250 Kilometer durch die Wüste bei sengender Hitze. Wer tut sich so etwas an? Claudia van Laak aus Forchheim.
Noch nie hat sich Claudia van Laak so den Kopf darüber zerbrochen, was sie in ihren Rucksack packt. Zwei Monate, bevor sie den Marathon des Sables (sable ist französisch und heißt Sand) laufen will, liegen sämtliche "Kann"- und "Muss"-Utensilien in einer Kiste in ihrem Wohnzimmer. Mindestens 6,5 und höchstens 15 Kilogramm Gepäck muss sie am 10. April in der marokkanischen Sahara vorweisen. "Ich plane zehn Kilo", sagt die 53-Jährige.
Pumpe gegen Schlangenbisse
Schlafsack und Sonnencreme, aber auch eine Vakuumpumpe für den Fall eines Schlangenbisses gehören zum Pflichtinhalt ihres Rucksacks, den sie in sechs Etappen - eine davon nachts - etwa 250 Kilometer über Sanddünen, durch ausgetrocknete Flussbetten und ab und zu ein kleines Dorf in der nordafrikanischen Wüste schleppen wird.
Nicht vorgeschrieben sind ein Kopfkissen oder Stöcke fürs Bergabgehen, auf die van Laak aber nicht verzichten mag.
Länge und Streckenverlauf der Etappen erfahren sie und die rund 1250 Mitstreiter erst im Jeep, der sie zum ebenfalls unbekannten Startpunkt bringt. Änderungen sind nicht ausgeschlossen - so wie 2009, als ein schwerer Sandsturm den Plan durcheinander wirbelte. "Gerüchten zufolge hat der Veranstalter eine Überraschung für uns parat: Es soll der längste Marathon des Sables aller Zeiten werden", sagt van Laak.
Angefangen hat die Forchheimerin mit einem vier Kilometer langen Lauf auf der berühmten Königsallee in Düsseldorf im Jahr 2000. "Nach der Hälfte habe ich gedacht, ich sterbe", erinnert sich die in Rheinland-Pfalz geborene und im Ruhrgebiet aufgewachsene van Laak.
"Da stehen tausende Leute, sehen die Afrikaner vorbeiflitzen, und dann komm' ich."
Auf Sand läuft van Laak höchstens im Urlaub, von Sahara-Hitze um die 50 Grad ist ihre neue Heimat Franken selbst im Sommer ein ganzes Stück entfernt. Ihre Vorbereitung gleicht im wahrsten Sinne des Wortes einer Trockenübung. Hat sich die kaufmännische Angestellte etwa zu viel zugemutet? "Es gibt Dinge, die kann man nicht trainieren", erklärt sie. Die Kunst sei, sich darauf einzustellen, was der Körper kann. Und falls sie ihr Ziel - "einfach ankommen" - verfehlen sollte, werde sie vom Besenwagen in Person von Kamelreitern eingesammelt.
Eine Garantie gebe es dafür aber nicht. Im vergangenen Jahr - es war der 30. Marathon des Sables - seien die Zelte im Ziel bereits abgebaut worden, als eine Läuferin noch unterwegs war. Ein Italiener wurde einst 200 Kilometer vom Kurs entfernt aufgegriffen. Völlig abgemagert und dehydriert.
"Aber er hat überlebt", sagt van Laak, die in der hitzigen Atmosphäre kühlen Kopf bewahren wolle. Was auch an ihrer akribischen Vorbereitung liegt. Im Internet schaut sie sich Videos an, wie frühere Teilnehmer bepackt sind, welche Gamaschen oder Kopftücher sie zum Schutz gegen den allgegenwärtigen Sand tragen. Für unterwegs hat sie Riegel, Nüsse und Datteln dabei. Abends will sie ihren Mini-Wasserkocher auspacken. "Du brauchst irgendwann mal etwas Warmes", sagt sie, immerhin sänken die Temperaturen nachts auf fünf Grad.
Doch nicht alles ist planbar. Bei einem Ultralauf in Leipzig wurde nur Wasser mit Kohlensäure gereicht. Weil sie das irgendwann nicht mehr hinunterbrachte, gab sie auf. "Bei der Challenge in Roth 2012 habe ich zwischendurch geheult", gibt die 53-Jährige zu.
Doch sie blieb cool und finishte in 15 Stunden und 15 Minuten.
Laufen für guten Zweck
In Marokko stehen van Laak umgerechnet fünfeinhalb Marathons in sechs Tagen bevor. "Extreme faszinieren mich", sagt sie. Als ob das nicht genug wäre, kommt eine Charity-Etappe für Unicef oben drauf. Für die Fränkin steht allerdings der komplette Wettlauf mit der Sanduhr im Zeichen der Wohltätigkeit. Als stellvertretende Leiterin des Weißen Rings Forchheim wirbt sie um Spenden.
Angesichts der bevorstehenden Strapazen überrascht es wenig, dass unter den Teilnehmern nur 195 Frauen sind, mit van Laak drei davon aus Deutschland. Dass es bei so einem Ultralauf nicht nur auf Athletik, sondern auch auf Erfahrung ankommt, zeigt die Zahl der "Oldies". 40 Starterinnen sind so alt wie van Laak oder älter. 2015 betrug das Durchschnittsalter 41 Jahre.
Auch Gewicht und Inhalt des Rucksacks können über den Erfolg entscheiden. Zum Packen ist ja noch ein bisschen Zeit.
Spenden für Weißer Ring e.V.
In Marokko läuft die Einzelkämpferin Claudia van Laak nicht nur für sich, sondern auch für den Weißen Ring, der 2016 sein 40. Jubiläum feiert. Mit einer Spende kann man die Opferschutzorganisation und symbolisch die stellvertretende Forchheimer Außenleiterin bei ihrem Abenteuer unterstützen.
Konto: Weißer Ring e.V., Deutsche Bank Mainz
IBAN: DE 26 550 700 4000 34 34 00
Stichwort: Marathon des Sables