Grabesstimmung bei der Herzogenauracher Sterbekasse

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Mit betretener Miene verfolgte Hans Weiland (l.) den vergeblichen Versuch von Klaus Tschippley, die Mitglieder für einen Anschluss an den Versicherungsverein Fürth zu erwärmen. Foto: Richard Sänger
Mit betretener Miene verfolgte Hans Weiland (l.) den vergeblichen Versuch von Klaus Tschippley, die Mitglieder für einen Anschluss an den Versicherungsverein Fürth zu erwärmen.      Foto: Richard Sänger

Der Herzogenauracher Verein, der wie eine Versicherung finanzielle Hilfe bei Todesfällen leistete, löst sich nach 123 Jahren auf.

In der außerordentlichen Generalversammlung der "Allgemeinen Sterbekasse Herzogenaurach und Umgebung" mit derzeit 1031 Versicherten endete nach 123 Jahren ein Stück Stadtgeschichte. Von 161 anwesenden stimmberechtigten Mitgliedern stimmten 146 für die Auflösung der Sterbekasse und zwölf für einen Anschluss an den Versicherungsverein Fürth WaG. Die Sterbekasse war eine der ersten sozialen Einrichtungen in Form einer Solidarkasse in Herzogenaurach.

Nachdem sich im Vereinshaus auch "in letzter Minute" kein Vorsitzender fand, fiel es Hans Weiland sichtlich schwer, das Ende der Sterbekasse Herzogenaurach zu verkünden. Der 70-jährige Vorsitzende, der die Sterbekasse in der Rechtsform eines Vereines über 20 Jahre führte, hatte schon vor drei Jahren angekündigt, dass er bei den Neuwahlen im Frühjahr 2020 nicht mehr zur Verfügung stehen werde, und auch Schatzmeisterin Claudia Grüner hätte nicht mehr kandidiert.

In seinem Bericht erläuterte Weiland die Zukunft der Sterbekasse Herzogenaurach bei einer Übernahme durch den Versicherungsverein Fürth. Dazu hätten mindestens 95 Prozent der Mitglieder bis 31. Mai 2020 ein neues Sepa-Lastschriftverfahren unterschreiben müssen. Das wäre allerdings nach Auffassung von Weiland nur mit viel Mühe oder überhaupt nicht erreichbar gewesen, denn rund 18 Prozent der Mitglieder seien in ganz Deutschland oder gar im Ausland verteilt.

Immer weniger Mitglieder

Eine weitere Einschränkung wäre auch gewesen, dass es in Herzogenaurach keinen Ansprechpartner mehr gegeben hätte. Auch dass beim Versicherungsverein Fürth die Vorstände und Mitglieder des Aufsichtsrates eine monatliche Aufwandsentschädigung erhalten, wie Vorstand Klaus Tschippley auf Nachfrage mitteilte, stieß bei der Versammlung auch nicht gerade auf Begeisterung. In Herzogenaurach gab es kein Büro und der Vorsitzende führte die Geschäfte vom heimischen Wohnzimmer aus.

Dass Weiland mit Herzblut und Leidenschaft dabei war, konnte seinem Bericht über die Übernahme-Verhandlungen entnommen werden. "Der heutige Tag und die Vorbereitungen waren ein schwerer Weg und sind mir nicht leichtgefallen", berichtete er sichtbar berührt von den vielen Gesprächen. Wie der Vorsitzende erklärte, habe die Sterbekasse mit einem Rückgang der Mitglieder zu kämpfen. Früher sei die Sterbekasse eine willkommene finanzielle Unterstützung bei Sterbefällen gewesen und die Mitgliedschaft sei auch nach dem Tod eines Familienangehörigen meist weiter bestehen geblieben.

Dass auch nach einer Übernahme durch den Versicherungsverein Fürth die Beiträge stabil bleiben und das Sterbegeld vorerst weiterhin auf 935 Euro festgeschrieben geblieben wäre, konnte die bereits spürbare Meinung im Vereinshaus nicht mehr ändern. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit der anwesenden und stimmberechtigten Mitglieder bei den Beschlüssen wurde übertroffen und damit das Schicksal der Sterbekasse besiegelt.

Die Herzogenauracher Sterbekasse hatte für beide Fälle ein mathematisches Gutachten anfertigen lassen und für jedes Mitglied wurde der Auflösungsbetrag ermittelt. Der Abfindungsbetrag wird je nach Alter sowie Versicherungsbeginn gestaffelt und den Versicherten mit einem Schreiben mitgeteilt. Da es nach dem von der Aufsichtsbehörde bestätigtem Auflösungsbeschluss keinen Vorstand mehr geben wird, bestimmte die Versammlung Hans Weiland, Claudia Grüner und Stefan Lehner zu den Liquidatoren der Sterbekasse Herzogenaurach und Umgebung. Wie Vorsitzender Weiland mitteilte, werden ab 2020 keine Beiträge mehr eingezogen und Sterbefälle bis vier Wochen nach der Bekanntgabe der Auflösung abgerechnet. Nach Auszahlung des Abfindungsbeträge wird ein verbleibender Restbetrag laut Satzung der Stadt Herzogenaurach für einen gemeinnützigen Zweck übertragen. Ebenso wird Weiland die teils historischen Unterlagen und Protokolle dem Stadtarchiv übergeben.

Eingangs erinnerte Hans Weiland an den im September verstorbenen Zweiten Vorsitzenden Gerhard Hagen, der ihm nicht nur sehr aktiv zur Seite gestanden sei, sondern auch eine gute Hand bei den Geldanlagen gehabt und damit entscheidend zum Vermögenszuwachs beigetragen habe.

Wie Claudia Grüner in ihrem Geschäftsbericht erläuterte, betrug das Vermögen Ende 2017 830 000 Euro und konnte bis Jahresende 2018 auf 834 000 Euro gesteigert werden. Gerade in der Zeit des Niedrigzinses seien Vermögenszuwächse nahezu ein Kunststück, erklärte Hans Weiland, der den Vorsitz im Jahr 2000 mit einem Vermögen von 866 000 Mark übernommen hatte. Der starke Beifall am Ende der Versammlung drückte dann den Dank an Hans Weiland und sein Team aus.