Stadtrat Körber (FDP) erläutert seine Akteneinsicht und erhebt den Vorwurf, OB Uwe Kirschsteins "Planungsstopp" habe Mehrkosten erzeugt.
50 Stunden Aktenstudium liegen hinter Sebastian Körber (FDP). Die Stadträte hatte ihn Ende Februar beauftragt, die umstrittenen Abläufe bei der Rathaussanierung transparent zu machen. Bevor Körber am Donnerstag den Räten und den rund 100 Zuhörern in der Mensa des Herder-Gymnasiums die Essenz seines 39-Seiten-Berichtes vortrug, meldeten sich Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) und Bürgermeister Streit (CSU) zu Wort.
Bürgermeister Streit appelliert
In einem "kleinen Appell" forderte Franz Streit die Räte auf, "die Meinungsverschiedenheiten und Ressentiments hinten anzustellen und zu überwinden." Kirschstein las eine zweieinhalbseitige Erklärung vor: Das Thema Neuausschreibung der Rathaussanierung (vom Januar) habe "einiges Unbehagen" ausgelöst; ob die "Zielabsicht" eines Förderszenarios von bis zu 90 Prozent erreichbar sei, das sei "weder damals noch heute" belegbar. Kirschstein sprach von "Fehlerkultur": Darunter verstehe er "insbesondere Fehler, für die ich Verantwortung trage". Er betonte aber gleichzeitig: "Die Frage, wem welcher Fehler im Einzelnen vorwerfbar ist, ist dabei vollkommen ohne Belang und bringt die Stadt nicht weiter."
Fakten und Spitzen
Körbers Bericht war nicht nur mit "Fakten und Zahlen" gespickt, sondern auch mit Spitzen gegen OB Kirschstein. Der musste sich schon in Körbers Vorrede den Vorwurf gefallen lassen, dessen Aufklärungsarbeit erschwert und verzögert zu haben. Kirschstein habe die Akteneinsicht überwachen lassen. Zudem habe er viele Dokumente erst auf Nachfrage erhalten, betonte Körber.
Nachdem er 25 Aktenordner durchforscht hat, steht für den FDP-Rat fest: Die Kostenschätzungen für die Sanierung des Rathauses (14,9 Millionen Euro) standen seit September 2016 fest. Bereits 2015 sei das Projekt grob auf 15 Millionen Euro geschätzt worden. Folglich, so Körber: "Die Nachfragen zu den Kosten vom April und Mai 2017 wurden dem Stadtrat nicht beziehungsweise falsch dargestellt."
Auch den heftig umstrittenen Begriff "Planungsstopp" hält Körber nun für unstrittig: Durch die "Einflussnahme des Oberbürgermeisters" sei seit Dezember 2016 "ein Zeitverzug von neun bis zwölf Monaten entstanden". Und dadurch, so Körbers Berechnung, "Mehrkosten von circa 0,75 bis eine Million Euro".
Großen Raum in dem Bericht nahm das Thema "Rechtsanwalt Bühner" ein: Annähernd 500 Stunden lang hatte sich der Jurist im Auftrag des Oberbürgermeisters seit Januar mit der Neuausschreibung der Rathaussanierung beschäftigt. Und dafür etwa 150 000 Euro kassiert.
In seinem Fazit sagte Sebastian Körber unter anderem, dass die Vorgänge für den Stadtrat "nicht transparent" verliefen - und dass die Beauftragung des Rechtsanwaltes Bühner "klärungsbedürftig" sei. Doch die Räte konnten am Donnerstag aus all dem noch keine Schlüsse ziehen. Sie waren sich einig, dass man das Thema "erst sacken lassen muss", wie Heike Schade sagte. Die FGL-Rätin fand Körbers Ausführungen "sehr interessant"; sie wies aber auch auf das Kopfschütteln hin, das der Bericht bei vielen Verwaltungsmitarbeitern ausgelöst habe. Auch die sollten sich noch zu dem Thema äußern dürfen.
Manfred Hümmer (FW) stellten jedoch schon mal fest: Dem Planungsstopp seien offenbar Fehler bei der Ausschreibung vorangegangen. "Das ist ein wesentlicher Aspekt. Was wurde uns da erzählt?"
Vorsichtig kritisch äußerten sich CSU-Rat Udo Schönfelder ("Es scheint Ungereimtheiten zu geben") und JB-Rat Ulrich Schürr: "Es zeigt sich schon jetzt, dass einige Sachverhalte anders sind, als sie dem Stadtrat bekannt waren."
Zweite Meinung
Was er am Donnerstag hörte, fand Franz Noffke (REP) "teilweise erschreckend". Vor allem: Dass bei einigen wichtigen Gesprächen zwischen Kirschstein und seinen Mitarbeitern keine Protokolle angefertigt wurden. Und dass Jurist Bühner fast 500 Stunden gearbeitet habe. Wofür, fragte Noffke - und forderte eine "genaue Auflistung".
Hans-Werner Eisen, CSU-Rat und Vorsitzender des Rechnungsprüfungs-Ausschusses, wollte die Einsichten vom Donnerstag ebenfalls "sacken lassen". Aber er warnte (wie auch Bürgermeister Streit) davor, weitere Zeit zu verlieren. Eisens Anregung nahm Kirschstein auf: Über den Kommunalen Prüfungsverband wird eine "zweite Meinung" zum Thema "EU-weite Ausschreibung" eingeholt. Der Verband habe "deutlich günstigere Konditionen", sagte Eisen in Anspielung auf die 150 000-Euro-Rechnung des Juristen Bühner.
Kommentar zum Forchheimer Rathaus-Bericht: Weiß ich noch, was stimmt? Ja!
von Ekkehard Roepert
Durch seine akribische Recherche zur Rathaussanierung hat Sebastian Körber seinen Ratskollegen nicht nur Freude bereitet. Jetzt müssen sie eine ähnlich arbeitsintensive Akribie an den Tag legen, wenn sie den Bericht gewichten und politische Konsequenzen fordern wollen.
"39 Seiten Papier, weiß ich da noch, was stimmt?" Diese Frage hat Lisa Hoffmann (SPD) gestellt. Sie klingt so, als brächte der Bericht keine Klarheit. Doch das Thema ist lediglich "sehr komplex", wie auch OB Uwe Kirschstein anmerkte.
Komplex heißt nicht unverständlich. Zudem ist der Bericht in Teilen sehr einfach: Er belegt beispielsweise, dass der OB einen Rechtsanwalt einsetzte, der Empfehlungen gab, die auf falschen Zahlen beruhen; dass es Bauverzögerungen gegeben hat; und es stimmt auch, dass solche Verzögerung Mehrkosten verursachen. Ungeklärt bleibt freilich das Motiv für die Verzögerungen. Aber darüber steht eben auch nichts in den Akten.