Lkw sind nur bedingt zu schützen

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Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt vergangene Woche mit zwölf Todesopfern wird über die Sicherheit von Lastwagen diskutiert. Foto: Britta Pedersen/dpa
Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt vergangene Woche mit zwölf Todesopfern wird über die Sicherheit von Lastwagen diskutiert.  Foto: Britta Pedersen/dpa

Nach dem Attentat in Berlin diskutieren Experten, wie man solche Attacken verhindern kann. Wie nimmt man die Debatten bei einer Forchheimer Spedition wahr?

Wie konnte so ein Unglück nur passieren? Eine Frage, die wohl in allen deutschen Büros und Arbeitsstätten einem Tag nach dem Lkw-Attentat von Berlin, heiß debattiert wurde. Das gilt umso mehr für Speditionen. "Natürlich wurde auch unter unseren Disponenten diskutiert, wie man so etwas verhindern könnte", sagt Natascha Pohl, Geschäftsführerin der Forchheimer Spedition Pohl.

Auch einige Fahrer suchten nach dem Anschlag den Kontakt zu den Disponenten, die die Touren der 60 Lastwagen starken Flotte planen und die Fahrten mithilfe von GPS überwachen. "Einige Fahrer fragten, wie sie sich am besten verhalten sollen, wenn sie mit vorgehaltener Waffe bedroht werden", sagt Pohl. "Unsere Fahrer waren natürlich entsetzt, sind jetzt aber nicht verängstigt in ihrer Arbeit. Unser Tagesgeschäft wird von dem Vorfall nicht beeinflusst." Explizit neue Verhaltensregeln gibt es für ihre Fahrer nach dem Vorfall in Berlin nicht, so Pohl.


Welche Technik ist sinnvoll?

Nach dem Anschlag mit zwölf Toten wird darüber diskutiert, wie Lkw sicherer gemacht werden können, damit sie Terroristen nicht als tonnenschwere Waffen missbrauchen. Die entscheidende Frage: Gibt es überhaupt Systeme, die das garantieren können?

Für die Sicherheitsexperten ist ein perfekter Schutz eine Illusion. Der Schwerlastverkehr steht für die Mobilität des Warenverkehrs. Und nicht jeder Weihnachtsmarkt, jedes Volksfest oder jeder öffentliche Platz kann verbarrikadiert oder kontrolliert werden. Dabei hat sich aus Sicht von Hubertus Lodes in Bezug auf die Lkw-Sicherheit generell viel getan. "Es gibt einige Sicherheitssysteme, die sinnvoll sind", sagt der Coburger, der Lkw-Fahrer deutschlandweit darin schult, durch ihre Fahrweise effektiv Kosten zu sparen. Unter anderem würden bereits elektronische Schließvorrichtungen genutzt.


Überwachung hilft nur bedingt

Das bestätigt auch Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Es gäbe eine Vielzahl technischer Lösungen, um Lkw zu schützen. Eine Option sei der individuelle Fingerabdruck, mit dem nur der Fahrer sein Gefährt in Gang kann. Wobei Schmidt betont: "Das Berlin-Attentat zeigt, dass die Frage berechtigter oder nicht berechtigter Fahrer zweitrangig ist. Schließlich wurde der Fahrer überfallen." Das sieht auch Hubertus Lodes so. Bezogen auf das System gibt er zudem zu bedenken: "Es stellt sich die Frage, was man mit den Springern macht, die am Tag vier verschiedene Lkw fahren?"

Selbst modernste Wegfahrsperren bieten keinen umfassenden Schutz. Der Tod des polnischen Fahrers in Berlin zeigt die brutale Vorgehensweise des Attentäters. Und auch die Standort-Überwachung von Fahrzeug und Ladung bedeutet in diesem Fall nicht mehr Sicherheit. In vielen Bereichen haben Transportdienstleister Fahrzeug-Verfolgungssysteme eingebaut. Damit werden Standort- sowie Zustandsdaten von Fracht und Fahrzeug abgerufen. Das jedoch reicht nicht aus, die Übernahme von Fahrzeugen zu unterbinden. Die Systeme funktionieren nur, wenn eine Kommunikationsverbindung besteht. Daher ist es unmöglich, jeden Laster, der keine Verbindung hat, auf Verdacht zur Fahndung auszuschreiben.


Mehr Kontrollen an Brennpunkten

Kontrollen sind ein weiteres großes Problem: "Die Polizei kann nicht jeden Lastwagen kontrollieren - dies würde den Wirtschaftsverkehr zum Erliegen bringen", schätzt ein Sprecher des Verladerverbands. Für BGL-Geschäftsführer Schmidt ist klar: "Wenn die Politik reagieren will, muss sie die Polizeipräsenz, vor allen Dingen an den Brennpunkten des Verkehrs, verstärken. Das sind Rastplätze und Autohöfe, in denen es leicht ist, Zugriff auf Fahrer, Fahrzeug und Ladung zu nehmen." Natascha Pohl ergänzt: "Unsere Fahrzeuge werden in Bezug auf Fahrtzeit und Ladungssicherung relativ häufig kontrolliert. An Raststätten wäre etwas mehr Polizeipräsenz aber vielleicht schon sinnvoll." Branchenkenner beklagen immer wieder, dass von einer verstärkten Polizeipräsenz und einer höheren Aufklärungsquote nichts zu bemerken sei.

Speditionen versuchen bereits seit längerem, ihre Fahrer und Lastwagen mit einfachen, aber effektiven Maßnahmen vor Einbruch zu schützen: Wie etwa mit einer Stange, die zwischen den Türen verankert wird, damit keiner von außen hineinkommen kann. Immer mehr Brummis sind zudem mit modernsten GPS- sowie Telematik-Systemen ausgerüstet - so auch die Lkw-Flotte der Forchheimer Spedition Pohl. Damit kann der Lastwagen auch technisch überwacht werden: Ob der Motor läuft oder welcher Gang gerade eingelegt ist. Auch die mehrmaligen, langsamen Anfahr-Versuche, wie sie der Attentäter einige Stunden vor dem Anschlag durchführte, könnte ein Disponenten erkennen, erklärt Natascha Pohl. "In so einem Fall würde man den Fahrer anrufen und fragen, was denn los sei. Sollte er nicht erreichbar sein, würden wir wohl die Polizei alarmieren. Ob das dann am Ende einen solchen Vorfall verhindern könnte, ist die andere Frage."

Einen Tag früher als geplant war der polnische Lkw-Fahrer, der kurz vor dem Anschlag getötet wurde, an der Abladestelle in Berlin angekommen. "Diese zeitliche Differenz könnte bei uns nicht passieren, denn bei uns wird die Ankunft zeitgenau ausgerechnet. Ein Tag mit dem Lkw zu stehen, ist ja auch mit Umsatzverlust verbunden", erklärt Pohl.


Zugriff auf GPS-Daten

Trotz aller Sicherheitsbemühungen, gibt Hubertus Lodes zu bedenken:"Wenn jemand in ein Führerhaus kommen will, dann schafft er das leider auch." Für Großveranstaltungen kann er sich aber theoretisch ein System vorstellen, das mehr Sicherheit bieten könnte. "Wenn die Polizei Zugriff auf die GPS-Daten hätte, könnte man frühzeitig erkennen, wenn sich ein Lkw nähert." Umfassende Sicherheit gäbe es aber auch damit nicht. "Man kann ja so nicht jeden Platz überwachen."