Rathausfeier vor 75 Jahren wurde vom Krieg überschattet

5 Min
Das alte Rathaus im Herzen der Stadt auf einem Foto aus dem Jahr 2011. Fotos: Manfred Welker
Das alte Rathaus im Herzen der Stadt auf einem Foto aus dem Jahr 2011.  Fotos: Manfred Welker
Das Sitzungszimmer im Jahr 1941
Das Sitzungszimmer im Jahr 1941
 
Den Kronleuchter im Ratszimmer fertigte die Schlosserei Leicht aus Bamberg
Den Kronleuchter im Ratszimmer fertigte die Schlosserei Leicht aus Bamberg
 
Dieses Bild wurde aus dem Rathaus entfernt und ins Stadtmuseum gegeben
Dieses Bild wurde aus dem Rathaus entfernt und ins Stadtmuseum gegeben
 
Ein Tonrelief im Kassaraum von Maria Lerch
Ein Tonrelief im Kassaraum von Maria Lerch
 
Stuckrelief im Trauzimmer von Maria Lerch
Stuckrelief im Trauzimmer von Maria Lerch
 
Stuckrelief im Trauzimmer von Maria Lerch
Stuckrelief im Trauzimmer von Maria Lerch
 
Marschierende SA-Truppe mit Hakenkreuzfahne. Auch dieses Fenster wurde entfernt und ins Stadtmuseum gegeben
Marschierende SA-Truppe mit Hakenkreuzfahne. Auch dieses Fenster wurde entfernt und ins Stadtmuseum gegeben
 

Heute vor 75 Jahren wurde das sanierte alte Rathaus geweiht. Zeitgleich begann der Krieg gegen die Sowjetunion.

Es sollte ein festlicher Tag werden, der 22. Juni vor 75 Jahren. Nach rund zwei Jahren Umbau sollte das alte Rathaus in Herzogenaurach wieder seiner Bestimmung übergeben werden.

Diesen Tag haben die Herzogenauracher damals sicher nicht so schnell vergessen. Aber nicht wegen des herausgeputzten Rathauses, sondern wegen des Beginns des Krieges gegen die Sowjetunion. Mit diesem Gegner hatte das Dritte Reich den Grundstock für seinen Untergang gelegt.

Die Einweihung am Sonntag, den 22. Juni 1941, fiel ungewollt mit dem Kriegsbeginn gegen Rußland zusammen, was der festlichen Stimmung sehr abträglich war. Denn Bürgermeister Karl Körner wollte sein neues Rathaus den Herzogenaurachern präsentieren.

Am Sonntag, um 11 Uhr, wurde das Rathaus seiner Bestimmung übergeben. Die Eröffnungsfeier fand vor dem südlichen Rathausportal statt. Die neu angelegte Freitreppe lud förmlich dazu ein.
Bürgermeister Karl Körner hielt eine Begrüßungsansprache und eine Einleitung.

Die Ehre den Bau zu übergeben, sollte Landrat Dr. Maximilian Krebs aus Höchstadt a.d. Aisch haben. Dr. Maximilian Krebs amtierte vom 11. April 1941 bis 10. Dezember 1942 als Landrat. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Jurist Dr. Maximilian Krebs Landrat des Landkreises Ebern von 1952-1958. Geboren am 8. November 1904, verstarb er am 19. Juli 1972.

Geplant war auch eine Ansprache durch den Kreisleiter der NSDAP für den NS-Kreis Fränkische Schweiz, Dr. Carl Ittameier aus Gräfenberg. Der NS-Kreis Fränkische Schweiz umfaßte die Landkreise Bamberg, Höchstadt a.d. Aisch, Forchheim und Pegnitz.

Nach dem Absingen der Nationallieder konnten sich die geladenen Gäste in einer Führung durch das Haus vom Ausmaß und der Art der Arbeiten überzeugen. Danach blieben die Amtsräume bis nachmittags für die allgemeine Besichtigung geöffnet. Die Benützung der qualitativ hochwertigen Einrichtungsgegenstände sollte unterbleiben. Wie sich Zeitzeugen erinnern konnten, stand in einigen Räumen je ein Radiogerät das den Vormarsch und die Erfolge der deutschen Truppen auf russischem Terrain verkündete.

