In drei Supermärkten in Bubenreuth ging eine 34-Jährige auf Diebestour. Unzählige Waren im Gesamtwert von rund 1125 Euro lagerte sie in Säcken in der Wohnung einer alten Dame, die sie zu Hause gepflegt hatte. Vor dem Amtsgericht wurde die Diebin nun verurteilt.
Es ist ein Prozess, der Einblick gibt in prekäre Beschäftigung, in Armut und die damit verbundene Verlockung, im Laden einfach zuzugreifen, ohne zu bezahlen.
Gestern wurde eine 34-Jährige vom Amtsgericht Erlangen wegen Diebstahls in fünf Fällen zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Frau hat im Juni in drei Supermärkten in Bubenreuth Waren im Wert von insgesamt rund 1125 Euro gestohlen.
Im Mai sei sie nach Deutschland gekommen, um in Bubenreuth eine alte Dame zu pflegen, sagt sie, als Richterin Daniela Ruderich sie befragt.
Zum Arbeiten gekommen
Sie habe einen Vertrag als Pflegekraft befristet für zwei Monate bekommen und habe dafür ihre Heimat Rumänien verlassen. Ihr Gehalt: 1100 Euro netto monatlich. Sie wohnte mit in der Wohnung der Seniorin, die sie pflegte.
Den Pflegeberuf habe sie nicht erlernt. Sie habe gar keine Ausbildung und auch keine Schule besucht, übersetzt der Gerichtsdolmetscher aus dem Rumänischen. Die Angeklagte spricht kein Deutsch.
Allerdings verstarb die Frau, die sie pflegte nach vier Wochen, weshalb sie wieder zurück in ihre Heimat nach Rumänien wollte. Allerdings nicht nur mit normalem Reisegepäck.
Der Polizei hatte sie mit ihren Beutezügen einen Haufen Arbeit beschert. Für die Beamten war es eine Sisyphosarbeit, herauszufinden, welche Artikel sie aus welchem der drei Supermärkte gestohlen hatte. Bei rund der Hälfte der Produkte konnte man herausfinden, woher sie stammen. Das berichtet ein als Zeuge geladener Polizist.
Das Diebesgut, überwiegend Haushalts- und Drogerieprodukte in großer Zahl, brachte die Frau in die Wohnung der verstorbenen Pflegebedürftigen, in der sie noch alleine wohnte. In zehn blauen Müllsäcken und zwei Einkaufstüten hortete sie dort das Gestohlene.
Melkfett und Hüneraugenpflaster
Aufgeflogen ist sie am Mittag des 27. Juni, als sie in einem Supermarkt ertappt wurde. Die Polizei fuhr mit ihr in die Wohnung, weil sie dort ihren Ausweis hatte. Schließlich förderten die Beamten das Diebesgut zu Tage. Haarspray, Cremes, Deodorants, Shampoo - davon gleich 41 Flaschen - aber auch Süßigkeiten, Kleidung, sechs Gewürzmühlen, eine Pfanne, Melkfett, Hühneraugenpflaster, ironischerweise auch eine Tasche mit Diebstahlschutz: Richterin Ruderich verlas nur einen Teil der Dinge, die sich unter dem sichergestellten Diebesgut befanden und die schließlich in der polizeilichen Asservatenkammer landeten. "Sie sind einmal querbeet durch den Supermarkt und haben mitgenommen, was sie gebraucht haben", so die Richterin.
Was sie denn mit der Ware vorgehabt habe? Sie habe die Sachen nicht weiterverkaufen, sondern für sich verwenden wollen. Und sie habe ihren Verwandten in Rumänien einen Teil davon mitbringen wollen.
Von ihren Taten gibt es auch Aufzeichnungen der Überwachungskamera, weshalb die Frau auch gar nicht leugnete, sondern von Beginn an alles zugegeben hat. Auch vor Gericht legte sie noch einmal ein Geständnis ab. Sie bereue, was sie getan hat.
U-Haft hinterlässt Eindruck
Nachdem die Polizei sie im Supermarkt festgenommen hatte, landete sie in Untersuchungshaft, wo sie die letzten dreieinhalb Monate verbracht hat. Und offenbar hat die U-Haft schweren Eindruck hinterlassen. "Die Zeit in der Haft war für mich grausam. Ich möchte das nie wieder erleben", sagt sie und bricht in Tränen aus.
"Sie ist ja nicht nach Deutschland gekommen, um Straftaten zu begehen, sondern um alte Menschen zu pflegen. Und man war auch sehr zufrieden mit ihr", sagt ihr Verteidiger Sven Markuske (Nürnberg).
Bisher eine weiße Weste
Staatsanwältin Elisabeth Gawlikowski plädierte auf ein Jahr Haft auf Bewährung. Ihr Anwalt sah elf Monate auf Bewährung als ausreichend an. Dieser Einschätzung folgte die Richterin. Man müsse der Angeklagten zu Gute halten, dass sie ihre Taten gestanden hat, diese bereue und zudem zuvor noch nie straffällig geworden war. Die Richterin erklärte der 34-Jährigen eindringlich, was Bewährung heißt. Keine Straftaten, auch keine Bagatellen, sonst gehe es zurück ins Gefängnis.
Bitte um ein wichtiges Telefonat
In welcher Situation die Frau sich befindet, wurde nach der Verhandlung deutlich, als die Justizbeamten ihr die Handschellen abnahmen. Ob sie, nachdem sie ihre Habseligkeiten aus der Haftanstalt abgeholt hat, vielleicht noch einmal kurz vom Gefängnis aus telefonieren dürfe, übersetzte der Dolmetscher. Denn sie besitze keinen einzigen Cent und müsse irgendwie von ihrer Familie in Rumänien Geld bekommen.
Wie zu hören war, versucht der Anwalt, ihr Kontakt zu einem Hilfsangebot zu vermitteln. Sie werde wohl völlig mittellos vor der JVA stehen, übersetzt der Dolmetscher. Nicht einmal eine Maske habe sie.