Ein 44-Jähriger soll die Tochter seiner Freundin missbraucht haben. Der Deutsch-Iraker, der in Forchheim gewohnt hat, bestreitet weiter die Vorwürfe. Am zweiten Prozesstag untersuchte eine Gutachterin die Aussagen des vermeintlichen Opfers auf ihre Stimmigkeit.
Die Ex-Freundin eines 44-jährigen Deutsch-Irakers, der die minderjährige Tochter seiner ehemaligen Geliebten über viele Jahre sexuell in der Wohnung der Freundin in Nürnberg meist am Wochenende missbraucht haben soll, ist am Dienstag erneut vor Gericht als Zeugin aufgetreten.
Die Mutter des angeblichen Opfers hat ausgesagt, dass sie fünf Mal am Tag für rund 20 Minuten im Schlafzimmer bei verschlossener Tür gebetet habe. In diesen Zeiten hätten die Übergriffe an ihrer Tochter in der Drei-Zimmer-Wohnung stattfinden können. Bei ihrer ersten Aussage vor Gericht hatte die Ex-Freundin des Angeklagten dieses Detail nicht erwähnt.
Der Angeklagte hatte beim ersten Verhandlungstag behauptet, die Taten seien überhaupt nicht möglich gewesen. In der kleinen Wohnung hätten die Taten nicht unbeobachtet bleiben können. Dem 44-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, sich zwischen den Jahren 2006 und 2011 an einem damals sieben- bis zwölfjährigen Mädchen mehrfach sexuell vergangen zu haben. Der Angeklagte, der damals hauptsächlich in Forchheim gelebt hat, streitet die Taten ab. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, dem kleinen Mädchen zunächst Sexfilme gezeigt zu haben. Später soll er vor dem Opfer onaniert haben.
Intime Berührungen Im Laufe der Zeit sollen die sexuellen Handlungen zugenommen haben. Laut Staatsanwaltschaft soll er "Doktorspiele" mit dem Mädchen gespielt haben. Bei verschiedenen Gelegenheiten soll der 44-jährige Angeklagte laut Staatsanwaltschaft so getan haben, als würde er schlafwandeln.
Das heute 16-jährige Mädchen hat ihre Vorwürfe als Zeugin vor Gericht bereits bekräftigt. Sie habe der Mutter von den sexuellen Übergriffen zunächst nichts erzählt, weil sie die Zärtlichkeiten teilweise auch genossen habe. Größtenteils habe sie die intimen Berührungen mit dem Freund der Mutter aber als eklig empfunden, berichten der Verteidiger und die Vertreterin der Nebenklage übereinstimmend von der nicht-öffentlichen Aussage des vermeintlichen Opfers. Mit großer Spannung ist am Mittwoch das Gutachten einer Diplom-Psychologin erwartet worden. Gabriele Martin geht in ihrem Gutachten kritisch darauf ein, dass das Mädchen erst mit zeitlichem Abstand von den Vorfällen berichtet habe.
Kann es also sein, dass sie sich in eine Opferrolle hineinsteigert hat, um das Paar auseinanderzubringen? Dafür hat die Psychologin keine Anhaltspunkte gefunden. Wobei die Gutachterin freilich nicht Klartext redet, sondern von Wahrscheinlichkeiten spricht. Das heißt nicht, dass der Vortrag der Psychologin nicht detailliert gewesen ist. Im Gegenteil. Gabriele Martin hat die zwölf Anklagepunkte einzeln diskutiert und bewertet. Erster Punkt: die Sexfilme, die der Angeklagte dem Mädchen auf dem Handy gezeigt haben soll. Das Fazit der Gutachterin: Die Vorwürfe des Mädchen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit wahr. Die Aussagen des jungen Mädchens würden für einen hohen Erlebnisbezug sprechen. Bei den nächsten Punkten attestiert die Gutachterin der Zeugin allerdings keine hohe Glaubwürdigkeit.
Zu pauschal und zu wenig detailliert seien die Anschuldigungen, dass der Angeklagte beim Schlafwandeln das Mädchen an der Brust und an der Scheide berührt haben soll. Allerdings könnte diese Erinnerungsschwäche nicht die Gesamtaussage entkräften.
Sexuelle Handlungen Glaubwürdig schildere das Mädchen hingegen, wie der Angeklagte in ihrem Kinderzimmer masturbiert habe. Die Glaubwürdigkeit erhöhen würde die Tatsache, dass die Zeugin den Angeklagten teilweise auch entlaste.
So habe das Mädchen zugegeben, niemals "Hör auf!" gesagt zu haben. Allerdings habe sie davon berichtet, dass sie häufig nur unwillig die sexuellen Handlungen ertragen habe. Insgesamt spreche vieles dafür, dass sich das Mädchen die sexuellen Interaktionen nicht nur ausgedacht habe. Auch die Schilderungen des Oralverkehrs im Kinderzimmer habe einen hohen Erlebnisbezug und sei damit glaubhaft.
Die Schilderung der Doktorspiele seien aus dem gleichen Grund glaubwürdig. Für einen Paukenschlag im Verfahren hat die Verteidigung nach der Verlesung des Gutachtens gesorgt. Rechtsanwalt Manfred Ellmer hat dem Gericht überraschend ein Gegengutachten präsentiert, das zu einem völlig anderen Schluss kommt und das Papier von Gabriele Martin in Zweifel zieht. Für kurze Irritationen sorgte ein weiterer Antrag des bekannten Rechtsanwalts aus Nürnberg.
Er beantragte, dass sein Mandant im wahrsten Sinne des Wortes die Hosen herunterlassen dürfe, um dem Gericht aufmerksame Muttermale im Genitalbereich präsentieren zu können.
Nach dieser kuriosen Aktion, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, muss erneut das Mädchen befragt werden. Wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ob die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen doch noch in Zweifel gezogen werden kann, muss sich bei den nächsten Verhandlungstagen zeigen.