Das im Kern im Jahr 1407 errichtete Rathaus hatte einige Umgestaltungen über sich ergehen lassen. Da die Umbaumaßnahmen im 19. und 20. Jahrhundert nicht den gewünschten Erfolg brachten, wurde im Jahr 1939, noch vor Kriegsbeginn, mit den Umbauarbeiten begonnen. Der jetzige Fachwerkgiebel mit dem Türmchen ist im Wesentlichen ein Ergebnis der Umbaumaßnahmen der Jahre 1939/41. Bürgermeister Karl Körner hatte persönlich auf der Wieder-Errichtung der Fachwerkgiebel bestanden. Zum einen, um den früheren Zustand wiederherzustellen. Zum anderen wird angeführt: "Für diesen Vorschlag spricht die ansehnlichere Gestaltung und die bedeutend bessere Ausnützbarkeit des Dachgeschosses. Für diesen Vorschlag hat sich der Bürgermeister entschieden. Es wird deshalb der 2. Vorschlag zur Ausführung kommen.", ist dem Ratsprotokoll vom 12. Mai des Jahres 1939 zu entnehmen.

Körner hatte beim Umbau sicherlich auch die wachsende Einwohnerzahl von Herzogenaurach im Auge. "Die Bevölkerungszahl der Stadt wird bald die Zahl erreicht haben, wo sie dann über 5000 stehen wird.", ist als Begründung für den großzügigen Umbau angeführt.

Die Räume mit dem meisten Parteiverkehr sollten im Erdgeschoss angesiedelt sein, die Kasse, anschließend daran die Büros für die Buchhaltung, den Kassenleiter und für einen Kassenrevisor. Im Erdgeschoss sollte auch die die neu zu schaffende Volksbibliothek sowie das Einwohnermeldewesen ihren Platz finden. Im rückwärtigen Teil lag die Polizeidienststelle, mit anschließenden Wachräumen. Die Abortanlagen befanden sich in der Nordostecke,

Durch die Umlagerung von Büros entstand im Obergeschoss Platz für eine anderweitige Nutzung. Über eine großzügige Treppe gelangt man vom Erdgeschoss in den ersten Stock. Dort lagen die die Amtsräume des Bürgermeister, des Oberinspektors, des Stadtbaumeisters, außerdem das Einwohneramt und das Standesamt. Eine besondere Ausgestaltung sollte das Beratungszimmer erhalten.

Das Dachgeschoss war durch eine eigene Treppenhaus zu erreichen. Dort fand sich neben einer Hausmeisterwohnung das städtische Archiv und das Schreibmateriallager. Im Bedarfsfall konnten noch weitere Büros untergebracht werden.

Das Hauptaugenmerk beim Ausbau wurde auf solide, handwerkliche Innenausgestaltung gelegt. Stadtbaumeister Hans Motzer bewerkstelligte den Umbau mit einheimischen Handwerkern und Bamberger Künstlern. Die Bauarbeiten führte die Firma Kurr aus Herzogenaurach aus, die Zimmererarbeiten Thomas Krämer, Gottfried Maier und Nikolaus Popp. Dachdecker war Johann Dörrfuß, Flaschner Max Welker, Steinmetz Hans Gast, Fliesenleger Georg Lehner aus Erlangen. Die Schlosser- und Schmiedearbeiten lieferten Hans Peetz, Georg Zehlein und Hans Zimmerer. Für die Malerarbeiten zeichneten Georg Hildel, Franz Sieber sowie Heinrich Maier aus Herzogenaurach verantwortlich. Neu waren auch die Türen mit schmiedeeisernen Beschlägen. Das Beratungszimmer erhielt Wände und Decken in profilierter Eiche. Für die Schreinerarbeiten im Gebäude waren die Schreiner und Glaser Georg Bitter, Hans Bock, Andreas Oed, Valentin Zink, Hans Bäumler aus Frauenaurach, Johann Meyer aus Uttenreuth und K. Walter aus Erlangen tätig. Die vier Fenster wurden mit Glasmalereien ausgestattet, die in zwanzig Bildern die Geschichte der Stadt widerspiegeln. Diese lieferte die Firma Bringmann & Schmidt aus Coburg. An der Wappenwand wurden die Wappen von zwanzig verschiedenen Frankenstädten angebracht, die im Laufe der Geschichte mit Herzogenaurach eng verbunden waren. Für die Kunstschlosserarbeiten wie den großen Radleuchter, die Beschläge und das Geländer zur Hauptstraße zeichnete die Firma Karl Leicht aus Bamberg verantwortlich.

