"Ein sehr lohnendes Stück Landes"

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Waischenfeld in der Zeit als die Preußen durchzogen, gemalt von Domenico Quaglio Repro: Reinhard Löwisch
Waischenfeld in der Zeit als die Preußen durchzogen, gemalt von Domenico Quaglio Repro: Reinhard Löwisch
Gräfenberg, gezeichnet und gestochen von Rotbart-Käppel Repro: Reinhard Löwisch
Gräfenberg, gezeichnet und gestochen von Rotbart-Käppel Repro: Reinhard Löwisch
 

Ein unbekannter Mecklenburger Soldat schildert als Augenzeuge die Besetzung der Fränkischen Schweiz durch preußische Truppen im Jahr 1866.

Der Durchzug und die Besetzung preußischer Truppen während des "Bruderkrieges" vor 150 Jahren durch die Fränkische Schweiz, verlief streckenweise wie eine Ausflugsfahrt gutgelaunter Touristen; Zumindest wenn man den Augenzeugenbericht eines unbekannten Mecklenburger Soldaten liest.


"Eigenthümliches Gestein"

"Der fränkische Jura, in diesem Teyl gewöhnlich die fränkische Schweiz genannt, ist für den Reisenden, für den Naturforscher ein sehr lohnendes Stück Landes; die Flußthäler, die Felsen, das eigenthümliche Gestein, die Höhlen mit ihren Knochenresten von Thieren, welche vielleicht vor der Sündfluth auf unserer Erde lebten, die Burgruinen, die in kühlen Gründen versteckten Mühlen, das alles giebt der Gegend eine besondere Anziehungskraft", beginnt sein Bericht.
Allerdings hält die Mittelgebirgslandschaft besondere Schwierigkeiten parat.


"Steilauf und steilab"

Das haben auch die Mecklenburger Krieger reichlich erfahren, als sie die Fränkische Schweiz in Eilmärschen durchschnitten. Zwar gab es ab und zu einmal Wagen für den Transport, aber in der Regel mussten die Soldaten mit ihrem schweren Gepäck zu Fuß gehen, "steilauf und steilab" wie sich der Augenzeugen schmerzlich erinnert.


Beschwerlicher Marsch

"Es war das ein weiter und beschwerlicher Marsch, zumal man die nächste Straße über Ebermannstadt und Forchheim nicht inne halten konnte, weil hier überlegene feindliche Truppen liegen sollten; man musste sich etwas mehr links halten und das Thal der Wisent entlang über Weischenfeld, Gößweinstein und Egloffstein marschieren, die schönste Gebirgspartie, welche man sich denken kann, wäre nur kein ,aber' dabei gewesen."
Dies "aber" waren die Gebirgswege, die obendrein durch den Regen aufgeweicht waren. Der Aufbruch geschah frühzeitig und ohne Kaffee, beschwerte sich der Schreiber. Als das Bataillon Waischenfeld erreicht hatte, ließ Major von Klein erst Kaffee und Brot von der Bevölkerung kostenlos anliefern, dann ging es weiter nach Oberailsfeld. Von hier konnte man auf geradem Wege nicht nach Gößweinstein gelangen, sondern musste über Pottenstein gehen, "dessen hochragende Burgruine wohl die Bewunderung, dessen schroffe Felsenstraße aber auch viel Beschwer erweckte", schreibt der Soldat. Für Gößweinstein war er voll des Lobes: "Der Ort ist geistiger Mittelpunkt der katholischen Bevölkerung. Es hat ein Kloster, eine durch ein Dreieinigkeitsbild berühmte, reiche und schöne Wallfahrtskirche und ein prachtvoll gelegenes Schloss, von dessen Söller sich ein wunderbar schöner Ausblick in die Wald- und Felsthäler der hart unten vorüber schäumenden Wisent darbietet".


"Tückische" Felsen

Es war Mittag geworden, als die Soldaten Gößweinstein erreichten. Der Major ließ Halt machen und Bier und Brot aus dem Ort herbeischaffen. Unter dem großen Kreuz vor Gößweinstein wurde gelagert und Mittag gehalten. Nach kurzer Rast ging es weiter, an Wichsenstein vorbei über Bieberbach nach Affalterthal. Dicht hinter dem Ort, so beschwert sich der Schreiber, "schiebt sich wieder einer von den tückischen Felsen, denen man hier so oft begegnet, in den Weg. Es ist wunderlich genug mit diesen Felsen. Man geht ein Flußthal entlang; man freut sich an den reinen blaugrünen Wassern, die klar wie Krystall über den Felsengrund dahin tanzen, an den saftigen Wiesgründen, an den Formen der Felsen; aber plötzlich ist die Welt vor einem zu und man glaubt in einen Kessel gekommen zu sein, wo es keinen Ausweg giebt, doch der Fluß strömt ja weiter, wo bleibt er denn?
Man geht weiter und entdeckt eine schmale Spalte, die oft nur Raum läßt für den Fluß und einen Steig, auf dem ein Fußgänger eben vorbei kann. So eine Wand legte sich vor Affalterthal den Jägern in den Weg und sagte zu ihnen: hier könnt ihr nicht durch, ihr müßt einen Umweg machen! Gegen einen Felsen gelten keine Einwände. Ja, aber ein Umweg ist ein schwer Ding, wenn man müde ist vom Gebirgsmarsch und Nachtdienst; und Erlangen ist noch 7 bis 8 Stunden Weges vor dem Bataillon; und es ist Nachmittag, 3 Uhr vorbei".
Es half alles nichts, die Soldaten mussten weiter; den steilen Zwickstein hinauf Richtung Gräfenberg. Das Bataillon blieb über Nacht in Höfles. Am 1. August früh setzten sich die Soldaten wieder in Bewegung. In Gräfenberg, wo das Hauptquartier des Mecklenburger Reservekorps lag, vereinigte man sich mit zwei weiteren Kompagnien. Gemeinsam ging die Reise weiter nach Erlangen, das man um 11 Uhr zu Gesicht bekam. Hier blieben die Soldaten, besetzten die Stadt und erwarteten die Dinge, die kamen. Einige Tage später war der Krieg zu Ende und die Preußen zogen wieder heimwärts.