Kritischer Respekt für Ratzinger

1 Min
Papst Benedikt XVI. Archivfoto: Michael Kappeler/dpa
Papst Benedikt XVI. Archivfoto: Michael Kappeler/dpa
Martin Battert
Martin Battert
 
Erwin Jescheniak
Erwin Jescheniak
 

Der Rücktritt des Papstes eröffnet der katholischen Kirche Chancen: Das hofft nicht nur der Forchheimer Theologe Martin Battert.

Ein Faschingsscherz? Kann ein Papst überhaupt zurücktreten? Mit diesen ungläubigen Gegenfragen reagierte eine katholische Pfarrsekretärin aus dem südlichen Landkreis auf die Frage, wie sie die Erklärung von Papst Benedikt aufgenommen habe.

Auch der katholische Pfarrer Martin Battert war "sehr überrascht", als ihn gestern Vormittag seine Kirchenpflegerin anrief. Sie hatte im Videotext von Benedikt dem XVI. erfahren. Auch Battert, dessen Faschingspredigten seit Jahren ein Publikumsrenner sind, überlegte erst, ob es in der Faschingszeit üblich sei, derartige Scherze zu machen.

Eine halbe Stunde später zog Battert eine kritische Bilanz: Mit so manchen Entscheidungen von Papst Benedikt sei er "nicht einverstanden" gewesen, merkte der Theologe aus Verklärung Christi an. Etwa habe ihm die Erlaubnis missfallen, die Messfeier wieder im tridentinischen Ritual, also mit Rücken zum Volk" zelebrieren zu dürfen. "Die Rückwärtsgewandtheit des Vatikans und des Papstes hat sich auch in der Rehabilitierung der Piusbrüderschaft gezeigt", sagt Martin Battert. Zugleich war der Forchheimer Theologe gestern "hoffnungsvoll, was die Nachfolge anbelangt". Die Zeit sei reif für einen Papst, der beispielsweise aus Afrika kommen und einen "anderen Blickwinkel auf die Weltkirche mitbringen könnte".

Nach dem Rücktritt von Benedikt hofft Battert nun auf Reformen in der katholischen Kirche: "Die verpflichtende Ehelosigkeit für alle Priester hätte schon längst in eine freiwillige Form umgewandelt werden müssen. Und auch die Öffnung der kirchlichen Ämter für Frauen ist seit langem ein eklatanter Mangel", sagt Battert.

Auch Jutta Flores aus St. Johannis Forchheim dachte erst an einen Rosenmontagsscherz. Als sich die evangelische Pfarrsekretärin dann vom Ernst der Nachricht überzeugt hatte, zollte sie dem zurückgetreten Papst "Respekt" für seine Entscheidung. Wenn dieser Schritt in der gesamten katholischen Kirche anerkannt werde, "dann könnte der Rücktritt zu einer guten Zeichensetzung werden, auch andere Dinge zu überdenken, die nicht zeitgemäß sind", sagte Jutta Flores.

Auch Erwin Jescheniak, Baptistenpastor a.D. aus Heiligenstadt, würdigte Benedikts Entschluss: "Es ist sehr weise von ihm, zurückzutreten angesichts der massiven Probleme der Kirche." Nun sei der Weg frei für einen Papst, der "mit voller Kraft den Dienst versehen" könne.

Jescheniak, der den ersten Band von Ratzingers Jesus-Buch gelesen hat, ist angetan vom theologischen Gehalt des Werkes. "Das meiste deckt sich mit der Dogmatik der evangelischen freikirchlichen Gemeinde." Bei aller Wertschätzung für den deutschen Papst als Dogmatiker blickte Erwin Jescheniak am Montag auch kritisch auf die Ära Ratzinger zurück: "Was ich mir gewünscht hätte, wäre ein Papst, der nicht so sehr in der Dogmatik sondern in der Spiritualität verwurzelt ist."

Schon vor Benedikt sei die Zeit reif gewesen "für einen Papst aus Afrika oder Südamerika", sagt der Pastor a.D. Und geht davon aus, dass nun ein Papst kommt, "der aus der Notsituation heraus lebt".

Lade TED
 
Ted wird geladen, bitte warten...