Freundeskreis Weißrussland ist Geschichte

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Mit Spenden aus Franken war 2016 der Einbau von 20 neuen Fenstern in der Schule in Voropajevo finanziert worden. Foto: privat (Archiv)
Mit Spenden aus Franken war 2016 der Einbau von 20 neuen Fenstern in der Schule in Voropajevo finanziert worden. Foto: privat (Archiv)
Diese acht Mitglieder beschlossen die Auflösung des Freundeskreises. Foto: Richard Sänger
Diese acht Mitglieder beschlossen die Auflösung des Freundeskreises.    Foto: Richard Sänger
 

Der Verein, der die Herzogenauracher Beziehungen nach Weißrussland gefördert hat, hat sich aufgelöst.

Der Verein "Freundeskreis Weißrussland" ist Geschichte. Dort, wo es begann, im Gasthaus "Jägersruh" in Obermembach, ging es mit der Auflösung des Vereins auch zu Ende.

Der Freundeskreis Weißrussland war allerdings nicht irgendein Verein, sondern eine Brücke zwischen Ost und West und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Völkerverständigung zwischen Weißrussland und Deutschland zu fördern. Dabei wurde insbesondere der Schüleraustausch zwischen der Staatlichen Realschule Herzogenaurach und der Mittelschule in Voropajevo unterstützt. Die Geburtsstunde dieses Schüleraustauschs geht bis 1990 zurück, als die ehemalige Realschullehrerin Marga Auer sich auf Spurensuche nach ihren Verwandten begab und diese in dem kleinen Ort Golbeja bei Voropajevo in Weißrussland wiederfand.

Mit Hilfe der Deutschlehrerin Swetlana Arsenjewna, die damals als Dolmetscherin fungierte, wurden zwischen der Mittelschule Voropajevo und der Staatlichen Realschule Beziehungen aufgebaut, die 2002 mit einem Partnerschaftsvertrag zwischen beiden Schulen besiegelt wurden. 1993 fuhren die ersten Herzogenauracher Schüler der Realschule nach Voropajevo und lernten die Unzulänglichkeiten der dortigen Schule kennen.

Die Gründung des Vereins "Freundeskreis Weißrussland" erfolgte am 14. Oktober 1994 in Obermembach auf Initiative des früheren Elternbeiratsvorsitzenden der Realschule, Klaus Becker. Damals erhielten die Gastschüler aus der weißrussischen Kleinstadt von ihren Gasteltern zum Abschied so viele Geschenke und Kleidung, dass sie diese bei ihrer Rückfahrt mit dem Zug unmöglich transportieren konnten. Becker versprach, alles so schnell wie möglich nachzuliefern, was er zusammen mit einigen Engagierten prompt organisierte. Zur besseren Organisation wurde der Freundeskreis aus der Taufe gehoben, um sich in schwierigen Zeiten zu unterstützen.

Schwierige wirtschaftliche Lage

Die Partnerschule liegt im Norden Weißrusslands, in Voro-pajevo. "Seit Beginn des Bürgerkrieges in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen des Westens befindet sich die Republik Belarus und besonders die Bevölkerung der Kleinstadt Voropajevo wieder in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, die unsere Hilfe für die Partnerschule nötig macht", lautete vor Jahren eine Mitteilung der Organisatoren.

Wenn die Schüler im Herbst und Winter ihr Klassenzimmer betreten, lassen sie die Winterjacken gleich an: Zugig und marode sind die Fenster im Schulhaus in Voropajevo, 180 Kilometer von der Hauptstadt Minsk entfernt. Anders als hierzulande sind Lehrer in Weißrussland auch baulich für die Klassenzimmer verantwortlich, für das Streichen der Wände genauso wie für notwendige Reparaturen. Unterrichtsmaterialien stellen sie oft aus ihrem privaten Besitz zur Verfügung. Die Schule ist nicht nur ein Lernort, sondern auch kulturelles Zentrum, wo Musikveranstaltungen für Jugendliche angeboten werden. Als der Herzogenauracher Freundeskreis 20 energiesparende Fenster spendierte, war das gesamte Kollegium der Schule sehr froh und bedankte sich mit Tränen in den Augen, erinnerte sich Marga Auer.

Die Schüler waren von den Reisen begeistert, von der Herzlichkeit und der Begegnung mit einer Welt, in der noch Pferdefuhrwerke auf den Straßen zum Bild gehörten. 1994 erfolgte der Gegenbesuch und seither in zweijährigem Wechsel ein steter Besuchskontakt. Mit der Zeit wurde eine ganze Anzahl von Hilfssendungen nach Weißrussland entsandt: Kleidung, Werkzeuge, Computer, Drucker, Schulmaterial, eine ganze Küche von der Firma Schaeffler.

Der Nachwuchs fehlt

Anlässlich des 25-jährigen Bestehen des Schüleraustauschs im vergangenen Jahr hatten der Direktor Victor Shuk und die Bürgermeisterin von Voropajevo, Inna Kosarewskaja, die Gruppe begleitet und sich mit Bürgermeister German Hacker (SPD) in Herzogenaurach noch zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Wie Klaus Becker, Marga Auer, Heinrich Bickel, Antonius Lüring und Andreas von Richthofen erklärten, seien in all den Jahren auch viele persönliche Freundschaften entstanden.

Jetzt bei der letzten Versammlung des Freundeskreises mit nur noch 15 Mitgliedern übte Marga Auer auch ein Stück Selbstkritik. So hätte sich nach ihrer Meinung der Freundeskreis mehr in der Öffentlichkeit präsentieren und mehr mediale Aufmerksamkeit erzeugen sollen. Das sei sicher auch ein Grund dafür gewesen, dass keine neuen und vor allem jüngere Mitglieder gewonnen werden konnten. Nach einer kurzen Diskussion stimmten die acht anwesenden stimmberechtigten Mitglieder für die Auflösung des Vereins.