Asphaltproduktion Die Tragelhöchstädter kämpfen seit Jahren gegen ein Asphaltmischwerk am Ortsrand. Nun will die Firma die Anlage aufrüsten. Die Anwohner laufen dagegen Sturm. Sie sehen die Umwelt und ihre Gesundheit gefährdet.
Den Tragelhöchstädtern stinkt's. Schon lange. Mancher in dem Dorf bei Uehlfeld hat resigniert, so viele Kämpfe haben sie schon geführt. Geholfen hat wenig.
Der Fall zeigt Parallelen zu Hallerndorf. Dort gibt es aktuell Widerstand gegen die mögliche Ansiedlung eines Asphaltmischwerks (wir berichteten).
In Tragelhöchstädt steht eine solche Anlage schon seit Jahrzehnten. Wenn es nach Georg Deininger und seinen Mitstreitern ginge, sollte sie endlich verschwinden, "die alte Rumpel", wie er die Industrieanlage rund 150 Meter vorm Dorf nennt.
Doch im Amtsblatt musste er jetzt lesen: Das Werk soll erneuert werden. Bauanträge liegen vor. Der Gemeinderat Uehlfeld wird am Freitag entscheiden.
"So etwas ist in einem Gewerbegebiet viel besser aufgehoben als auf der grünen Wiese", sagt Elfriede Sypien, ebenfalls Anwohnerin. Allen sei bewusst: Es braucht Asphalt für den Straßenbau. Aber eine Industrieanlage so nah an Wohnhäusern sei längst nicht mehr zeitgemäß.
Dreck an den Fenstern
Anna Rost, auch alteingesessen im Ort, sieht es genauso: "Wenn ich die Fenster putze, dann sehe ich, was das für ein Dreck ist. Bei Spitzenleistung stinkt es unerträglich. Vor allem bei Ostwind." Weht der Wind von Westen, würden es die Uehlfelder abkriegen.
Dazu kommt: Die Region ist mittlerweile Wasserschutzgebiet. Es gelten strikte Auflagen für Bürger, Landwirte, Betriebe. Das finden sie in Tragelhöchstädt falsch, wie viele im Landkreis. Aber wenn schon Wasserschutz, so Deininger, dann sollten sich alle daran halten - auch das Asphaltmischwerk nebenan.
Just dieses sei jedoch von der strengen Zone des Wasserschutzes ausgenommen. Direkt daneben gibt es Brunnen. Bauern dürfen ihre Äcker, die nur ein paar Meter neben dem Werk liegen, nicht konventionell düngen oder spritzen. Aber Asphaltproduktion? Das gehe. "Das ist ein Witz", sagt Sypien.
Betreiber der Anlage ist die Firma Bayerische Asphaltmischwerke (BAM). Im Aischgrund gibt es wohl kaum eine Straße, auf der nicht auch Asphalt aus Tragelhöchstädt liegt. BAM mit Zentrale in Hofolding bei München hat bayernweit 42 solcher Anlagen, in der Region in Nürnberg, Möhrendorf und Bamberg. Die Firma stieß schon häufiger auf Widerstand. So in Schweinfurt und Augsburg.
Kein Kommentar von der Firma
Fragen des FT zu der Niederlassung in Tragelhöchstädt wollte die BAM weder telefonisch noch schriftlich beantworten. Michael Buchberger, Leiter Genehmigungen, Umwelt, Arbeitssicherheit, schreibt lediglich: "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu laufenden Genehmigungsverfahren öffentlich keine Stellung nehmen." Für das Werk in Tragelhöchstädt hat die BAM aktuell drei Bauanträge gestellt, wie aus der Tagesordnung des Gemeinderats hervorgeht. Zwei Bitumentanks und ein Verladesilo sollen neu errichtet werden, als Ersatz für die bisherigen. Zudem will die Firma eine zweite Zufahrt zum Gelände bauen.
Aus Sicht der Anwohner sei das keine normale Erneuerung, sondern eine Erweiterung durch die Hintertür. Der Grund, vermuten sie: der Ausbau der A 3.
Neue Tanks, weniger Gestank?
