Mutmacher besuchen Forchheim

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Am Montag machte die "Mut-Tour" einen Zwischenstopp am Forchheimer Rathausplatz. Die sechs Teilnehmer fahren auf ihren Tandems noch bis Leipzig.
Am Montag machte die "Mut-Tour" einen Zwischenstopp am Forchheimer Rathausplatz. Die sechs Teilnehmer fahren auf ihren Tandems noch bis Leipzig.
Julian Lindemann (v.l.), Ines Wester, Projektleiter Sebastian Burger, Sophie Kant (hinter der Maske), Rudolf Wein und Alex Heißenberg klärten über Depression auf. Mit dem Smiley wollen sie alle Betroffenen repräsentieren, die ihre Depression nicht öffentlich machen können. Fotos: Ronald Heck
Julian Lindemann (v.l.), Ines Wester, Projektleiter Sebastian Burger, Sophie Kant (hinter der Maske), Rudolf Wein und Alex Heißenberg klärten über Depression auf. Mit dem Smiley wollen sie alle Betroffenen repräsentieren, die ihre Depression nicht öffentlich machen können. Fotos: Ronald Heck
 

Die "Mut-Tour" macht Station in Forchheim: 3270 Kilometer fahren die Teilnehmer quer durch Deutschland und werben für einen offenen Umgang mit Depression.

Die sechs Radfahrer, die in grünen-gelben Sport-Shirts auf drei Tandem-Rädern am Rathausplatz ankommen, haben eine klare Botschaft: Menschen, die psychische Erkrankungen haben, können viel leisten. Die Teilnehmer der "Mut-Tour" wollen über Depression aufklären. "Das sind alles Trauerklöse, die nur rumsitzen und gar nichts machen - das ist ein Vorurteil, mit dem man aufräumen muss", sagt Ines Wester.

Am Montagmorgen sind die sechs Tandem-Radler in Erlangen gestartet. Am 25. August wollen sie in Leipzig ankommen. Die "Mut-Tour" ist ein Projekt der Deutschen Depressionsliga, um die Krankheit zu Entstigmatisieren. Seit dem 10. Juli sind Depressionserfahrene und -Unerfahrene in Sechser-Teams in ganz Deutschland unterwegs. Es gibt zwei Fahrradtandem-Gruppen, ein Wander- und ein Kajakteam. Auf einer Staffel-Fahrt durch die Republik legen sie zusammen 3270 Kilometer zurück. "Und wir fügen unseren Beitrag hinzu", freut sich Wester.


Ernst zu nehmende Krankheit

Die 35-Jährige hat selbst keine Depression, aber bereits Erfahrung mit der Erkrankung gemacht. Sie war lange in einer Beziehung mit einem Betroffenen. "Das war für die Beziehung und die Person selbst sehr belastend.", erklärt sie. Er habe sich lange keine professionelle Hilfe geholt und unter der Stigmatisierung gelitten. Deswegen macht sie bei der Aktion mit, sie ist bereits vergangenes Jahr mitgeradelt. "Ich finde das ein wichtiges Projekt. Niemand muss sich für seine Depression schämen. Es sollte okay sein, zu sagen: Ich gehe zum Psychotherapeuten."

Die "Mut-Tour" möchte aufklären, dass eine Depression eine ernst zu nehmende Krankheit ist. "Das hat nichts mit Taurigsein zu tun. Auch in superfröhlichen, gesunden Phasen kommt auf einmal die Depression - ohne irgendeinen Grund", berichtet Julian Lindemann aus eigener Erfahrung. Der 33-Jährige hat eine bipolare Störung; er hat depressive und manische Phasen.

"Mir geht es darum, jede Art von psychischer Erkrankung in der Öffentlichkeit bekannter zu machen", sagt er. Viele Menschen würden sich, noch zu wenig damit auskennen. Und viele Erkrankte müssten sich noch zu häufig verstecken. Gerade in Krankheitspharen würden sich viele Betroffene leider zurückziehen: Ihnen will die Rad-Truppe durch die sportliche Aktion auch Mut machen.


Mehr Therapeuten gefordert

Das Interesse an dem Thema sei groß. "Viele kennen jemanden, der an einer psychischen Erkrankung leiden", meint Wester. Am Rathausplatz hat Projektleiter Sebastian Burger mit einer frustrierten Forchheimerin gesprochen: Ihre Therapeutin habe aufgehört, und sie finde derzeit keinen Psychiater in der Region. "Wir fordern deshalb auch, dass Deutschland mehr Therapeuten braucht", sagt Burger. Zudem möchte die Deutsche Depressionsliga eine bundesweite Kampagne zu dem Thema initieren. Für die sechs Radfahrer ist Forchheim ihr erster Zwischenstopp.

Das Team fährt am Montag noch bis Bamberg. Erst vor Ort werden sie sich dann einen Übernachtungsplatz suchen. "Wir schauen einfach, wo wir uns mit unseren Zelten bei einem Bauern auf der Wiese oder auf einem Feld niederlassen dürfen", erläutert die 35-Jährige. "Das ist auch das Spannende an der Tour. Da ist ein bisschen Abenteuer und viel Eigeninitiative dabei", sagt Lindemann.