Im 19. Jahrhundert boomte der Fremdenverkehr in der Fränkischen Schweiz. Kuren wurden immer beliebter. Orte wie Gößweinstein, Muggendorf und Streitberg richteten ihre Infrastruktur auf die Besucher aus.
Als direkte Folge des hohen Bekanntheitsgrades, ausgelöst Ende des 18. Jahrhunderts durch die neu entdeckten Höhlen und die romantische Burgenlandschaft darüber, boomte der Tourismus im 19. Jahrhundert regelrecht. Es entstanden sogar Einrichtungen nach Schweizer Vorbild wie das Kurhaus in Muggendorf mit flachem "Schweizer Dach" (heute das Rathaus der Gemeinde Wiesenttal) und Molkekuranstalten in Streitberg und Gößweinstein, die ebenfalls ihre baulichen Wurzeln in der Schweiz haben.
Die Industrialisierung ist voll im Gange, überall werden Eisenbahnen und Dampfmaschinen gebaut. Ein genialer Schachzug gelingt den Streitbergern: Ab dem Jahre 1839 wurde gekurt im Wiesenttal, wie Johann von Plänkner in seinem Reiseführer schreibt, und damit zusätzlich zu den höhlenforschenden Wissenschaftlern und ihren Studenten vermögende Reisende angelockt: "In Streitberg ist neuerdings durch Herrn Dr. Gustav Briegleb eine Molkekuranstalt errichtet worden, die schon in diesem Jahre sehr gut besucht war. Das milde Klima, die gesunde Luft, lassen den besten Fortgang hoffen", schreibt er weiter. Die Kuranstalt befand sich im Gasthaus "Zum Goldenen Kreuz" (später altes Kurhaus).
Aus dem Schweizer Jura
Wer aus dem Schweizer Jura hierher kommt, bemerkt Georg Zimmermann in seiner Reisebeschreibung von 1843, könnte in Streitberg "leicht an den herrlichen Weißenstein und seine Molkenanstalt erinnert werden. Freilich die Naturherrlichkeit, die man dort mit einem Blick überschaut, wird er hier vermissen, aber auch mit dem gegenwärtigen Schönen zufrieden sein". Hier ist er wieder, der Vergleich mit der Schweiz, der zur Umbenennung des Gebietes führte.
20 Jahre später war schon reger Kurbetrieb, wie in einem weiteren Reiseführer jener Zeit zu lesen ist: "Der Zuzug der Gäste wird von Jahr zu Jahr stärker. Im Jahre 1857 mussten die Wohnungen schon lange im Voraus gemiethet werden, um Unterkunft zu finden. Es sollen zuweilen bis und sogar über 400 Kurgäste hier versammelt gewesen sein."
Quartiere in Bauernhöfen
Diese enorme Steigerung des Fremdenverkehrs führte zu ersten Quartieren in Privathäusern und auf Bauernhöfen. Den Erfolg bekamen auch die Muggendorfer Bürger mit. 1857, 18 Jahre nach Streitberg, verfügte dieser Ort ebenfalls über ein "Kurhaus". Adalbert Küttlinger schreibt darüber im gleichen Jahr euphorisch: Das Kurhaus Muggendorf "wird 100 Meter lang, 40 Meter tief, hat 39 Zimmer, einen großen Speisesaal und einen fein dekorierten Salon mit Balkon".
Bereits 1862 stellt Muggendorfs Pfarrer Johannes Scheuerlein fest: "Mittlerweile ist Muggendorf ein Kurort geworden und wird von vielen Fremden besucht. Es gibt eine Menge Schankhäuser in dem kleinen Markt, und fast jedes Haus wird eingerichtet zur Vermietung an Gäste."
Hochbetrieb für Fuhrwerke
Das junge Gewerbe Tourismus entwickelte sich stetig weiter. Fuhrwerksbesitzer hatten Hochbetrieb wegen der zahlreichen Ausflugsfahrten in die Umgebung. Die Bauern in den Dörfern ringsum versorgten die Kurhäuser mit frischer Ziegenmilch und Lebensmitteln. 1883 schrieb der damals schon bekannte Schriftsteller Victor von Scheffel an seinen Freund, den Maler Anton von Werner: "Willst Du einmal andere Menschen, andere Landschaft, kühle Bergluft, groteske Felsen um dich haben, so empfehle ich Dir Streitberg, wo ich im Kurhaus bei Dr. Weber wohnte."