Bürgermeister Werner Stöcker (CSU) widerspricht: Die Firma könne gar nicht noch mehr produzieren. "Das gibt die Anlage nicht her." Das Gerücht, die Firma müsse das Volumen wegen des Autobahnbaus massiv hochfahren, kenne er. Die BAM sei aber an der A 3 nur gering beteiligt, so Stöcker. Durch die Werkserneuerung nehme die Geruchsbelastung ab. "Weniger Energieverbrauch, weniger Dampf. Nichts Gravierendes."
Die BAM habe ihm versichert: Die Tanks seien besser isoliert. Die Einhausung werde verbessert. Die zweite Zufahrt brauche es, damit Lkw nicht mehr rangieren müssen. "Es ist eine Verbesserung. Der müssen wir zustimmen", sagt Stöcker. Auch wenn die Anlage manche störe: Sie habe nun mal eine Betriebserlaubnis. Eine Verlegung, etwa in ein Gewerbegebiet einer anderen Gemeinde, sei gescheitert. Niemand habe das Asphaltmischwerk gewollt.
Das Landratsamt Neustadt teilt auf Anfrage mit, dass tatsächlich eine Kapazitätssteigerung geplant sei, nämlich bei der Lagerung: Der "Austausch des Mischgutverladesilos" bedeute eine "Steigerung der bisherigen Lagerkapazität von 190 auf 320 Tonnen". Dies habe BAM gemeldet und es wurde genehmigt.
Die Kritiker sehen sich bestätigt. Sie hatten vermutet, dass es nicht um Umweltschutz gehe. "Den Honig haben wir schon so oft ums Maul geschmiert bekommen", sagt Sypien. "Bei jeder technischen Erneuerung wurde eine Verbesserung versprochen. In Wirklichkeit ist es aber immer schlimmer geworden", sagt Bernhard Haag.
Dunstglocke, das "Leichentuch"
Der 57-Jährige, auch Tragelhöchstädter von Kindesbeinen an, war Ortssprecher und Gemeinderat. Er habe gehofft, dass das Werk irgendwann stillgelegt wird. "Die Geißel des Dorfes", sagt er, das "Leichentuch". Oft lege sich der Dunst wie eine Glocke über die Landschaft. Wenn er im Garten arbeite, spüre er: "Es sticht in der Lunge." Er ist sicher: "Die Stoffe sind krebserregend." Es bleibe fast nur noch wegzuziehen.
Das Landratsamt teilt mit: "Messungen an der Luftreinigungsanlage werden regelmäßig alle drei Jahre durchgeführt." Zuletzt 2018. Ergebnis: Immissionsschutzrechtlich sei alles in Ordnung. Die Anlage sei dabei unter Volllast gelaufen. Die Kritiker hatten vermutet, es könne getrickst worden sein. Auch kürzlich, im Oktober, habe eine Messung stattgefunden. Hier lägen Ergebnisse noch nicht vor.
Beim Thema Verunreinigung der nahen Weisach gibt das Amt Entwarnung: Schmutzwasser werde über eine vollbiologische Kleinkläranlage gereinigt, dann in den Bach geleitet. Oberflächenwasser laufe über Abscheideanlagen in die Weisach. Beides werde überwacht.
Schlieren im Weisachwasser
Auch hier gibt es Zweifel. Deininger hat 2019 am Abflussrohr graue Schlieren auf dem Fluss fotografiert und gemeldet. Erst ein Jahr später sei der Abfluss neu eingefasst worden.
Die Anwohner wollen am Freitag zur Sitzung gehen. Gemeinderat Norbert Stoll (FW) verspricht, sich die Sache genau anzuschauen. Ein Ortstermin mit Einladung eines Firmenvertreters sei denkbar. Aber auch Stoll erinnert an die gültige Betriebserlaubnis.
Die Tragelhöchstädter kennen das. Aber sie kennen auch den beißenden Gestank. Dass seit Jahren nichts passiert, führen sie mit darauf zurück, dass die straßenbauenden Kommunen und der Landkreis selbst Kunde bei der Firma sind. Man kenne sich, man schätze sich.
"Es ist zum Verzweifeln", so Haag. Er habe sich eingefuchst, habe die Prüfvorschriften für Emissionen von Asphaltwerken gelesen. Er habe gestaunt. In der Autorenliste, so Haag: Michael Buchberger von der BAM.