Der Landkreis Erlangen-Höchstadt bereitet sich auf finanziell turbulentere Zeiten vor. Es wird eine haushaltspolitische Gratwanderung.
Brummt die Wirtschaft, geht es auch den Kommunen gut. Das "Glückskind" Erlangen-Höchstadt profitierte stets von diesem simplen Zusammenhang aus Konjunktur und kommunalem Angebot.
Doch nun ist damit zu rechnen, dass die Corona-Pandemie die Finanzlage deutlich eintrüben wird. Für ERH kommt gleichzeitig noch die Krise des Automobilzulieferers Schaeffler als bittere Pille dazu.
Der größte Arbeitgeber im Landkreis hat kürzlich massiven Stellenabbau von deutschlandweit 4400 Stellen angekündigt. Die IG Metall befürchtet, dass alleine im Landkreis ERH über 1600 Arbeitsplätze wegfallen werden. Rund 1200 in der Zentrale in Herzogenaurach, 450 durch den Abzug der Industriesparte aus Höchstadt.
In diesem Licht steht die Aufstellung des Landkreishaushalts. Dies wurde in der Sitzung des Kreisausschusses deutlich, wo Landrat Alexander Tritthart (CSU) über den Stand der Dinge bei geplanten Ausgaben und in Aussicht stehenden Einnahmen für 2021 berichtete.
Der Landkreis am "Wendepunkt"
"Die Zeiten werden rauer, wenn nicht stürmisch. Die Situation der letzten zehn Jahre ist vorbei", fasste der Landrat den Ernst der Lage zusammen. Nicht nur auf die Bürgermeister kämen "schwierige Zeiten" zu. Auch der Landkreis stehe an einem "Wendepunkt".
Es müsse mit einer starken Delle bei den Gewerbesteuereinnahmen gerechnet werden. Bereits für dieses Jahr habe man mit einer leichten Konjunktur-Abschwächung gerechnet. Aber von Corona sei da noch keine Rede gewesen. Pandemiebedingt gebe es "massive Verluste" bei den Einnahmen aus Fahrkarten im Busverkehr. Auf der Ausgabenseite lauern im Landkreis teils stark steigende Pflichtaufgaben (Soziales/Jugendhilfe, Einführung neunjähriges Gymnasium), laufende Maßnahmen (Ausbau Kreiskrankenhaus) sowie fest geplante Investitionen (Neubau der Kreisstraßen-Brücke über die A 3 bei Neuhaus, Fassade Gymnasium Eckental).
Beim in der Pandemie so wichtigen Gesundheitsamt schieße man derzeit rund 100.000 Euro für die Ausstattung zu. "Irgendwann ist hier auch die Schmerzgrenze erreicht", so Tritthart. Das wolle er gegenüber München deutlich machen.
Rekordsumme für Schulneubau
Über 54 Millionen plant der Landkreis für einen Neubau des Gymnasiums in Spardorf - für ERH ist das Rekord bei Bautätigkeiten. Auch eine Erneuerung der Dienststelle des Landratsamts in Höchstadt stehe "demnächst auf der Agenda", so Tritthart. Insgesamt komme da bei den Ausgaben "ein ganz schönes Sümmchen zusammen." Trotz der schlechter gewordenen Ausgangslage habe er Zuversicht: "Ich bin optimistisch. Das werden wir schon hinkriegen", so Tritthart.
Derjenige, der es "hinkriegen" muss, ist Kreiskämmerer Markus Vogel. Auch er geht von Lücken bei der Finanzausstattung des Landkreises aus. Die geringen Rücklagen würden nun aufgebraucht. Problem seien die laufenden Kosten im Verwaltungshaushalt. Sein Haushaltsentwurf soll im Dezember den Kreisräten übergeben werden, beschlossen dann im Februar.
German Hacker (SPD) hofft auf Hilfe aus München. 2,4 Milliarden will der Freistaat für die Kommunen zur Verfügung stellen. "Damit kann einiges ausgebügelt werden", so Hacker. Ob aber florierende Kommunen bedacht werden, oder ob klammere Kreise vorgezogen werden, ist offen. "Ich glaube das erst, wenn das Geld im Dezember auf dem Konto ist."
Mit Blick aufs Minus bei den Gewerbesteuern sagt Hacker: "Wir stochern alle im Nebel rum. Aber, dass sich die Konjunktur dämpft, war absehbar." Was wird sich der Landkreis noch leisten können? Hacker: "Es wird nicht ohne scheußliche Fragen gehen."
Kommunen entlasten?
Sein Kollege Gerald Brehm (FW) betont: "Die Ist-Steuereinnahmen sind massiv eingebrochen." Der Kreis werde die Probleme erst in zwei Jahren spüren, wegen der Umlage. "Der Hebesatz muss diskutiert werden", deutet Brehm eine Senkung der Kreisumlage an. Wenn die Kommunen klammer werden sollten, können sie weniger an den Kreis abführen. In Höchstadt wird etwa derzeit noch debattiert, ob die Stadt sich den Neubau eines Eisstadions leisten kann.
Walter Nussel, Kreisrat und Landtagsabgeordneter (CSU), mahnte an, jetzt nicht Knall auf Fall alles an Ausgaben zusammenzustreichen. "Wir können nicht alles auf Null stellen." Er denke an das lokale Gewerbe, das Aufträge der öffentlichen Hand brauche.
Droht Sanierungsstau?
Zudem warnte Nussel vor Sanierungsstau, sollte man zu sparsam werden. Hierbei lobte Nussel den Zustand der Schulhäuser in ERH, etwa im Vergleich zur Stadt München, wo viele Schulen in einer miserablen Verfassung seien. Hieran sehe man: "Gewisse Investitionen in der Infrastruktur müssen auch sein." Was allerdings "gewiss" ist und was an Projekten vielleicht doch aufgeschoben werden muss, darum wird etwas mehr diskutiert werden müssen als bisher - auch im so wohlhabenden "Glückskind" ERH.