Gemeinderats- und Stadtratsmitglieder sind ehrenamtlich tätig. Doch in Fragen der Haftung werden sie rechtlich zu Beamten. Ein Experte des Bayerischen Gemeindetags erklärt, was es damit auf sich hat.
Bei den Kommunalwahlen im kommenden Frühjahr geht es im Landkreis Bamberg wieder um mehr als 600 Sitze in Gemeinde-, Marktgemeinde- und Stadträten sowie im Kreistag. Dazu kommen im Bamberger Stadtrat weitere 44 Sitze.
In den kommenden Monaten werden sich tausende Kandidatinnen und Kandidaten auf den Listen von Parteien und Wählergruppierungen als Bewerber um diese Mandate nominieren lassen. Sie wissen, dass sie sich um ein Ehrenamt bewerben und damit bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Doch es sind sich wohl nicht alle bewusst, dass sie mit der Übernahme dieses Ehrenamts im haftungsrechtlichen Sinn zu Beamten werden, die grundsätzlich regresspflichtig sind.
Das klingt dramatisch und für manchen könnte es abschreckend wirken. Doch nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. "Wer seine Verantwortung ernst nimmt, braucht keine Angst vor Regress im Ehrenamt zu haben", sagt Hans-Peter Mayer, stellvertretender Geschäftsführer des Bayerischen Gemeindetags. Im Gespräch mit dem FT erläutert der Experte zum Thema die Grundlagen und die Praxis dieser gesetzlichen Haftungsregelung.
Keine Abgeordneten
Die kommunalen Gremien (Gemeinderat, Stadtrat, Kreistag, Bezirkstag) sind keine Gesetzgebungsorgane wie Landtag oder Bundestag, sondern Verwaltungsorgane; ihre Mitglieder also keine Abgeordneten. "Für Gemeinderatsmitglieder gilt die sogenannte Amtshaftung, wie für alle, die für die Gemeinde tätig sind. Also beispielsweise auch ehrenamtliche Schulweghelfer", erklärt Mayer. Für sie gebe es keine Außenhaftung. Erst wenn die Gemeinde zum Schadenersatz herangezogen werde, könne die Innenhaftung greifen.
Die gesetzliche Grundlage dafür findet sich in den Artikeln 20 und 51 (siehe Infokasten) der Bayerischen Gemeindeordnung (Bay GO). Da die Beschlussfassung die klassische Beschäftigung des Gemeinderatsmitglieds sei, käme für eine Regressforderung nach Artikel 51 BayGO nur ein vorsätzlich rechtswidrig gefasster Beschluss infrage. "Die Latte ist also schon verdammt hoch gehängt", stellt Mayer fest, und fügt hinzu: "Wenn Gremien vorsätzlich rechtswidrige Beschlüsse fassen, dann ist es auch gerechtfertigt, wenn sie dafür zur Verantwortung gezogen werden."
BGH entschärft Haftungsfrage
Doch wie oft kommt so etwas überhaupt vor? Früher häufiger als ein, zwei Mal pro Jahr, meint Mayer. Ein klassischer Fall sei das verweigerte Einvernehmen zu Bauanträgen gewesen. Bauwillige, die nicht bauen durften und denen deswegen ein Schaden entstanden sei, hätten immer wieder Gemeinden auf Regress verklagt. Habe sich herausgestellt, dass der Bauantrag rechtskonform gewesen war, wären die Gemeinden regresspflichtig geworden und hätten sich ihrerseits an die Gemeinderatsmitglieder gewandt.
Doch ein Urteil des Bundesgerichtshofs im September 2010 hat diese Stolperfalle für Gemeinden und Gemeinderäte aus dem Weg geräumt. Denn für Baugenehmigungen sind die Baubehörden der Landratsämter zuständig. Diese können bzw. müssen dem BGH-Urteil zufolge das gemeindliche Einvernehmen ersetzen, wenn es rechtswidrig verweigert wurde. Wenn die Genehmigungsbehörde das Einvernehmen nicht ersetzt, dann haftet sie auch.