Bamako scheint ein Freiluftmuseum für alte Mercedes 190D zu sein - gelb lackiert rattern die Oldtimer ohne funktionierende Anzeigen, nur von Draht und Klebeband zusammengehalten, durch die staubigen Pisten von Bamako. Die "Sotrama", grün lackierte und bunt bemalte Mercedes Kastenwagen, sind überfüllt. Passagiere hängen oft noch außen am Fahrzeug und auf den Dächern türmt sich das kunstvoll gestapelte Gepäck und auch manche Ziege wird so transportiert.
Aufgrund der Trockenheit ist alles von rotem Staub bedeckt, der bis in die Häuser dringt. Viele Menschen versuchen sich durch Mundschutz vor dem feinen Staub zu schützen und trotz der für uns warmen Temperaturen leiden viele an Schnupfen und Husten - allergische Reaktionen auf den Staub, der die ohnehin schlechte Luft in der malischen Metropole zum Gesundheitsrisiko macht.
Bamako liegt im Süden des Landes. Über den Betten ist ein Moskitonetz gespannt und auch Fenster, Türen und Terrassen sind durch Mückengitter geschützt - Mali ist ein Malarialand. Sonnen- und Mückenschutz darf man nie vergessen, aber auch gegen andere Gefahren muss man sich schützen, denn unsere europäisch verwöhnten Körper sind an die vielen Keime und Erreger hier nicht gewöhnt. Regelmäßiges und gründliches Händewaschen ist sehr wichtig, das Leitungswasser sollte man nicht unbedingt trinken.
Die große Freundlichkeit der Menschen und auch der Kinder ist immer wieder beeindruckend. Alle freuen sich, wenn man ihnen mit freundlicher Aufgeschlossenheit begegnet oder gar ein paar Worte in Bambara parat hat, wie zum Beispiel "Kambé" (auf Wiedersehen) oder "I ni ice" (Hallo und Danke).
Ein Höhepunkt für uns ist die Bootsfahrt auf dem Niger, dem drittlängsten Strom Afrikas. Der breite Fluss führt derzeit relativ wenig Wasser und die Menschen nutzen das Land am Flussufer, um Ackerbau zu betreiben. Die Parzellen werden mit Nigerwasser bewässert. Das angebaute Gemüse sieht frisch und lecker aus - ob das wohl daran liegt, dass Bamakos Abwasser zum Großteil in den Niger fließt?
Das Straßenbild von Bamako ist zunächst ungewohnt - kein Wunder, wir sind gut 6000 Kilometer von Adelsdorf entfernt - aber auch hier gibt es Hochhäuser, Mietshäuser und Einfamilienhäuser. Der Baustil ist ein wenig anders. Viele Grundstücke sind von Mauern mit Stacheldraht umgeben, Wachmänner sitzen davor und trinken gemeinsam Tee, während neben ihnen auf der roten Staubstraße Frauen an den Wasserstellen Wäsche waschen, Kinder Fußball spielen, Hühner, Ziegen, Schafe und Esel frei umherlaufen und sich vom Müll ernähren.
Müll ist ein riesiges Problem. In den 1990er Jahren schwappte die Plastiktütenwelle nach Afrika über. Heute sind die vorwiegend aus Asien importierten Billigbeutel in Mali das Allzweck-Behältnis für alles - vom Einkauf bis zum Mittagessen wird alles in die dünnen schwarzen Plastiktüten verpackt. Mangels flächendeckender Abfallentsorgung verteilt der Wind die Plastiktüten über das Land. Felder, Wiesen, Straßen, Flüsse und Abwasserkanäle, kaum eine Fläche ist nicht voller Plastikmüll.
Mali hat keine Lösung für dieses Problem, denn ein Großteil des Mülls war früher biologisch abbaubar oder konnte wiederverwertet werden. Malier sind Weltmeister im sogenannten Upcycling: Flaschen, Autoreifen, Metallreste, alles wird mit Kreativität und Geschick einem neuen Zweck zugeführt. Aus der Not eine Tugend machen, mit den Gegebenheiten klarkommen. Darin sind die Malier gut. Wissen und Handwerk wird in der Familie weitergegeben.
Stolz tragen die malischen Frauen ihre maßgeschneiderten traditionellen Kleider aus bunten Stoffen. So schreiten sie in königlicher Haltung unglaubliche Lasten auf den Köpfen tragend die Straßen entlang, immer ein schelmisches Lächeln auf den Lippen.
Wir lachen viel miteinander. In einem Misch-Masch aus Englisch, Französisch und Bambara unterhalten wir uns und verstehen langsam diese Welt der extremen Kontraste. Die Schere zwischen Arm und Reich ist enorm. Zwischen Villen mit Pool und Personal finden sich Wellblechhütten ohne fließend Wasser oder Toiletten.
Aufgrund unserer empfindlichen Mägen können wir nicht einfach an den Ständen an der Straße essen, also bleiben nur die höherpreisigen Restaurants, die von wohlhabenden Maliern und den sogenannten "Expats" (Ausgebürgerte) frequentiert werden. Wir sind überrascht über die kulinarische Vielfalt - chinesisch, italienisch, französisch, marokkanisch -, die sich meist hinter unauffälligen Mauern verbirgt.
Insbesondere nach dem Anschlag auf das Hotel Radisson Blue im November 2015, bei dem militante Islamisten 170 Geiseln nahmen und 20 in einer Massenschießerei töteten, kommt man in diese Restaurants und Hotels nur nach einem Sicherheitscheck, fast wie am Flughafen.
Bamako wirkt während unseres Besuchs so friedlich. Nur die Sicherheitsvorkehrungen, die ständige Präsenz bewaffneter Menschen um uns herum und regelmäßige Meldungen von Vorfällen in den anderen Regionen erinnern uns daran, dass wir uns in einem Land mit prekärer Sicherheitslage befinden.
Abgesehen vom Chaos auf den Straßen ist Bamako fast beschaulich - unsere Tochter erklärt uns, dass Bamako eigentlich aus mehreren Dörfern besteht, die zusammengewachsen sind. Jede Nacht, spätestens um halb fünf, erklingt der erste Ruf des Muezzin von der nahen Moschee und um 7 Uhr krähen die Hähne auf der Straße - und das in einer Millionenstadt!
Das Leben unserer Tochter hier ist sehr viel anders als zu Hause in Franken. Fortbewegung ohne Auto ist kaum möglich, die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sind sehr eingeschränkt, der Arbeitsalltag wird bestimmt von der angespannten Sicherheitslage. Erkundungen auf eigene Faust sind für uns nicht möglich.
Drängende Probleme
Wenn wir sagen, dass wir aus Deutschland kommen, weiten sich oft die Augen, ganz als würden wir aus einem sagenhaften Land kommen. Kein Wunder, dass uns junge Menschen oft - halb im Spaß - bitten, ob wir sie mit nach Hause nehmen. Der Besitzer eines Restaurants dankt uns, dass wir Mali besuchen. Er bedauert sehr den Ruf Malis als ein zweites Afghanistan.
Wir fliegen heim mit farbenfrohen Eindrücken von einem wunderschönen Land mit ganz wunderbaren Menschen, die versuchen, inmitten von Unruhen und Anschlägen, angesichts drängender Wirtschafts- und Umweltproblem, das beste aus ihrer Lage zu machen. Kampé!