"Röthelbunny" stößt in Erlangen eine Debatte an

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Die Hasenskulptur ist fast vier Meter hoch. Foto: Nikolas Pelke
Die Hasenskulptur ist fast vier Meter hoch. Foto: Nikolas Pelke

Ein tierisches Kunstobjekt heizt derzeit die Gemüter in Erlangen an. Sind 75 000 Euro für einen Hasen aus Edelstahl zu teuer? Die Leiterin des Kulturamtes, Anke Steinert-Neuwirth, verteidigt die Anschaffung.

Hoch in den Himmel streckt er die Ohren. Auf seinem poliertem Fell aus Edelstahl spiegeln sich die Wolken. Übersehen kann man die fast vier Meter große Hasen-Skulptur im neuen Stadtteil Röthelheimpark wirklich nicht. Vielleicht deshalb scheiden sich derzeit an dem tierischen Kunstobjekt die Geister.
Mit einem "Hasenfest" hat die Stadt Erlangen die 75 000 Euro teure Plastik kürzlich begrüßt. Sofort haben sich die Kritiker zu Wort gemeldet. "Gestern Abend war der Hase eher ein Kletterspielplatz für Kinder", monierte beispielsweise Kalle S. im Internet. "Na, ist doch wunderbar", konterte Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) die Schmährufe auf seiner Facebook-Seite. Wolfgang W. fragte rhetorisch geschickt in die Runde: "75 000 Euro Wer findet das sinnvoll?" Die "Hasengegner" haben ihren Protest gegen die vermeintlich teure Kunst im öffentlichen Raum freilich nicht beim "Hasenfest" in aller Öffentlichkeit vorgetragen. Aber auch die Kritik im Internet nagt an der Reputation des Hasen.

Stadtrat stimmte für den Kauf

Anke Steinert-Neuwirth, Leiterin des Kulturamtes, kann die Aufregung nicht verstehen und berichtet von einem gelungenen Begrüßungsfest für die neue Skulptur, die im Grünzug des neuen Stadtteils Röthelheimpark gegenüber des George-Marshall-Platzes steht. Möhrenmuffins und Multivitaminsaft seien bei dem Fest serviert worden. Jeder konnte ein Foto von sich und dem Hasen mit nach Hause nehmen. Fingerfertige durften sogar einen Mümmelmann aus Papier falten. Steinert-Neuwirth ist gleichzeitig auch Geschäftsführerin der neuen Kunstkommission in Erlangen, ein neu geschaffenes Gremium aus Fachexperten und Stadtvertretern, das die Kunst in Erlangen voranbringen soll. Das 19-köpfige Gremium hat vor zwei Jahren einen Wettbewerb ausgerufen. Gesucht wurden Ideen, wie man den ehemaligen Truppenübungsplatz mit Kunst verschönern kann. Mit dem ersten Preis zeichnete die Kunstkommission schließlich den "Hasen"-Entwurf der Berliner Künstlergruppe "inges idee" aus. Später stimmte der Stadtrat für den Kauf des Kunstobjektes.
"Die geneigten Oberflächen aus Edelstahl erinnern an den Camouflage-Effekt der Panzer, die hier früher durchs Gelände gefahren sind", findet Steinert-Neuwirth. Überlebensgroß hopple der Hase heute wieder über den ehemaligen Truppenübungsplatz, der sich nach dem Abzug der Amerikaner schnell zum gefragten, wenn auch nicht ganz günstigen Wohngebiet für junge Familien mauserte.
Zwischen den neuen Wohnhäusern, die sich wie Zuckerwürfel an einer Perlenkette durch die platte Ebene aneinanderreihen, zieht sich ein breites grünes Band durch das Neubaugebiet. Hier hat der Hase sein neues Zuhause gefunden. In seinen glatten Oberflächen reflektiert der Hase den Himmel und die Erde. Die Ohren reichen fast bis zu den Wipfeln der jungen Bäume, die die Stadtplaner hier in einer Allee angelegt haben. "Beim Hasenfest habe ich viele glückliche Gesichter gesehen. Der Hase macht was mit den Menschen", freut sich die Vorsitzende der Kunstkommission, die sich ganz bewusst für das futuristische Karnickel im Stealth-Look entschieden hat.

"Extraterrestrisch"

Manche Erlanger fremdeln freilich noch mit dem Rammler, der frisch aus einem Science-Fiction-Streifen gehoppelt zu sein scheint. Einer dieser Kritiker im Internet mit dem schönen Namen "Don Rico" meint, das Tier sehe "extraterrestrisch" aus. Kurzerhand hat er den Hasen auf der Facebook-Seite des Oberbürgermeisters auf den Namen "Röthelbunny" getauft.
Andere beantworteten die "Hasenfrage" freilich ganz direkt: "Wer braucht so einen Scheiß?"
Anke Steinert-Neuwirth freut sich trotz der Aufregung über die kontroverse Debatte, die der Hase im Science-Fiction-Kleid ausgelöst hat. "Der Hase verändert die Wahrnehmungsperspektiven", freut sie sich. Selbstverständlich wirke das Edelstahl-Tier auf den Betrachter zunächst irritierend. Aber das sei schließlich die Aufgabe von Kunst, gedankliche Prozesse bei den Menschen anzustoßen. "Ich bin froh über die Skulptur", sagt die Leiterin des Kulturamtes. Man dürfe eben die Kultur nicht auf eine Schwarz-Weiß-Debatte à la "Gefällt mir/Gefällt mir nicht" verkürzen. Der Hase werde die Menschen in dem neuen Stadtteil zusammenbringen, ist sich Steinert-Neuwirth sicher.