Ein Forchheimer und eine Eggolsheimerin treffen sich im Corona-Jahr zufällig in München wieder. Dem FT erzählen sie ihre Mutmachgeschichte.
Liebe auf den ersten Blick? Manchmal braucht es wohl erst den zweiten Blick und ein bisschen Distanz zur Heimat, um sich aufzufallen. Lena Mayer aus Eggolsheim und Georg Stirnweiß, gebürtiger Forchheimer, haben fern der Heimatstädte in diesem Jahr als Paar zueinandergefunden - allen Schwierigkeiten, die die Corona-Pandemie mit sich hätte bringen können, zum Trotz.
Beide kannten sich nur sporadisch über Dritte. "Man wusste eben, dass es den anderen gibt", so Stirnweiß. Unabhängig voneinander zog es beide nach Abitur oder Studium nach München. Georg Stirnweiß lebt nun seit gut sechs Jahren dort. In der Landeshauptstadt hat er E-Bass studiert und ist als freiberuflicher Musiker tätig. Lena Mayer führte die Arbeit in einer Werbeagentur vor rund drei Jahren ebenfalls nach München.
"Anfang des Jahres habe ich gesehen, dass sie auch nach München gezogen ist und habe überlegt, sie zu kontaktieren", sagt der 25-Jährige, habe es dann aber erst einmal doch nicht gemacht. Zwei Monate später sind beide über eine Dating-Plattform wieder miteinander in Kontakt gekommen, tauschten sich von da an Nachrichten schreibend aus.
Online jemanden kennenlernen, sei für Stirnweiß kein erst mit der Corona-Pandemie aufgekommener Trend. Gerade in einer Stadt wie München sei das ein leichter Weg, Kontakte zu knüpfen. "Das ist ja nicht an sich oberflächlich, oberflächlich macht man es erst selbst", meint er.
Neue Gedanken und Situationen
Auf das Schreiben folgte das erste Treffen. "Heimlich auf einer Parkbank", erzählt Georg Stirnweiß. Das war im Frühjahr, als deutschlandweit der erste Lockdown heranrollte. Eine neue Situation, die auch neue Überlegungen im Umgang miteinander mit sich brachte, gerade, wenn man das Gegenüber nicht überrumpeln will. "Man wusste nicht, ob es für den anderen okay ist, zu fragen, ob man sich mal treffen will", sagt Lena Mayer über Gedanken, die sie hatte.
Stirnweiß wohnt außerdem in einer Wohngemeinschaft mit vier weiteren Mitbewohnern. Da braucht es Absprachen. "Wir halten uns alle an die Regeln, weil wir alle beruflich von der Krise betroffen sind", sagt er.
Trotzdem habe es gepasst, sagen beide. Anfang Mai haben sie sich regelmäßig getroffen, gingen viel spazieren, so die 24-Jährige. Sich draußen zu treffen, habe das leichter gemacht, erzählt Stirnweiß, der den Kontakt nach außen mit der Zeit wieder aktiv gesucht habe. "Man muss abwägen, denn man muss auch auf sich selbst aufpassen."
Gerade wegen dieser Phase der Einschränkungen habe er das Gefühl, man habe ohnehin Redebedarf, erzähle sich vieles offen und ehrlich. Die Zeit sei dazu da gewesen, "einfach mal acht Stunden ohne Punkt und Komma zu reden", ohne weiter zu müssen.
Das sieht auch Lena Mayer als einen Vorteil, gerade zum Zeitpunkt des Beziehungsbeginns. "Man ist viel fokussierter auf die andere Person. Das hat etwas Gutes." Und die Unterhaltung stehe noch einmal stärker im Vordergrund, als es bei ersten Treffen ohnehin sei, sagt sie.
Was fehlt und was nicht?
Gleichzeitig sei Platz für Unternehmungen gewesen, die sie so sonst möglicherweise nicht zusammen gemacht hätten. "Wir sind mal ins Autokino gegangen. Oder haben zusammen ein Bild gemalt", sagt Stirnweiß. Was allerdings fehle: "Gemeinsam etwas mit Freunden zu machen, das Soziale", sagt Lena Mayer.
Auch beruflich ist für Georg Stirnweiß alles anders als üblich. Der Musiker spiele sonst 130, 140 Konzerte und Festivals im Jahr, "am Theater oder mit der Band "Jazzrausch Bigband". Teilweise reise er dafür ins Ausland, nach China oder in die USA beispielsweise. Jetzt stehe mehr Organisatorisches rund um die Musik im Vordergrund sowie inzwischen auch ein eigener Podcast.
"Sie hat mich eigentlich noch gar nicht so kennengelernt, wie ich wirklich bin", sagt er über die wenigen Möglichkeiten, derzeit Live-Musik zu machen. "Ich bin gespannt, ob sie mich noch mag, wenn sie mich auf der Bühne stehen sieht", fügt er mit Blick in die Zukunft hinzu. Auch werde dann für ihn wieder mehr Arbeitszeit am Abend und am Wochenende hinzukommen: "Verständnis ist auf jeden Fall da und es wird von uns beiden oft thematisiert."
Ein Rückblick ist positiv
Trotzdem sagen beide, in den vergangenen Monaten so viel Zeit füreinander gehabt zu haben, sei gut, um Vertrauen aufzubauen.
Im Rückblick auf die vergangene Zeit sieht Georg Stirnweiß nicht nur verschenkte Möglichkeiten durch die Einschränkungen, die Corona gebracht hat. "Für mich im Privaten war es ein erfolgreiches Jahr, weil ich eine Beziehung führe, die interessant angefangen hat und interessant ist und ich mich beruflich weiterentwickelt habe."
Ob sie auch ohne die spezielle Situation zusammengekommen wären? "Ich glaube schon", sagt er.