Damit Kultur, Traditionen und Brauchtum der Landsmannschaften nicht in Vergessenheit geraten, wurden die Landsmannschaften gegründet.
Sie möchten Spuren hinterlassen, um Schlesien nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Nicht nur deshalb wird am kommenden Freitag das Schlesische Museum im Herzogschloss in Straubing eröffnet. Die Ebermannstädterin Anneliese Woschke, die Vorsitzende des Ortsverbands Ebermannstadt der Landsmannschaft Schlesien ist, wird als Landesfrauenreferentin von Bayern dabei sein. Dort ausgestellt sind Fotos, die Momente der früheren Zeit festhalten, aber auch Koffer, in denen vor 70 Jahren einige wenige Habseligkeiten gepackt werden durften, um nach einem sehr beschwerlichen Marsch in einem fremden Ort ein anderes Leben beginnen zu können.
Charta der Heimatvertriebenen
"1950 wurde die Charta der Heimatvertriebenen unterschrieben", erklärt Woschke. Das war ein Grund, die Landsmannschaften zu gründen. Trotzdem stehen nicht die Vergangenheit und die Erinnerungen an die Vertreibung und Flucht im Vordergrund der Aktivitäten der Landsmannschaft, sondern Brauchtum, Kultur und Mundart zu erhalten.
"Sommersingen"
Einer der schönsten und bekanntesten schlesischen Bräuche ist wohl das "Sommersingen", das am Sonntag Laetare stattfindet, in der Mitte der Fastenzeit, wo Ostern nicht mehr weit weg ist. Den Winter haben die schlesischen Kinder damit ausgetrieben und das tun sie heute noch - in Ebermannstadt. "Mit ihren Sommerstecken ziehen die Kinder zu den Mitgliedern der Landsmannschaft, singen Lieder und erhalten von jedem Besungenen ein Geschenk", erklärt Woschke den Brauch. Als Dank für ihre Lieder bekommen die Kinder meist Schokolade. "Die Leute waren arm", erinnert sich Anneliese Woschke, deren Mutter als Heimatvertriebene mit vielen anderen in dem Flüchtlingslager in Streitberg ankam, ähnlich dem in Hagenau. "Es ging ums nackte Überleben", machte Woschke schon in ihrer Jubiläumsansprache deutlich. Stolz sei man auf die Eltern für deren Streben das Erbe an die jungen Generationen weiter zu geben.
Denn viele der jetzigen 50-Jährigen fragen nach ihren Wurzeln. Damals wurde nie darüber geredet. Nicht über die Heimat, weil damit die Erinnerung an die Vertreibung verbunden war. "Viele konnten das nicht verarbeiten. Manche sind stumm geworden", weiß Woschke von den Erlebnissen und Erzählungen. Denn es gab auch die Menschen, die in Schlesien geblieben sind. "Sie durften nicht Deutsch reden. Die Miliz lauschte unter den Fenstern und vor der Haustüre", erklärt Woschke. Die jungen Mitglieder der Landsmannschaften hören diese Erzählungen, sind betroffen, auch bewegt, was die Eltern oder Großeltern trotz allem Erlebten bewältigt und hier erreicht haben.
Es gibt eben die Erlebnisgeneration und die Bekenntnisgeneration in der Landsmannschaft, wobei viele der Menschen, die diese unsäglichen Jahre selbst erlebt haben, alt oder bereits gestorben sind. Am Tag der Heimat wird mit einem Rückblick auf das Vergangene zugleich das Erlebte aufgearbeitet. "Manche Ältere fangen schon zu weinen an", sagt Woschke tief berührt. Und Fotos werden gezeigt. Menschen, die ihre Trachten mit Weißstickerei tragen. Auch diese Tracht gehört zum Brauchtum, zur Kultur, ganz einfach zu Schlesien und den Schlesiern. Kulinarische Spezialitäten, die jeder Landstrich hat, werden an Weihnachten zubereitet und so die Tradition erhalten. Schlesisches Herings-Häckerle mit Pellkartoffeln und Butter, Schlesischer Mohn- und Streuselkuchen oder das Schlesische Himmelreich, ein traditionelles auf Backobst basierendes Fleischgericht, zählen dazu.
Anneliese Woschke kam durch ihre Mutter zur Landsmannschaft. Zum Singen oder bei der Weihnachtsfeier begleitete sie die Mutter, wie viele andere Kinder auch. Kinder, die heute erwachsen sind und bald zu den Senioren zählen. Doch die jüngeren Menschen bleiben meist aus.
Nur wenige haben dieselbe Begeisterung für die alte Heimat. "Unsere Heimat ist jetzt Franken", sagt Woschke. Voll integriert sind sie in Ebermannstadt, in Forchheim und in den anderen Orten, wo sie ihre Wurzeln geschlagen haben. Trotzdem sollen die Spuren ihrer Vorfahren nicht verweht werden. Diese werden gebraucht, um die eigenen Wurzeln zu kennen.