Sommer-Interview (2) 100 Tage ist Karl-Heinz Kandler erst im Amt und hat eines schnell gemerkt: Die Zeit reicht nie aus. Trotzdem bleibt der neu gewählte Bürgermeister von Kirchlauter bei seiner Wahlkampf-These, dass das Bürgermeisteramt auch ehrenamtlich machbar sei. Die nächsten sechs Jahr ist Kandler allerdings hauptberuflich tätig. Warum erklärt er hier.
Kirchlauter — Im Wahlkampf war es
das Thema: Für Amtsinhaber Jochen Steppert (CSU) war das Bürgermeisteramt in Kirchlauter ein Vollzeitjob. Herausforderer Karl-Heinz Kandler (SPD) wollte erreichen, dass das Amt zukünftig ehrenamtlich geführt wird. Kandler hat sich durchgesetzt und Steppert nach nur einer Amtsperiode abgelöst.
Frage: Herr Kandler, Sie haben im Wahlkampf damit geworben, dass die Gemeinde mit Ihnen Geld sparen würde. Nun sind Sie doch hauptberuflich im Amt. Warum?Karl-Heinz Kandler Dafür kann ich nichts, denn der Gemeinderat hat das kurz vor der Wahl für weitere sechs Jahre beschlossen - übrigens gegen meine eigene und die Stimmen meiner Fraktion. Nun sind wir an diesen Beschluss gebunden. Ich werde mich jedoch dafür einsetzen, dass die Regelung so bald wie möglich abgeschafft wird.
Sollte mir eine zweite Amtsperiode vergönnt sein, möchte ich diese als ehrenamtlicher Bürgermeister antreten.
Sie haben momentan sehr viel zu tun - vielleicht ist das Bürgermeisteramt doch ein Vollzeit-Job? Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es geht nicht um die Arbeitszeit, sondern darum, in welcher Höhe die Tätigkeit vergütet wird. Die sogenannte ehrenamtliche Tätigkeit wird ja auch bezahlt, wobei der Gemeinderat die Höhe der Vergütung flexibel gestalten kann.
Auch ist ein sogenannter ehrenamtlicher Bürgermeister eben kein Beamter, was zusätzliche Kosten für die Alterskasse und die Beihilfe bedeutet - und zwar möglicherweise lebenslang. Das kann sich eine Gemeinde unserer Größe nicht leisten. Aber, um Ihre Frage zu beantworten: Ja, es ist natürlich ein zeitaufwendiger Job.
Gerade jetzt am Anfang gibt es sehr viel zu tun und vieles ist noch neu. Derzeit bin ich in der Regel von acht bis 22 Uhr "im Einsatz". Wenn Sie mich in einem Jahr wieder fragen, kann ich Ihnen wahrscheinlich eine realistischere Einschätzung des Arbeitsaufwands geben. Schon jetzt kann ich aber sagen, dass die äußerst konstruktive und angenehme Zusammenarbeit mit der Verwaltung mir diese Einarbeitungszeit sehr erleichtert, wofür ich an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte.
Gibt es einen Bereich, den Sie unterschätzt haben?Es war mir nicht klar, dass es fast keine Trennung zwischen dem Amt und dem Privatleben gibt. Vor kurzem wollte ich abends nur auf einen Sprung ins Gasthaus gehen. Der Weg dauert normalerweise drei Minuten - ich brauchte eineinhalb Stunden, weil ich von vielen Leuten unterwegs angesprochen wurde. Aber gerade das macht mir auch Spaß, denn ich möchte als BM voll und ganz für die Bürger da sein, nicht nur einmal in der Woche für eine Stunde.
Die Kläranlage ist das größte Projekt, das die Gemeinde momentan finanziell stemmen muss. Wie geht es voran?Wir haben im April mit den Arbeiten zur Ertüchtigung der Kläranlage angefangen. Wir bekommen eine Scheibentauchkörperanlage. Momentan sind 950 000 Euro veranschlagt. Was schlussendlich rauskommt, werden wir sehen. Wir hoffen, dass wir im Rahmen bleiben. Ende Oktober soll die Bauphase abgeschlossen sein.
Zuletzt gab es Unstimmigkeiten im Haushalt. Was war da passiert?Die Aufnahme einer halben Stelle für vier Monate wurde von mir im Stellenplan übersehen. Des Weiteren habe ich übersehen, 70 000 Euro für die Sanierung der Friedhofsmauer Neubrunn in den Haushalt einzustellen. Dies konnte durch eine Verminderung in der Zuführung zur allgemeinen Rücklage aufgefangen werden. Beide Punkte wurden vom Gemeinderat angesprochen und bei der Besprechung des Haushaltsplanes geändert.
Ein weiteres Thema in Kirchlauter - wie auch in vielen anderen Gemeinden im Landkreis - ist die Versorgung mit schnellem Internet.Das stimmt, das ist ein sehr wichtiges Thema. Wir sind sehr gut dabei, unser Vorteil ist hier ein Verteiler der Telekom in Kirchlauter. Momentan arbeiten wir die einzelnen Genehmigungsverfahren ab. Mathias Stretz aus der Bauverwaltung der VG Ebelsbach ist unser kompetenter Mann für den Breitbandausbau in der Gemeinde Kirchlauter. Momentan sieht es so aus, dass die Bewohner in unmittelbarer Nähe des Verteilers in Kirchlauter mit einer Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde rechnen können, der Rest mit 30 Megabit pro Sekunde. Wir hoffen, die Breitbandversorgung in drei oder vier Jahren umgesetzt zu haben. Vermutlich sind auch einige Tiefbaumaßnahmen nötig.
Ein großes Thema in Ihrem Wahlkampf war auch die Nachbarschaftshilfe. Wie steht es darum in der Gemeinde?Kirchlauter hat zwei Seniorenbeauftragte, die gab es vorher nicht. Das sind die Gemeinderätinnen Irene Derra für Neubrunn und Heidi Bayer für Kirchlauter. Wir sind uns noch nicht schlüssig, was genau wir machen wollen. Fest steht, dass wir unseren beiden Seniorenkreisen keine Konkurrenz machen wollen. Dort kommen pro Monat jeweils etwa 50 ältere Leute zusammen, das ist eine Menge. Was wir auf jeden Fall machen wollen, ist ein Fahrdienst nach Ebelsbach. Den nach Ebern wird es weiterhin geben.
Finanziell steht die Gemeinde sehr gut da. Gibt das Spielraum für weitere Investitionen?Die Gemeinde muss sparen. Ich will keine Schulden machen. Das ist auch das Problem bei der Frage, ob wir uns am Ausbau des Radwegs zwischen Ebelsbach und Ebern entlang der Staatsstraße beteiligen sollen. Ich habe nichts gegen das Konzept, aber 250 000 Euro sind ein Batzen Geld für eine Strecke von vier Kilometern. Und dann kommen noch die Grundstückskäufe dazu. Außerdem muss man im Kopf behalten, dass wir in nächster Zeit zwei Feuerwehrautos finanzieren müssen.
Was glauben Sie: Sind die Bürger bisher mit Ihnen zufrieden?Bisher habe ich überwiegend positive Rückmeldungen erhalten, was mich natürlich sehr freut. Mir ist klar, dass nicht alle glücklich waren mit dem Ausgang dieser Wahl und dass ein Teil des Ergebnisses auch auf den Wunsch nach einem Wechsel zurückzuführen ist.
Umso mehr hoffe ich, durch meine Arbeit und durch das bewusste Bemühen um stärkere Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger die in mich gesetzten Erwartungen langfristig zu erfüllen.
Das Interview führte unser
Redaktionsmitglied Katja Müller