Für Asylbewerber ist die Jobsuche ein steiniger Weg

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Illustration: Michael Beetz
Illustration: Michael Beetz
Ein Zimmer für Asylbewerber im Gasthof "Zur Linde" in Heßdorf. Foto: shx
Ein Zimmer für Asylbewerber im Gasthof "Zur Linde" in Heßdorf.   Foto: shx
 

Nefars (22) ist aus seiner Heimat, dem Irak, geflohen. Jetzt möchte er in Deutschland bleiben. Doch erst wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, dürfen Flüchtlinge das Jobcenter in Anspruch nehmen oder studieren. Die größte Hürde: die Sprache. Die wenigsten können Deutsch.

Wo seine Eltern sind, weiß Nefars nicht. Auch nicht, ob sie geflohen sind oder ihnen etwas zugestoßen ist. Sie sind verschwunden. Der letzte Kontakt ist zwei Jahre her. "Ich hoffe, ich werde sie bald sehen", sagt der 22-Jährige und senkt seinen Blick. Vor über einem Jahr floh Nefars aus seiner Heimat, dem Irak. "Ich hatte Angst um mein Leben", erzählt er.

Für kurze Zeit war Nefars zunächst in einer Asylunterkunft in Zirndorf, seit einem Jahr ist er im Gasthof "Zur Linde" in Heßdorf untergebracht. Deutsch spricht er noch nicht. Linde-Geschäftsführer Yildiz Hasan sitzt neben ihm und übersetzt. Seit zwei Jahren nimmt er Asylbewerber bei sich auf, zur Zeit sind es 21 Männer und Frauen.


230 Asylbewerber derzeit

Nefars will in Deutschland bleiben, will die Sprache lernen, hier arbeiten, Informatik studieren - darf aber nicht, solange das Asylverfahren noch läuft. "Ich spüre, dass ich benachteiligt werde, weil ich aus dem Ausland komme. Dabei wissen viele gar nicht, warum ich hier bin. Ich bin geflohen. Ich bin nicht aus Spaß hier."

Nefars ist einer von 230 Asylbewerbern, die zur Zeit im Landkreis Erlangen-Höchstadt leben. Aus allen möglichen Ländern. Allein 90 Männer und Frauen sind es in der Gemeinschaftsunterkunft in Höchstadt, betrieben vom Freistaat Bayern.

Doch auch in mehreren Gasthöfen oder privaten Wohnungen, wie in Heßdorf, Herzogenaurach, Weingartsgreuth, Wachenroth oder Möhrendorf werden viele von ihnen untergebracht. "Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Unterkünften", sagt Anne-Marie Müller, Leiterin der Abteilung für Umwelt und Soziales im Landratsamt Erlangen-Höchstadt.

140 Euro "Taschengeld"

Solange das Asylverfahren läuft, bekommt ein alleinstehender Asylbewerber wie Nefars ein "Taschengeld" von 140 Euro im Monat, um die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zu decken. Neben den Sachleistungen für Unterkunft, Ernährung, Kleidung und medizinische Leistungen. Der Landkreis zahlt das Geld aus, der Freistaat Bayern erstattet nachträglich die Kosten.

Eine Arbeit dürfen Asylbewerber zunächst nur bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern wahrnehmen. Dabei bekommen sie eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro pro Stunde ausgezahlt. "Nach neun Monaten können sie auch eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, sofern die Bundesagentur für Arbeit zustimmt", sagt Müller.

Das Asylverfahren kann nach einigen Monaten abgeschlossen sein, aber auch mehrere Jahre dauern. "Der Ausgang hängt natürlich maßgeblich auch vom Herkunftsstaat der Asylbewerber ab", erklärt Müller. Erst nach Abschluss des Asylverfahrens können die Flüchtlinge Unterstützung des Jobcenters bekommen. Im letzten halben Jahr waren es knapp 40. Viele kommen laut Norbert Ratzke, Leiter des Jobcenters Höchstadt, zur Zeit aus Syrien.

Sprachkurse in Erlangen

"Ihnen ist genauso Arbeit zu vermitteln wie jedem anderen auch", erklärt Ratzke. Der Knackpunkt ist allerdings bei vielen die Sprache. Die Jobvermittlung wird deshalb oft erst einmal zweitrangig. "99 Prozent der Leute, die das Asylverfahren hinter sich haben und zu uns kommen, sprechen nicht fließend deutsch", sagt Ratzke. Oder sie sprechen überhaupt kein Deutsch. Immer wieder werden deshalb Dolmetscher aus der Asylunterkunft mitgebracht, um sich mit Mitarbeitern des Jobcenters überhaupt verständigen zu können. "Menschen aus den arabischen Ländern müssen auch erst einmal die lateinische Schrift lernen", sagt Ratzke.

Damit sie die deutsche Sprache kennenlernen und ihr mächtig werden, gibt es einen Sprachkurs, der von verschiedenen Trägern in Erlangen je nach Bedarf angeboten wird. Er nimmt 600 bis 900 Stunden in Anspruch und endet mit einer Prüfung. Davor kann - je nach Bedarf - ein Alphabetisierungskurs belegt werden, danach ein berufsbezogener Sprachkurs. Alle drei Kurse zusammen dauern 18 bis 24 Monate. Die Kosten - auch die für die Fahrt dorthin - übernimmt der Bund.

Welche Vorkenntnisse gibt es?

Die Ausgangssituation der Asylbewerber ist völlig unterschiedlich: "Manche Menschen, beispielsweise aus Somalia, können weder lesen noch schreiben", weiß Ratzke. Bildung sei in vielen Ländern auch vom Geschlecht abhängig. Immer wieder fehlen grundlegende Fähigkeiten. "Ein Straßenhändler aus Afrika hat auch hier in Deutschland schlechte Karten."

Die Bildung, die man im Herkunftsland bekommen hat, bestimmt auch die Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Der Jobcenter muss herausfinden: Wo bestehen Vorkenntnisse, welche Qualifikationen werden mitgebracht? "Es kommen auch welche, die studiert haben, gerade jetzt aus Syrien", sagt Ratzke. Manchmal setzen sie ihr Studium in Deutschland fort.

Dass sie tatsächlich auch in diesem Beruf unterkommen, ist ihm zufolge zumindest in der Anfangszeit äußerst selten. Meistens kommen Jobs in der Reinigung oder der Lagerlogistik in Frage, aber auch bei McDonald's, einem Pizza-Service oder China-Imbiss. "In den ersten ein bis zwei Jahren sind es, wenn überhaupt, einfache Helfertätigkeiten. Auch für Besserqualifizierte", erklärt Ratzke.

Viele entscheiden sich nach dem Sprachkurs dafür, in eine größere Stadt zu gehen: München, Nürnberg, Augsburg oder Würzburg. Für Ratzke verständlich: "Dort ist nicht nur die Wahrscheinlichkeit höher, Arbeit zu finden, sondern auch Leute aus dem eigenen Herkunftsland zu treffen."

Die Enttäuschung ist groß

Nefars weiß noch nicht, in welcher Stadt er einmal landen wird. Im Moment weiß er nur eins: Zurück in den Irak, seine Heimat, will er auf keinen Fall: "Ich habe kein Heimweh. Ich bin so enttäuscht von meinem Land." Nefars will in Deutschland bleiben, will sich hier etwas aufbauen. "Die Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es weiter geht, ist aber immer da."