Immer mehr Menschen in Bayern sterben bei Radunfällen, ein weiterer Anstieg gilt als wahrscheinlich. Wir haben Experten gefragt, wo es es für Radfahrer besonders gefährlich wird - und wie sie sich schützen können.
Vor den Augen ihrer drei kleinen Kinder ist am Montag in Schweinfurt von einem Auto angefahren, mitgeschleift und schwer verletzt worden. Die 26-Jährige transportierte zwei Kinder in einem Fahrradanhänger, ein Kind fuhr auf einem eigenen Rad. Aus noch ungeklärter Ursache erfasste ein 71 Jahre alter Autofahrer die Radfahrerin am Montagabend frontal mit seinem Wagen. Die Frau stürzte, sie und der Anhänger mit zwei Kindern wurden mitgeschleift. Sie wurde mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Die drei Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahren und der Autofahrer erlitten einen Schock.
Der Unfall von Schweinfurt ist kein Einzelfall. Schwere Verkehrsunfälle, in die Radfahrer verwickelt sind, sind trauriger Alltag auf bayerischen Straßen. 17 749 Radunfälle hat es im vergangenen Jahr im Freistaat gegeben, wie das Innenministerium in München auf Nachfrage mitteilt. Das sind 1700 mehr als noch 2017. Die Dunkelziffer ist wohl noch viel höher. Oft wird die Polizei nicht gerufen, weil nur selten eine Versicherung im Spiel ist.
Leidtragende sind in der Regel die Radler: 2018 wurden 16 230 verletzt, 77 zahlten den Unfall mit dem Leben (sieben mehr als 2017). Der Anstieg bestätigt einen bundesweiten Trend: Immer mehr Fahrradunfälle tödlich enden. Laut den gestern veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts starben im vorigen Jahr 445 Radfahrer auf Deutschlands Straßen.
Unter den tödlich Verletzten waren deutschlandweit 89 Fahrer von Elektrorädern, 19 davon in Bayern. Ohnehin nehmen Unfälle mit E-Bikes auch im Freistaat zu. Die Statistik wies für 2018 1475 Unfälle aus, 52,5 Prozent mehr als 2017.
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Die steigende Zahl der Radunfälle lag nach Einschätzung von Experten wohl nicht nur an dem langen Sommer. Darüber hinaus wird der Platz auf den Straßen wird knapper, gleichzeitig gibt es immer mehr Drahtesel. 2018 wurden 4,2 Millionen Fahrräder in Deutschland verkauft, der zweithöchste Wert in diesem Jahrzehnt. Jedes vierte Fahrrad ist inzwischen ein Elektrorad.
Vor diesem Hintergrund rechnet der Unfallforscher Siegfried Brockmann für das laufende Jahr mit noch mehr Verkehrstoten. "Es gibt immer mehr Radfahrer, mehr Pedelecs und demnächst noch zusätzlich E-Scooter. Man sollte annehmen, dass die Infrastruktur den neuen Entwicklungen vorauseilt und nicht nur folgt. Aber von beidem sind wir sehr weit entfernt", sagt der Leiter des Instituts Unfallforschung der Versicherer (UDV).
Laut Ministerium seien reine Unfallschwerpunkte von Radfahrern "in der Regel sehr selten festzustellen". Etwas anders argumentiert Brockmann: Die seien zwar bekannt, werden aber nicht geändert. "Unfallkommissionen kommen in vielen Städten nicht nach, die identifizierten Stellen zu bearbeiten und entsprechend umbauen zu lassen. Oft wird auch das Geld nicht bewilligt", kritisiert der Experte.