeinde". Je mehr Leute sich für diese Sache engagierten, desto farbenprächtiger und einladender werde "Kirche", so der Austragspfarrer.
Aus der Vergangenheit leben, aber die Zukunft gestalten, zitiert Pater Brandl sinngemäß den dänischen Schriftsteller, Theologen und Philosophen Søren Kierkegaard. Will heißen: Die Kirche muss Vordenker bleiben. Und Mut beweisen. Nicht so verzagt sein wie die Jünger Jesu bei dem Sturm auf dem See Genezareth.
Mut beweisen
Mutig sein bedeute für die Kirche heute mehr denn je, Präsenz zu zeigen. "Wer in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird, existiert nicht", ist Pater Brandl überzeugt. Zeichen setzen könne die Kirche auch, wenn sie Frauen für Wortgottesdienste zulasse oder sie zu Priesterinnen weihe. Warum nicht? Die Rolle der Frau sei bislang in der katholischen Kirche zu sehr vernachlässigt worden. Dabei seien Frauen total wichtig.
"Sie denken und fühlen ganz anders als Männer und sie bringen Mütterlichkeit und Geborgenheit mit". "Leben ist Begegnung", sagt Pfarrer Brandl, der betont, dass diese Begegnung nicht nur zuhause oder im Beruf stattfindet, sondern auch im kirchlichen Leben. Wer seine Sorgen, sein Leben jemandem anvertraue und dabei auf Verständnis und Einfühlungsvermögen stoße, fühle sich in dieser Gemeinschaft gut aufgehoben, geborgen.
Denkanstöße dank Frauen
Auch verheiratete Männer, sogenannte "viri probati" kann sich Pater Brandl in der katholischen Seelsorge gut vorstellen. Sie hätten gegenüber zölibatären Priestern den Vorteil, dass sie die Herausforderungen des Alltages mit ihrer Frau besprechen könnten. So erhielten die Seelsorger neue Denkanstöße. "Ein Gedankenaustausch, der sich positiv auf die Arbeit auswirkt", ist Brandl überzeugt.
Ebenso wichtig für die Kirche von morgen findet der Ruhestandsgeistliche: "Das Pfarrhaus muss ein Ort sein, wo die Leute gerne hingehen. Offen und einladend." Und wo jemand gern hingeht, fühlt er sich auch mehr oder weniger geborgen.