Deutschland im Football-Fieber. Experte Patrick Esume von "ran NFL" gewährt Einblicke vor dem Super Bowl.
Das Football-Fieber hat Deutschland fest im Griff. In der Nacht von Sonntag auf Montag findet in San Francisco die 50. Auflage des Super Bowls statt, das Finale der amerikanischen Profi-Liga NFL. Patrick Esume ist der einzige Deutsche, der bereits als Assistant-Trainer in der NFL tätig war. Momentan ist der 42-Jährige Headcoach der französischen Nationalmannschaft, vielen Football-Fans hierzulande aber in erster Linie als TV-Experte bei "ran NFL" bekannt - mit flotten Sprüchen und taktischer Expertise.
Im Interview spricht Esume über die Faszination des Sports, dessen Schattenseiten, was er von den Extravaganzen eines Cam Newton hält - und warum es wohl noch lange dauert, bis ein deutscher Spieler in die Rolle des Superstars schlüpfen wird.
Herr Esume, man hört es an ihrem Dialekt, Sie stammen aus Norddeutschland und wohnen in Hamburg. Haben Sie eigentlich einen Bezug zu Franken?Patrick Esume: Nein, im Grunde nicht. Das Einzige, was ich aus Franken kenne, sind die Franken Knights, das Football-Team aus Rothenburg ob der Tauber. Dort habe ich mit den Kiel Baltic Hurricanes bereits gespielt. Ein traumhaftes kleines Städtchen ist das, da muss ich unbedingt noch mal hin.
Woran liegt das wachsende Football-Interesse der Deutschen?Zunächst einmal ist der Sport an sich sehr faszinierend. Die von der NFL gelieferten TV-Bilder sind überragend, aus allen Blickwinkeln wird gefilmt. Zudem finde ich die Einbindung der Fans in unsere Sendung durch Twitter und Facebook grandios, ein bisschen Eigenlob darf schon sein. Mit keiner anderen Sportsendung kann man so interagieren. Dadurch bekommt der Sport auch in den sozialen Medien einen ganz neuen Stellenwert.
Bis 2007 gab es einen Ableger der amerikanischen Liga, die NFL Europe. Diese wurde jedoch nach mehreren Jahren eingestellt. Hat es an Zuspruch gefehlt?Die Resonanz war eigentlich nicht so schlecht, aber natürlich geht es in letzter Konsequenz immer ums Geld, die Liga hat sich für die NFL nicht rentiert und große Verluste angehäuft. Ich glaube trotzdem, dass es ein gutes Investment gewesen wäre, die Liga am Leben zu halten.
Meinen Sie, dass man jetzt angesichts des steigenden Interesses nochmal eine Chance hätte, eine NFL Europe aufzubauen?Die NFL Europe wurde schon einmal in den 90ern eingestellt, kam wieder und wurde 2007 erneut begraben. Ich weiß nicht, wie der Fan darauf reagiert, wenn man die Liga zum dritten Mal ins Leben ruft.
Sie würde meiner Meinung nach Erfolg haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Strategie der NFL ist. Wahrscheinlicher ist, dass sie ein Spiel der International Series nach Deutschland holen wird, also ein reguläres NFL-Spiel, so, wie es in dieser Saison schon drei Mal in London der Fall war.
Die NFL hat abseits des Platzes ein Problem: häusliche Gewalt, Drogen, Waffenbesitz und sogar Mord. Warum haben sich einige Profis nicht unter Kontrolle?Es ist nicht unbedingt eine Sache des Sports, sondern eher ein länderspezifisches Problem, die Waffengesetze in den USA sind ja viel laxer als hier in Deutschland. Generell passiert in Amerika in Bezug auf Gewalttaten und Waffenbesitz viel mehr als in Deutschland. Das könnte ein Grund dafür sein.
Aber nicht der einzige...Der andere ist die Einstellung der NFL-Spieler. Sie werden bereits in der High School wie Superstars behandelt, dann im College, später in der NFL. Sie dürfen sich viel erlauben, weil sie unentbehrlich für ihre Teams sind. Das setzt sich fort, sodass mancher damit nicht umgehen kann und meint, er stehe über dem Gesetz. Vielleicht liegt da der Hund begraben. Aber ich glaube generell, dass es nicht unbedingt mit Football zusammen hängt, sondern mit der amerikanischen Kultur um diesen Sport herum.
