Sportler aus Ebermannstadt, Würzburg, Roth und Hof wollten sich in den USA beim Marathon in Boston einen Traum erfüllen. Am Ende war es ein Alptraum: Chaos, Tote und Verletzte.
Elfeinhalb Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erleben die USA das Trauma ein zweites Mal: Beim Boston-Marathon explodierten am Montag zwei Bomben. Mindestens drei Menschen starben, von den 176 Verletzten schweben viele in Lebensgefahr. Wer hinter dem Anschlag steckt, war am Dienstag noch unklar. US-Präsident Barack Obama sprach aber ausdrücklich von einem Terrorakt.
Unter den 26 000 Startern waren nach Recherchen dieser Zeitung mindestens vier Läufer aus Franken. Sie blieben unverletzt.
Lebenszeichen über Facebook
Der 49-jährige Augenoptiker Steffen Füller aus Würzburg, der mit der Startnummer 26.440 in Boston antrat und sich damit den Traum erfüllte, beim traditionsreichsten Stadtmarathon der Welt dabei zu sein, hatte es nach dreieinhalb Stunden über die Ziellinie geschafft.
"Zehn Minuten später gingen die Bomben hoch", berichtet der Unterfranke auf seiner Facebook-Seite und beruhigt seine Freunde und Bekannten: Er sei unverletzt, abgesehen vom Schock über die Ereignisse und dem Chaos in der Stadt gehe es ihm gut.
Füller kann ebenso wenig wie die anderen deutschen Teilnehmer beim Boston-Marathon absehen, wann er die Heimreise antreten kann. Unmittelbar nach dem Anschlag waren der Flughafen der Großstadt an der Ostküste der USA gesperrt und die Handynetze abgeschaltet worden, um zu verhindern, dass möglicherweise weitere Sprengsätze per Funk gezündet werden.
Unmittelbar vor der Ziellinie waren am Sonntag zwei Bomben explodiert. Die Sprengsätze wirkten verheerend in der dichten Zuschauertraube vor dem Ziel, waren aber nach ersten Einschätzungen von US-Sicherheitsexperten "nicht sehr fachmännisch gebaut". Spekulationen, dass El Kaida oder eine andere radikalislamische Terrorgruppe wie am 11. September 2001 hinter den Anschlägen stecken könnte, wurden sofort nach dem Attentat laut. Bisher gibt es aber weder ein Bekennerschreiben noch andere Hinweise, die auf Täter aus diesem Kreis schließen lassen könnten. "Es gibt in den USA zahlreiche gewaltbereite Gruppen, und zwar beileibe nicht nur aus dem radikalislamischen Spektrum", sagte ein Terrorexperte in Washington am Dienstag im US-Fernsehen.
Bei allem Entsetzen über die Bluttat beruhigt aus deutscher Sicht die Tatsache ein wenig, dass keiner der 247 Starter aus der Bundesrepublik unter den Toten und Verletzten ist. Auch die drei anderen fränkischen Marathonläufer, die unsere Redaktion in der Liste der Starter und Finisher entdeckt hat, sind wohlauf, haben sich in der Heimat gemeldet: Aus Ebermannstadt ging der 47-jährige Konrad Schlebusch an den Start. Er war nach 3:58 Stunden im Ziel.
"Ich bin wohlauf"
Der Arzt Hans-Detlev Harich (54) aus Hof konnte sich nach dem Lauf telefonisch bei Familie und Arbeitskollegen melden. Er sei wohlauf, berichtet eine Mitarbeiterin in seiner Praxis. Sein Name findet sich nicht in der Ergebnisliste - wohl eine Folge des Chaos' nach dem Anschlag. Dirk Eckhardt (45) aus Roth schaffte die 42,2 Kilometer lange Strecke in 2:55 Stunden.
Weniger der eigene Erfolg als vielmehr das Entsetzen über das Geschehen und die Trauer mit den Opfern und Hinterbliebenen beherrschen die Reaktionen der Läufer. Die Startplätze beim Boston-Marathon, der seit 1897 ausgetragen wird, sind so begehrt, dass die Teilnehmer anspruchsvolle Qualifikationszeiten nachweisen müssen. Die Chance dafür besteht bei den großen Laufveranstaltungen in Deutschland, etwa in Hamburg, Frankfurt, Köln und Berlin. Die Veranstalter dieser Läufe reagieren entsetzt auf die Vorfälle in Boston.
Der SCC Berlin hat angekündigt, das Sicherheitskonzept für den 40. Berlin-Marathon (29. September) mit mehr als 40.000 Startern und bis zu 1,5 Millionen Zuschauern überarbeiten zu wollen.