Durch die zahlreichen kunsthandwerklichen Arbeiten war ein Schmuckkästlein inmitten Herzogenaurachs entstanden. Neben solider handwerklicher Innenausgestaltung, erhielt es vor allem durch die Plastiken und Wandmalereien ein besonderes Gepräge. Der plastische Schmuck, wie Stuckreliefs im Trauzimmer und die Tafel an der Außenwand wurden der Bildhauerin Maria Lerch aus Bamberg übertragen, Hanns Waltenberger gestaltete die Wandmalereien im Treppenhaus.



Seit 1407


Wie dendrochronologische Untersuchungen zeigen, wurde das Rathaus in Herzogenaurach im Jahr 1407 auf dem Marktplatz errichtet. Die Südseite verläuft in einer Front mit den Gebäuden der Hauptstraße, die Hauptverkehrsader und Markt zugleich darstellte. Seit Anbeginn war das Gebäude Ausdruck des städtischen Selbstbewußtseins und eine Zentrale des bürgerlichen und geschäftlichen Lebens am Marktplatz. Hier spielte sich Handel und Wandel ab. Herzogenaurach war schließlich durch sein einheimisches Tuchmachergewerbe vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert bekannt. Im Kern ist das Rathaus ein Bauwerk aus dem 15. Jahrhundert, das allerdings mehrere Umbauten erlebte.

Wie dendrochronologische Untersuchungen ergaben, wurden die Balken der Decke zwischen Erdgeschoss und dem ersten Stock zur Jahreswende 1406/1407 gefällt. Im Jahr 1407 muss daher der gotische Vorgängerbau des jetzigen Rathauses entstanden sein. Er präsentierte sich im Untergeschoss als Säulenhalle mit Durchgängen (Laubengängen). Hier waren die Löschgeräte untergebracht, vielleicht auch die Rüstkammer. Auf jeden Fall war hier der Aufbewahrungsort der Kandeln, Metzen, Ellen und Gewichtsteine, da der Rat der Stadt die Kontrolle über Maß und Gewicht ausübte.

Außerdem mussten hier Bäcker und Metzger ihre Erzeugnisse feil halten, nachdem sie von den verordneten Schauern untersucht worden waren. Im oberen Stock fanden sich die Amtsräume wie Ratsstube und Sitzungssaal. Der Dachboden wurde zum Aufschütten von Getreide und Trocknen von Tabak vermietet. Am Außenbau befand sich ein Pranger, das Narrenhäuschen sowie auf der Straßenseite ein Röhrenbrunnen. 1522 erhielt das Gebäude ein Türmlein mit einer Uhr und einer Glocke, die 1632 von den Schweden geplündert wurde. 1781 erfolgte ein neuerlicher Umbau, 1299 Gulden und 30 Kreuzer kostete das Stockwerk, das auf das Untergeschoss aufgesetzt wurde. Diese bauliche Situation bestand bis 1939, zwischenzeitlich waren jedoch die Giebel durch Walme ersetzt worden. Betreten wurde das Rathaus von der Langseite zum Gasthaus zum roten Ochsen. Das Südtor war im 19. Jahrhundert verbaut, und die Front für die Stadtwaage genutzt worden.

Nach dem Umbau diente das Rathaus von 1941 bis 1967 der Stadtverwaltung als Domizil. Nach dem Bau des neuen Rathauses am Schloss zog am 14. Juni 1967 die Polizei ein. Im Anschluss an den Auszug der Polizei im Jahr 2003 stand das Gebäude fast zwei Jahre leer. März 2005 fiel die Entscheidung, das historische Gebäude im Zentrum der Stadt einer gastronomischen Nutzung zuzuführen. Die Familie Nägel aus Büchenbach pachtete es und beteiligte sich auch an den Umbauarbeiten. Die Einweihung erfolgte am 26. November 2005.

1990 tauchten zwei ideologisch belastete Fensterflügel wieder auf. Dargestellt sind der Kriegsbeginn 1914, eine marschierende SA-Truppe mit Hakenkreuzfahne und das im Umbau befindliche Rathaus mit einem Panzer im Vordergrund. Man entschloss sich, diesen Fensterflügel nicht wieder im Rathaus zu verwenden, sondern in die Sammlungen des Stadtmuseums einzugliedern.