Zurzeit gibt es in der NFL fünf Deutsche, diese spielen auf eher unspektakulären Positionen. Besteht die Möglichkeit, dass es mal einen deutschen Quarterback oder Passempfänger in der Liga geben wird?
Von deutschen Quarterbacks oder Receivern sind wir noch ein bisschen entfernt. Ich erwarte schon, dass der ein oder andere College-Spieler aus Deutschland in den nächsten Jahren den Sprung in die NFL schaffen wird, aber auf einen Superstar-Receiver oder Quarterback werden wir noch mindestens zehn Jahre warten müssen, vielleicht sogar 15 Jahre.
Nun kommt es zum Duell zweier sehr unterschiedlicher Quarterbacks. Cam Newton von Carolina ist extrem beweglich, läuft auch mal selbst zum Touchdown. Denvers Peyton Manning ist eher die klassische Wurfmaschine, Sie sagten mal, er sei mobil wie eine Schrankwand. Welchen Quarterback-Typen bevorzugen Sie?Cam Newton, ganz klar, eben weil er ein guter Werfer ist und mit dem Ball laufen kann, etwas Besseres gibt es natürlich nicht. Es gab schon früher die sogenannten Scrambling-Quarterbacks wie Michael Vick, zwar gut zu Fuß, aber keine begnadeten Passspieler. Nun sind Cam Newton und auch Russell Wilson von den Seattle Seahawks die erste Generation von Quarterbacks, die mit ihrem Wurfarm etwas anrichten kann, aber eben auch mit den Beinen. Das ist natürlich das Idealszenario.
Cam Newton ist ein sehr großer Showman. Finden Sie sein Verhalten auf dem Feld akzeptabel oder verhöhnt er damit die Gegner?Für mich ist das völlig in Ordnung. Wenn du erfolgreich bist, dann bist du bei den gegnerischen Fans natürlich nicht populär. Das ist das Gleiche wie mit den New England Patriots und deren Quarterback Tom Brady, entweder man liebt sie oder hasst sie. Bei Cam Newton wird viel zu viel über seine Show geredet und die Art und Weise, wie er seine Touchdowns zelebriert, anstatt über das, was er sonst noch neben dem Feld macht. Newton ist ein sehr gläubiger Mensch und setzt sich sehr in der Community ein, das wird viel zu wenig beleuchtet. NFL-Quarterback zu sein, ist echt ein harter Job. Also lasst den Jungen doch auf dem Feld seinen Spaß haben.
Welches Team wird sich am Sonntag durchsetzen?
Tja, das ist eine gute Frage. Es wird ein sehr, sehr enges Spiel mit knappem Ausgang. Rein statistisch betrachtet, und auch von der Spielanlage her, ist die Offense von Carolina natürlich super, aber die Verteidigung der Broncos ist die beste, die die NFL momentan zu bieten hat.
Man sagt ja: Offense gewinnt Spiele, die Defense aber Titel...Ganz genau. Und Peyton Manning hat die Erfahrung, er stand schon mehrfach im Super Bowl und wird sich ganz bestimmt nicht in die Hose machen. Mit seinen 39 Jahren will er es allen noch ein letztes Mal beweisen. Wenn er den Super Bowl gewinnt, bin ich mir sicher, dass er seine Karriere danach beenden wird.
Und obwohl ich es Cam Newton nach so einer überragenden Saison gönnen würde, tatsächlich die Vince-Lombardi-Trophy in der Hand zu halten, glaube ich schon, dass die Defense der Broncos den Panthers einen Strich durch die Rechnung machen kann.
Das Gespräch führte Alexander Zmenda
Der Super Bowl 2016 live im TV
Football-Fans können den Superbowl in der Nacht vom 7. auf den 8. Februar 2016 natürlich live im Fernsehen verfolgen. Pro Sieben Maxx startet den Countdown auf das Mega-Event bereits um 20.15 Uhr, Sat 1 überträgt danach ab 23.15 Uhr live aus dem Levi's Stadium in San Francisco. Beide Sendungen gibt es auch im kostenlosen auf ran.de.
Möge der Bessere gewinnen. Wir, die BAMBERG PHANTOMS werden den Superbowl gemeinsam ansehen. Die Fanlager sind gespalten. Was die Sache natürlich auch spannend macht. Wie gesagt, möge der Besserer gewinnen.