Nach dem grandiosen 7:1-Sieg steht Deutschland im WM-Finale. Der Weltmeister-Titel ist zum Greifen nah. Das Endspiel 1974 gegen die Niederlande erlebte Otto Tröppner hautnah mit - im Stadion.
"Das hat es in der ganzen Geschichte noch nicht gegeben", ist Otto Tröppner (63), Geschäftsführer der VG Höchstadt, gestern Morgen immer noch völlig aus dem Häuschen nach dem sensationellen 7:1-Sieg der deutschen Elf gegen Brasilien. "Mal kurz den Raum verlassen ging eigentlich nicht. Sonst musste man ja Angst haben, ein Tor zu verpassen", lacht er.
Die Ausfälle von Brasiliens Superstar Neymar und Abwehrchef Thiago Silva könnten bei dem Verlauf des Spiels zwar eine Rolle gespielt haben, "aber dass die Mannschaft so untergeht, kann eigentlich nicht sein", findet Tröppner. Mit der Leistung des deutschen Teams ist er dagegen hochzufrieden: "Es waren alle gut drauf, sie waren konzentriert bei der Sache."
Angestellt für Karten Jetzt steht Deutschland also im WM-Finale. Zum achten Mal in der Fußball-Geschichte.
Bei Tröppner werden dabei sofort Erinnerungen wach. Denn er war 1974 live dabei, als Deutschland im Olympiastadion in München zum zweiten Mal Weltmeister wurde. "Das war vor fast genau 40 Jahren, am 7. Juli 1974", freut er sich.
Damals war der gebürtige Unterfranke 23 Jahre alt. Zu viert fuhren sie nach München, sahen nicht nur das Finale, sondern auch das Eröffnungsspiel - Brasilien gegen Jugoslawien - und das Spiel um den dritten Platz - Brasilien gegen Polen.
Die Karten für die Spiele haben sie nicht wie heute im Internet vorbestellen können. "Das gab's damals noch nicht", lacht Tröppner. Die Prozedur war 1974 noch etwas größer. Statt einem einfachen Klick hieß es vor 40 Jahren nämlich noch: anstellen. Denn nur Reisebüros händigten damals die Tickets aus. Und nur die, die zuerst kamen, malten auch zuerst. Jedes Reisebüro hatte nur ein bestimmtes Kontingent.
Natürlich wollten auch Tröppner und seine Freunde sicher gehen, dass sie WM-Karten ergattern. Also fuhren sie schon Sonntagabend am Reisebüro in Schweinfurt vorbei. "Da standen tatsächlich schon Leute", erzählt Tröppner. Doch er und seine Kumpels waren noch rechtzeitig dran, waren unter den Ersten. Jetzt hieß es warten. "Einer von uns holte noch Sachen für die Nacht: Jacken, etwas zu essen und zu trinken." An Schlaf war für Tröppner nicht wirklich zu denken: "Da standen hunderte Leute. Wir mussten aufpassen, dass wir unseren Platz nicht verlieren und sich einer vordrängelt."
Als am nächsten Morgen die Türen des Reisebüros öffneten, ging alles sehr schnell. Sie bekamen alle Karten, die sie wollten. Waren überglücklich. Wie viel sie gekostet haben, weiß Tröppner heute nicht mehr. "Mir ist jedenfalls nicht in Erinnerung, dass es besonders teuer war", überlegt er.
Dass tatsächlich Deutschland im Finale steht, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar. "Ich wusste nur: Endspiel ist immer gut. Die deutsche Mannschaft dann live im Stadion zu erleben, noch dazu im eigenen Land, das war einfach überragend", sagt Tröppner.
Invasion der Niederländer Im Olympiastadion hatten sie nicht die besten Plätze, wie er selbst sagt. "Aber das war egal, die Atmosphäre war einfach einmalig." Die Niederlande galten bei vielen als absoluter Favorit: "Die Stadt war voll mit Niederländern. Alles war oranje."
Und gleich in der ersten Minute gab es dann auch den ersten großen Schock. Die deutsche Mannschaft hatte noch nicht einmal mit dem Fuß Kontakt zum Ball, als Uli Hoeneß Johan Cruyff grätschte und zu Fall brachte. Elfmeter, 1:0 durch Johan Neeskens. "Wir waren wie erstarrt", erinnert sich Tröppner.
Doch das hielt nicht lange an, zumindest nicht in den Publikumsrängen: "Es dauerte ein paar Sekunden und wir feuerten die deutsche Mannschaft lautstark an."
Führung in der 43. Minute In der 25. Minute wendete sich schließlich das Blatt. Wim Jansen foulte Bernd Hölzenbein, Paul Breitner verwandelte den Strafstoß zum 1:1, der Ausgleich war da. "Der Jubel war groß", sagt Tröppner. Und der steigerte sich nochmals in der 43. Minute, als Gerd Müller die Führung Deutschlands klar machte: 2:1. "Das musste die Mannschaft dann über die ganze zweite Halbzeit verteidigen. Das war nicht leicht. Die Niederländer kämpften und rannten", erzählt Tröppner. Doch die deutsche Mannschaft biss sich durch, spielte überlegen - wurde Weltmeister. Die Freude war grenzenlos. "Wir haben den ganzen Abend gefeiert.
Die Straßen in München waren voll", erinnert sich Tröppner.
Und nun steht Deutschland erneut im Finale, steht kurz davor, zum vierten Mal Weltmeister zu werden. Tröppner glaubt fest daran, egal, ob Holland oder Argentinien der Gegner ist: "Ein Finale gegen die Niederlande wäre natürlich das Pendant zum Finale 1974", schmunzelt er. Wenn es dann auch mit einem Sieg für Deutschland endet, wäre das für Tröppner "einfach nur ideal".
Hätten Sie's gewusst?Das Siegtor durch Gerd Müller in der 42. Minute war sein 14. WM-Tor und brachte ihm die alleinige Führung in der ewigen WM-Torschützenliste. Die behielt er bis zur WM 2006, als er von Ronaldo mit 15 Toren übertroffen wurde. Mit ihm gleich zog Miroslav Klose dank seines 70. Länderspiel treffers beim 2:2 gegen Ghana. Alleininger Spitzenreiter wurde er durch sein WM-Tor Nr. 16 beim 7:1 gegen Brasilien