"Gankino Circus" erobert den Aischgrund

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Fränkisches Yoga auf "Gankino Circus"-Art Foto: Larissa Händel
Fränkisches Yoga auf "Gankino Circus"-Art     Foto: Larissa Händel
Ralf Wieland kann einen Sirtaki auch mit einem Akkuschrauber mit eingespanntem Plektrum intonieren. Foto: Larissa Händel
Ralf Wieland kann einen Sirtaki auch mit einem Akkuschrauber mit eingespanntem Plektrum intonieren.   Foto: Larissa Händel
 
Das knöcherne "Bonofon" beherrscht Maximilian Eder wie kein Zweiter. Foto: Larissa Händel
Das knöcherne "Bonofon" beherrscht Maximilian Eder wie kein Zweiter.   Foto: Larissa Händel
 

Die vier Musiker von "Gankino Circus" begeistern bei ihrem Auftritt in Höchstadt mit Volksmusik in neuem Gewand und mit Anekdoten aus ihrer Jugend.

Sie bezeichnen sich selbst als "die letzten ihrer Art" - und das nicht umsonst. Schon nach den ersten Takten merkt man, dass es sich bei "Gankino Circus" um musikalische Ausnahmetalente handelt. Dem Bandnamen, der sich auf den bulgarischen "Gankino"-Tanz im Elf-Achtel-Takt bezieht, machen die vier Musiker alle Ehre. Fränkische Volksmusik von Grund auf aufpoliert und neu arrangiert, dazu selbst geschriebene und gesammelte Kerwalieder und Gesang im fränkischen Dialekt. Das alles in einer unvergleichlichen Kombination mit mal dynamischen, mal langsam fließenden Rhythmen.

In diesen Genuss kamen am Samstagabend die Besucher in der Fortuna Kulturfabrik dank des Arbeitskreises Kultur (Akku). Die Band, die einst in der Straßenmusik Fuß fasste, lässt sich inspirieren von ihren Reisen und der regionalen Musik, bezieht aber immer auch ihre Wurzeln mit ein. Und die liegen in Dietenhofen. Die 5700-Seelen-Gemeinde liegt im Landkreis Ansbach und markiert laut Angaben der Band den östlichsten Teil Nordwest-Mittelfrankens.

Glasabdruck auf der Stirn

Dort, oder genauer gesagt im Gasthaus "Zur Goldenen Gans", verbrachten die Musiker gemeinsam ihre Jugend. Und die lieferte kabarettistisches Material der Extraklasse. Wenn sie in Erinnerungen an ihre gemeinsamen Jugendjahre in Dietenhofen schwelgen, hat man das Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein.

So erzählen sie vom Wirt, dem "Weizencharlie", dessen Markenzeichen ein kreisförmiges Stigma auf der Stirn war - der Abdruck eines Weizenglases, auf dem er des Öfteren einschlief. Nachdem er eines Tages offensichtlich nicht nur darauf schlief, sondern es auch sein Totenbett nennen durfte, verwenden die Bandmitglieder seither "seine" heiligen Knochen ihm zu Ehren als Instrument. Am knöchernen "Bonofon" erwies sich Maximilian Eder als ebenso virtuoser Spieler wie an seinem Akkordeon. Sein Gesangssolo rund um die Beerdigung des "Weizencharlie" imponierte dem Publikum ebenfalls sehr, sodass Saxofonist und Klarinettist Simon Schorndanner ihn gleich für Buchungen an Beerdigungen anbot.

Auch den Schlagersänger und Fernsehmoderator Florian Silbereisen zog es einst nach Dietenhofen - zur Kur gegen sein drohendes Burnout. Teil seiner Kur war fränkisches Yoga, inklusive der Übung "fränkischer Flieger", den Gitarrist Ralf Wieland und Klarinettist Simon Schorndanner unter tosendem Applaus nachstellten. Wen wundert es, dass Silbereisens Karriere nach solch einer akrobatischen Einlage wieder steil bergauf ging?

Gegenseitig schaukeln die Bandmitglieder sich hoch, ziehen sich auf und glänzen mit trockenem fränkischen Humor. So plaudern sie aus dem Nähkästchen und erinnern sich, wo Schlagzeuger Johannes Sens seine angeblichen Übungsstunden verbrachte - nämlich überall, nur nicht am Schlagzeug. Davon ist heute wahrlich nichts zu sehen. Wenn er die Drumsticks über sein Instrument erhebt, wirkt es eher, als hätte er sein Lebtag lang nichts anderes getan.

Nach dem Tod ihres Wirtes, mussten sich die vier ein anderes Wirtshaus suchen. Aus Mangel an Alternativen wurde es der örtliche Grieche. Der Umstieg von Bier auf Ouzo eins zu eins gelang nach eigenen Aussagen recht schnell. Es dauerte auch nicht lange, bis sie die griechische Musik, die dort aus den Lautsprechern dröhnte und laut dem Wirt extra für den deutschen Markt aufgenommen wurde, nachstellten.

Kurzerhand holte Gitarrist Ralf Wieland den Akkuschrauber mit Plektrum-Aufsatz heraus und zauberte einen Sirtaki aus seiner Gitarre, bei dem wohl selbst einem Griechen vor Staunen der Mund offen stehen geblieben wäre. Spätestens beim anschließenden Rock 'n' Roll hielt es dann keinen Besucher mehr auf seinem Stuhl und es wurde klar: Die Musiker von "Gankino Circus" sind wohl tatsächlich "die letzten ihrer Art" - eine herrlich humorvolle, technisch auf bewundernswertem Niveau arbeitende Musikergruppe mit einem bühnenreifen Ideenreichtum, der alle Erwartungen übersteigt.