Corona-App mit Hilfe aus Coburg

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Wenn man selbst schon wieder vergessen hat, zu wem man kürzlich Kontakt hatte, kann das Handy mit einer speziellen Software helfen. 130 Wissenschaftler und Unternehmen arbeiten aktuell daran. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Wenn man selbst schon wieder vergessen hat, zu wem man kürzlich Kontakt hatte, kann das Handy mit einer speziellen Software helfen. 130 Wissenschaftler und Unternehmen arbeiten aktuell daran. Foto: Kay Nietfeld/dpa
ThomasWieland
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Eine spezielle Software soll im Kampf gegen Corona helfen, indem sie Kontakte aufzeichnet und im Krankheitsfall warnt.

Oft genug wird über das Smartphone geschimpft, dann zum Beispiel, wenn die Jugend von heute mal wieder die Augen nicht vom Display lassen kann. Doch in Zeiten von Corona, Ausgangsbeschränkung und Kontaktsperre kommt dem Mobiltelefon eine besondere Rolle zu. Man kann Oma und Opa Bilder von den Enkeln schicken, wenn sie sie schon nicht persönlich sehen dürfen. Oder der Freundin den perfekt gelungenen Kuchen präsentieren, den sie gerade leider nicht probieren darf. Doch auch die Wissenschaft will das Smartphone nun für ihre Zwecke nutzen: Eine spezielle App soll erkennen, ob ein Handybesitzer Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatte.

An der Entwicklung der Software mit dem etwas sperrigen Namen PEPP-PT (siehe Infokasten rechts) arbeiten aktuell rund 130 Wissenschaftler und Unternehmen aus mehreren europäischen Ländern. Darunter sind seit knapp einer Woche auch drei Mitarbeiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums für drahtlose Sensorik mit Sitz in Coburg, wie dessen Leiter, Professor Thomas Wieland, dem Tageblatt bestätigt.

"Solange kein wirksames Mittel gegen Corona gefunden wurde - solange hilft nur Eindämmung durch Kontaktvermeidung", heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS), das an dem Projekt beteiligt ist. Wer positiv getestet wurde, wisse aber schon nach kürzester Zeit nicht mehr zuverlässig, mit welchen Personen er auch nur zufällig länger Kontakt hatte. Hier könne eine spezielle App auf dem Handy jeden einzelnen unterstützen, schützen und anderen helfen.

So soll PEPP-PT - vereinfacht dargestellt - funktionieren: Kommen sich zwei Personen, die die App auf ihren Handys haben, nahe genug für eine mögliche Ansteckung, sollen sich deren Telefone über Bluetooth gegenseitig erkennen und anonym einen Zahlencode austauschen. Die Smartphones merken sich diesen Code. Wird ein Nutzer nun positiv auf das Coronavirus getestet, ändert er seinen Status auf "krank". Sein Handy meldet alle Kontakte aus der Inkubationszeit, die es gespeichert hat, verschlüsselt an einen zentralen Server. Von dort aus geht dann eine Warnung an die Kontaktpersonen, dass sie ebenfalls infiziert sein könnten.

Auf freiwilliger Basis

Dass dieses Verfahren nur vollständig anonymisiert und freiwillig, das heißt, mit Einwilligung der Handybesitzer geschehen könne, sei von Anfang an Grundvoraussetzung bei der Entwicklung der App gewesen, versichert das Fraunhofer IIS. Nirgends soll der Name oder Kontaktdaten des jeweiligen Nutzers gespeichert werden.

PEPP-PT ist genau genommen keine eigenständige App, sondern eine Basis-Software, die auf möglichst viele bestehende Apps als eine Art Update aufgespielt werden kann. Der Handy-Besitzer muss dann nur noch zustimmen, wenn er die Funktion nutzen will. Der Vorteil: Wenn jedes Land die gleiche Basis-Software benutzt, kann der Datenaustausch auch über Ländergrenzen hinweg stattfinden.

Öffentlich vorgestellt wurde die Entwicklung am vergangenen Mittwoch. Bis Mitte April, so schätzen die Wissenschaftler, könnte sie einsatzfähig sein.

Auf medizinischer Seite koordiniert das Robert-Koch-Institut die Entwicklung der App, auf technischer Seite das Fraunhofer-Heinrich-Hertz-Institut Berlin. Dort suchte man Unterstützung im Bereich Funkkommunikation. "Das ist genau das, was wir in Coburg machen", sagt Professor Thomas Wieland.

Coburger Know-how

Normalerweise beschäftige sich das Coburger Anwendungszentrum etwa mit Systemen, um Umweltsensorik drahtlos anzubinden und um Umwelteinflüsse in der Stadt oder in Industriebetrieben zu messen. Außerdem werde auch an Anwendungen für das 5G-Netz gearbeitet, so Wieland. Bei der Entwicklung der App waren seine Mitarbeiter unter anderem mit der Kommunikation zwischen App und Server befasst und damit, wie ein Smartphone andere Geräte erkennt. Er selbst sei übrigens nicht an der Entwicklung beteiligt gewesen, sagt Wieland. "Ich bin nur der Zentrumsleiter und stolz auf meine Mitarbeiter."