Die Schulweghelfer im Landkreis Lichtenfels versehen einen unbezahlbaren Dienst - und bekommen eine kleine Belohnung dafür.
Kurz vor der Abfahrt fällt das Wort "Anschauungsunterricht". Ein Begriff, gegen den sich Alfons Hrubesch am Mittwoch kurz vor 6 Uhr morgens lächelnd wehrte. Und doch wird er dafür gesorgt haben, dass seine Schulweghelfer auf dem Weg nach Cheb/Eger zwischen polizeilichen Statistiken, Selbstschussanlagen und Kulinarik Einsichten und Versorgung finden.
"32 000 Stunden Dienst", bilanziert der pensionierte Kommissar zu dem, was seine im Landkreis verstreuten ehrenamtlich Mitwirkenden mit einem Altersdurchschnitt zwischen 50 und 60 in der Kreisverkehrswacht binnen eines Jahres allein im Schulweghelferdienst leisteten. Und doch sieht es Hrubesch trotz des Begriffs Ehrenamt als Ehrensache an, einen dankenden Ausgleich zu schaffen. "Die Leute arbeiten ehrenamtlich, wollen aber auch belohnt werden", erklärt der Mann in den Siebzigern, der selbst wegen Leitung eines Opferhilfevereins oder der Kreisverkehrswacht strapaziöse Zeiten durchlebt und von Kongressen zu Informationsabenden pendelt.
873 Schulweghelfer gibt's
Irgendwann an diesem Tag wird auch er im Bus schlafen oder von Zeit zu Zeit bei sich ruhend absichtslos in die Ferne schauen. Doch als sich die beiden Busse morgens in Gang setzten, taten sie es auch aus traditionellen Gründen. Einmal im Jahr steht ein Tagesausflug an, einmal im Jahr allerdings auch ein mehrtägiger. Das erfordert Planung, mit der schon knapp ein Jahr vor Reiseantritt begonnen werden muss. 873 Schulweghelfer im Landkreis wollen koordiniert werden. 71 von ihnen sitzen in zwei Bussen auf dem Weg in einen ereignisreichen Tag.
Dieter Schober ist Fahnder und Ermittler, vertraut mit Schleierfahndung und eingebunden in "die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität". Was er hier in der Nähe der A 93 und entlang der deutsch-tschechischen Grenze darf, ist "freies Jagen". Hier in Plößberg, im oberpfälzischen Landkreis Tirschenreuth, machen die beiden Busgruppen bei der Bildungsfahrt mit belohnendem Abschluss auch bei der Polizei Station. Hintergrund: Schulweghelfer sind Teil der Verkehrswacht und wenn es um Verkehr geht, dann stellt Grenzkriminalität einen interessanten Aspekt dessen dar. Und so demonstriert Schober vor 71 Zuhörern, was auch seinen Arbeitsalltag ausmacht.
Dazu gehören Drogenfunde und kriminelle Raffinessen, beispielsweise als Taschenlampen aufgefundene Elektroschocker. Nach einer guten Stunde Einsicht in grenznahe Polizeiarbeit zog es die Gruppe zur Stadtbesichtigung nach Cheb/Eger.
Unter ihnen auch Marianne Lippert, eine Rentnerin, die sich schon seit 20 Jahren als Schulweghelferin einsetzt. Am Landratsamt in Lichtenfels steht sie, Kinder über die Straße zu geleiten. "Heute war ich sehr zufrieden", sagt die Frau zu dem Tagesprogramm, welches in einem Abendessen münden wird. Den tiefsten Eindruck habe in ihr der Besuch im Deutsch-Deutschen Museum in Mödlareuth hinterlassen. Ein besonderer Ort, denn der durch ihn fließende Tannbach wurde namensgebend für eine große Fernsehproduktion zur Teilung Deutschlands. Hier steht auch das Museum zur Geschichte der deutschen Teilung, hier sind noch Grenz- und Sicherheitsstreifen aufgebaut, um die schiere Undurchdringlichkeit der damaligen Grenze zu demonstrieren. Die Frage, ob sie auch ohne all diese durch gerichtliche Zuweisungen möglich gemachten Fahrten an ihrem ehrenamtlichen Engagement festhielte, bejahte sie. "Ich brauche ja eine Aufgabe als Rentnerin."
Und doch schätzt sie wie die 70 anderen Mitfahrenden in den beiden Bussen die Geste des Dankes. Die Zukunft des Schulweghelferdienstes sieht sie bedingt rosig. Die von ihr gemachten Erfahrungen bei der Neugewinnung weiterer Helfer sprächen in großem Maße von Abblockung. Eine Erklärung dafür hat sie auch: "Es liegt wohl eher an den unregelmäßigen Arbeitszeiten der Leute." Auch Alfons Hrubesch selbst hat diesbezüglich eine Einschätzung gewonnen. "In der Stadt ist es schwerer als auf dem Land", so seine Erfahrung. Aber die mache er so schon seit der Einführung 1981.