Seit dem großen Sängerfest 1924 gehörte das Himmelfahrtssingen an der Lauterburg fest in den Oberwohlsbacher Terminkalender. Heuer konnten es die Sänger nicht stemmen. Eine Gemeinschaftsleistung könnte nächstes Jahr helfen.
Über den Vormittag trafen die Sonderzüge ein. Einer nach dem anderen hielt am Bahnhof Oeslau. Es ist der 6. Juli 1924. Tausende steigen aus den Zügen und formieren sich zu einem gewaltigen Festzug. Ihr Ziel: Oberwohlsbach und der grüne Hügel am Fuß der Lauterburg. Dort steigt an diesem Tag das erste deutschlandweite Sängerfest nach 1914.
"Das war so beeindruckend, dass sich der Gesangverein Oberwohlsbach damals umbenannt hat in Gesangverein Lauterburg Oberwohlsbach", berichtet Vorsitzender Helmut Göckel. Sein Vater erlebte den Zug und das Fest als 14-Jähriger mit und hat ihm davon erzählt. Um die Erinnerung an diesen großen Tag der Sänger wach zu halten, gab es seit damals jedes Jahr das Lauterburgsingen mit Festbetrieb am denkwürdigen Ort vor der Ruine.
"Einmal musste es in all den Jahren ausfallen. Da hat es so lange und sehr geregnet, dass es nicht ging. Und einmal haben wir es vom Berg zum Sportheim verlegt. Sonst hat es immer stattgefunden", sagt Helmut Göckel, der seit vielen Jahren zu den Aktiven im Verein gehört. Immer - bis heuer. "Heuer mussten wir es absagen, weil einfach zu viele von denen, die immer die Arbeit gemacht haben, ausgefallen sind", erklärt Göckel.
"Es ist eine Tradition", sagt Harry Langguth, der ebenfalls ein Urgestein des Gesangvereins Lauterburg Oberwohlsbach ist. Schließlich wurde er 2013 im Alter von 80 Jahren für 60 Jahre als Sänger geehrt. "Es ist eine Tradition, und es wäre schade, wenn es nicht mehr stattfinden könnte." Beide haben noch Hoffnung, dass es wieder ein Fest mit Chorgesang am Fuße der Ruine geben wird. "Es wird vielleicht dann nicht mehr Himmelfahrtssingen heißen können, wie bisher", sagt Helmut Göckel.
Idee einer Dorfgemeinschaft
Der Hintergrund ist, dass der Gesangverein alleine sich kaum noch in der Lage sieht, das Fest organisatorisch zu stemmen. Die Idee, die Harry Langguth und Helmut Göckel umtreibt, ist eine Dorfgemeinschaft, die künftig gemeinsam das Fest auf die Beine stellt. "Der Altersdurchschnitt bei den aktiven Sängern im Verein ist zurzeit 77 Jahre und wenn wir die passiven Mitglieder einbeziehen sind wir bei 69", erklärt er das Problem des Gesangvereins mit dem Fest. Harry Langguth zählt auf: Toilettenwagen, das ganze Material wie Tische, Bänke und so weiter raufschaffen, Kosten für Gema und an die Stadt wegen der Nutzung des Geländes und der Anlagen. Das alles wird für den klein gewordenen Verein zu viel, macht er deutlich.
"Wir möchten einfach alle an einen Tisch holen. Alle Vereine im Ort und auch die Wohlsbacher, die nicht in einem Verein sind", sagt Helmut Göckel.
Gemeinsam soll dann überlegt werden, ob und wie das traditionsreiche Fest gerettet werden kann. Denn mit vereinten Kräften, da sind sich die beiden sicher, könnte es gelingen. Und selbst wenn es nicht mehr "Himmelfahrtssingen" heißen sollte - gesungen könnte trotzdem werden. Auch wenn es nicht mehr gelingt, 30 starke Chöre auf den Berg zu locken, wie beim Jubiläumsfest zum 50-jährigen Bestehen des Vereins 1955.