Christbaum-Anbauer aus Erlangen-Höchstadt liegen immer öfter mit dem Landratsamt im Clinch, wenn es um die Bepflanzung neuer Flächen geht. Die Debatte dreht sich darum, ob durch die Kulturen seltene Vögel verdrängt werden.
Sind Christbaumkulturen nun eine ökologische Bereicherung, ja ein Biotop für Vögel, insbesondere für Offenlandarten wie die Feldlerche? So sehen es die Anbauer dieser Sonderkulturen. Oder werden zum Schutz der Vögel Auflagen, sogenannte Lerchenfenster nötig, wie sie die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt als Ausgleichsmaßnahme fordert?
In einer jungen Christbaumkultur in Weickersdorf trafen Landrat Alexander Tritthart (CSU), Andreas Sehm von der Unteren Naturschutzbehörde, Abteilungsleiterin Anne-Marie Müller sowie Revierleiter Gerd Hofmann mit den Christbaum-Anbauern Jürgen Bechmann (Mühlhausen) und Herbert Geyer (Oberwinterbach) zusammen. Ebenfalls dabei war Peter Uehre von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, den wohl die Christbaumzüchter zugezogen hatten.
Die Zeit drängt Ein Streitgespräch war bei diesem "Kulturtreffen" der ganz besonderen Art nicht zu vermeiden. Die Parteien vertraten ihre unterschiedlichen Standpunkte mit Vehemenz. Landrat Alexander Tritthart (CSU) sicherte am Ende zu, es müsse für die Zukunft eine Regelung gefunden werden, die sowohl dem Naturschutz als auch den Anbauern gerecht werde. Dazu müsse jedoch jede Partei "etwas von ihrer Position abrücken". Die Zeit drängt allerdings, denn im Herbst stehen die Christbaumzüchter wieder vor der gleichen Situation. "Ich bekomme demnächst wieder jede Menge Aufforstungsanträge", ist sich Förster Hofmann sicher.
Im konkreten Fall ging es um die Kultur von Jürgen Bechmann, die - juristisch gesehen - eine nicht genehmigte Aufforstung ist. Er versuche, die Problematik nicht auf diesen Einzelfall zu fokussieren, sagte Bechmann. Das Thema sei vielmehr ein wiederkehrendes und er frage sich, "wo die Schmerzgrenze ist". Nach eigener Darstellung hatte Bechmann bereits 2013 den Aufforstungsantrag gestellt, bis heute jedoch keinen Bescheid erhalten. Im Februar 2014 sei er durch ein Schreiben der Naturschutzbehörde informiert worden, dass Christbaumkulturen den Lebensraum der Feldlerchen reduzieren und als Ausgleichsmaßnahmen Lerchenfenster angelegt werden müssen.
Immer mehr Christbäume "Christbäume sind ein regionales Produkt, das wir gerne haben", versicherte der Landrat. Niemand wolle etwas verhindern. Die Fläche sei jedoch angepflanzt und die Behörde vor vollendete Tatsachen gestellt worden. "Für die Genehmigung sind wir zuständig", also das Amt für Landwirtschaft und Forsten, erklärte Förster Hofmann. "Wir konnten jedoch nicht genehmigen, weil Einverständnis mit dem Landratsamt herzustellen ist." Dass sich auch eine Landeskultur wandelt, untermauerte Hofmann mit Zahlen. 150 Hektar Christbaumkulturen, 20 Hektar Energiewald (Kurzumtriebsplantagen) und 65 Hektar Wald seien in seinem Aufgabenbereich in den letzten Jahren aufgeforstet worden.
Peter Uehre, der aus Nordrhein-Westfalen zugezogene Experte, hält die exponierten warmen Flächen ideal für die Feldlerche, "ein riesengroßes Lerchenfenster sozusagen". Aber auch für Insekten, Spinnen oder Reptilien. In den ersten vier Jahren nach der Pflanzung sei die Kultur noch offen und frei von Vegetation. Dann schließe sich der Bestand, werde aber durch die Entnahme von Bäumen "lückig".
"Wir schaffen durch Neupflanzung jedes Jahr vier Hektar optimalen Lebensraum für die Feldlerche", betonte Herbert Geyer. Er verstehe nicht, wieso dann noch Lerchenfenster gebraucht werden. Der Oberwinterbacher ist sich sicher: "Wir leisten gute Arbeit für die Artenvielfalt!" Durch die verschiedenen Wachstumsstadien und die Entnahme würden immer wieder neue Freiflächen geschaffen. Außerdem würden die Christbaumkulturen viel weniger mit Chemie behandelt als die übrigen landwirtschaftlichen Flächen.
"Wir wissen, dass diese Kulturen positive Nebeneffekte haben", räumte Andreas Sehm ein. Dennoch sei es nur eine Teilstruktur, die als Lebensraum nicht reiche. "Wir müssen das Gesamthabitat sehen." Die Feldlerche benötige eine freie Steppenlandschaft. Der Bestand sei um 50 Prozent eingebrochen. Deshalb sei zu überlegen, was mit einfachen Schritten erreicht werden könne. Lerchenfenster wären eine einfache, kostengünstige Lösung ohne großen Aufwand. Bisher sei es noch jedem Vorhabensträger gelungen, einen Landwirt für ein Lerchenfenster zu finden. "Nicht ganz glücklich", erteilte der Kreis-Naturschützer am Ende das Einvernehmen zu Bechmanns Neupflanzung. "Da nicht mehr nachzuweisen ist, ob ein Brutplatz vorhanden war", betonte er.
"Für mich ist das jetzt glimpflich ausgegangen", zog Bechmann Fazit. Doch das allein sei nicht das Problem. Die Crux sei, dass die Lerchenfenster nicht in der Kultur selbst, sondern auf Nachbarflächen angelegt werden sollen. Außerdem wünscht er sich mehr Unterstützung durch das Landratsamt. Ihm schwebt ein Markenzeichen wie die geografische Angabe beim Aischgründer Karpfen auch für die fränkischen Christbäume vor.