Expertin über Lebensmittelimporte: "Das neue Gesetz löst das Problem nur teilweise"

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Die Herkunft von verarbeiteten Lebensmitteln ist aus Sicht der Verbraucherzentralen unzureichend gekennzeichnet.

Wenn Lebensmittel verarbeitet werden, muss in der Regel nicht gekennzeichnet werden, aus welchen Ländern sie ursprünglich stammen. Die Verbraucherzentralen fordern seit Jahren, dass sich das ändert. Daniela Krehl erklärt, warum. Sie ist Fachberaterin Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Bayern.

Was bedeutet es für uns Verbraucher, wenn nicht gekennzeichnet ist, woher die Zutaten unserer Lebensmittel kommen?

Daniela Krehl: Besonders bei Lebensmitteln, die auch in der Heimat wachsen, geht man oft davon aus, dass es sich um regionale Ware handelt. Zutaten wie Sonnenblumenöl oder Beeren können aber auch unnötig weit hergereist sein. Weil die Herkunftsangabe nicht verpflichtend ist, bleibt dies im Dunkeln. So kann es passieren, dass in italienisch anmutenden Tomatendosen mit grün-weiß-roter Flagge chinesische Ware enthalten ist. Die Hersteller spielen mit italienischem Flair. Die Tomaten heißen dann auch Pomo d'oro. Vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass relativ viele Lebensmittel in verarbeiteter Form aus China kommen.

Glauben Sie, dass die Herkunft nicht deklariert wird, weil sich die Produkte dann besser verkaufen?

Es gibt keine Zahlen darüber, inwieweit die Deutschen chinesische Lebensmittel ablehnen. Statistisch gesichert lässt sich allerdings sagen, dass Verbraucher regionale Produkte bevorzugen. Bei frischem Obst und Gemüse muss die Herkunft ja gekennzeichnet sein. Ich glaube nicht, dass mit chinesischen Äpfeln ein großer Umsatz generiert würde. Anders sieht das bei Apfelsaftkonzentrat aus. Da es sich um verarbeitete Äpfel handelt, muss die Herkunft nicht gekennzeichnet sein. Es kommt zum größten Teil aus China.

Aber eigentlich muss ja alles, was hier verkauft wird, deutschen Lebensmittelstandards genügen.

Die Qualität der Lebensmittel, die bei uns vertrieben werden, muss deutschen, beziehungsweise europäischen Gesetzen entsprechen. Insofern müsste es egal sein, woher die Lebensmittel stammen - und jetzt kommt das große Aber: Zur Einhaltung der Gesetze werden nur stichprobenartige Kontrollen gemacht. Dabei sind die Beanstandungszahlen bei asiatischen Lebensmittel höher als bei heimischer Ware. Chinesische Produkte fallen beispielsweise immer wieder durch erhöhte Pestizidrückstände auf. Ein großes Problem besteht darin, dass die Lebensmittelüberwachung personell sehr schlecht aufgestellt ist, und daher die Kontrollen häufig zu selten durchgeführt werden können.

Wir wollen gerne wissen, was wir essen - und wo es herkommt. Lässt sich das lösen?

Das Problem ist erkannt worden und wird nun zumindest teilweise mit einem europäischen Gesetz geregelt. Es tritt im nächsten Frühjahr in Kraft: Ab April 2020 wird verlangt, wenn ein Lebensmittel mit einer Region wirbt, dass die Herkunft der Hauptzutat genannt werden muss. So soll eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland verhindert werden, insbesondere wenn die beigefügten Informationen oder das Etikett sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland. Eine belgische Fahne auf der Schokolade, der "mediterrane Schinken" oder das "Schweizer Kräuterbonbon" sind Beispiele, wo ab 2020 der Hersteller zwingend angeben muss, woher die Hauptzutat kommt.

Wenn künftig auf den Tomatendosen keine italienischen Begriffe und Fahnen benutzt werden, muss die Herkunft aber trotzdem nicht gekennzeichnet werden?

Genau, so ist es. Die Gesetzesänderung ist also nur ein Teilerfolg für den Verbraucher. Aber zumindest dürfen die Hersteller keinen Bezug mehr auf ein bestimmtes Land oder Region vermitteln, wo keiner ist.

Warum wird die Herkunft nicht bei allen mengenmäßig relevanten Zutaten angegeben?

Es wird gesagt, dass es für die Hersteller sehr schwer sei, die Herkunft der Lebensmittel zu kennzeichnen, weil sie beim Engpass eines Lieferanten schnell einen anderen nehmen müssen und die Verpackungen nicht schnell mal ändern können. Wir bei der Verbraucherzentrale sehen das anders. Man könnte bei der Herkunft auf der Verpackung ja beispielsweise mit einem Stempel oder Aufkleber arbeiten - so wie beim Mindesthaltbarkeitsdatum. Aber der Nachweis der Herkunft aller Zutaten wäre ein Aufwand, und der kostet. Dadurch würde die Ware teurer. Trotzdem schaffen einzelne deutsche Hersteller Transparenz.

Welche?

Ein großes Unternehmen fällt mir als Beispiel ein: der Tiefkühlhersteller Frosta. Aber es gibt bestimmt noch weitere, insbesondere kleinere Lebensmittelproduzenten.

Auch Biolandbau boomt in China. Biosiegel sind also bei der Herkunft nicht unbedingt eine Hilfe. Gibt es irgendeine Kennzeichnung, mit der beispielsweise die chinesischen Zutaten ausgeschlossen sind?

Es gibt einige Siegel, aber sie garantieren nicht immer die Herkunft aller Zutaten. Da ist zum Beispiel das staatliche Siegel "Geprüfte Qualität Bayern". Es steht dafür, dass es sich um ein bayerisches Produkt handelt. Bei Gewürzgurken müssen die Gurken aus Bayern sein. Aber Gewürze, Pfeffer, Essig, Knoblauch: Das alles ist ausgeklammert. Selbst ein Produkt, das per staatlichem Siegel als bayerisch ausgezeichnet wird, kann chinesische Zutaten enthalten. Und angesichts der Importzahlen für Knoblauch ist es bei allem, wo Knoblauch drin ist, nicht unwahrscheinlich, dass dieser aus China kommt. Wenn jemand wirklich gar nichts essen will, das aus China kommt, wird es schwierig.

Das Gespräch führte Natalie Schalk.

Lesen Sie hier, was die chinesische Landwirtschaft für die deutsche Lebensmittelbranche bedeutet.