Flexibilität gegen Alltagstrott

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Natalie Glapiak war jetzt über zwei Jahre am Kreiskrankenhaus Höchstadt im Einsatz. Jetzt geht es zum nächsten Einsatzort. Foto: Andreas Dorsch
Natalie Glapiak war jetzt über zwei Jahre am Kreiskrankenhaus Höchstadt im Einsatz. Jetzt geht es zum nächsten Einsatzort. Foto: Andreas Dorsch

Für das Krankenhaus in Höchstadt sind Pflegekräfte auf Abruf unverzichtbar, kosten aber fast eine halbe Million zusätzlich.

Das Kreiskrankenhaus St. Anna in Höchstadt ist mit seinen 80 Betten ein relativ kleines Haus. Die Patienten genießen hier die besonders familiäre Atmosphäre - man kennt sich. Schwestern und Pflegern sind viele der Patienten nicht fremd.

Da fällt es umso mehr auf, wenn beim Personal immer wieder mal neue Gesichter auftauchen. Sie sind inzwischen nicht nur am Höchstadter Krankenhaus unverzichtbar, um den Betrieb am Laufen zu halten: Zeitarbeiter. Was in der Industrie schon seit Jahren Usus ist, macht sich jetzt auch in Krankenhäusern immer mehr breit.

Höchstadts Verwaltungschef Thomas Menter hat in der jüngsten Sitzung des Krankenhausausschusses gar vom "Geschwür Zeitarbeit" gesprochen, das sein Budget für das nächste Jahr enorm belastet. Dabei betont Menter, dass es an der Arbeitsqualität der Pflegekräfte auf Zeit nichts zu kritisieren gebe. Die seien sogar sehr motiviert. Sorgen bereiten ihm allerdings die Kosten.

So musste er im Wirtschaftsplan 2021 für die Zeitarbeiter im Pflegebereich zusätzliche 480 000 Euro ansetzen. Während die Kosten für eine "normale" Pflegekraft für das Krankenhaus bei 67 000 Euro im Jahr liegen, werden für Zeitarbeiter (einschließlich der Gelder, die an die Vermittlungsfirmen gehen) 140 000 bis 180 000 Euro fällig. "60 000 Euro werden von den Krankenkassen nur erstattet, für den Rest gibt es keine Gegenfinanzierung", sagt Menter.

Aktuell müssten zehn Prozent der Pflege über Zeitarbeit besetzt werden, im nächsten Jahr könnte es noch mehr werden. Dafür dürfte die Anhebung der Pflege-Untergrenzen sorgen. Für das Höchstadter Krankenhaus bedeutet das zwölf zusätzliche Planstellen im Pflegebereich. Werden die nicht besetzt, drohen Strafzahlungen. Menter erkennt an, dass der Gesetzgeber hier etwas Gutes tun wollte, nur gebe es einfach zu wenig Pflegekräfte.

Eigentlich ist das Höchstadter Krankenhaus mit Pflegekräften gut versorgt, sagt der Verwaltungschef. Die aktuell geltenden Pflege-Untergrenzen halte man ein. Aber wenn in einer Station auf einen Schlag sieben Krankmeldungen aufschlagen, und das in einer Zeit, in der das Haus voll mit Patienten ist, dann müssen Mitarbeiter aus dem Urlaub oder ihrer Freizeit geholt werden. "Irgendwann können die nicht mehr", sagt Menter. Im Pflegebereich in Höchstadt gebe es viele ältere Mitarbeiter. Die Hälfte sei schon über 50 Jahre.

Sein Ziel sei es, das Pflegepersonal in Höchstadt so zu verstärken, "damit die Überlastung auf null geht". Unter der Belegschaft sollte eine gute Stimmung herrschen und die Patienten gut behandelt werden.

Überlastung der Mitarbeiter und die vielen Dienste seien das Übel, dem man nur mit mehr Personal begegnen könnte. "Der 24-Stunden-Dienst im Krankenhaus passt nicht mehr in die heutige Zeit", sagt Menter. Wochenend- und Nachtdienste müssten besser bezahlt werden. Er würde das Geld lieber in eigenes Personal stecken als in Zeitarbeitsfirmen.

Zufrieden und motiviert

Natalie Glapiak ist eine dieser Pflegekräfte auf Zeit. Die Krankenschwester für Intensivpflege arbeitet - mit kurzen Unterbrechungen - seit über zwei Jahren im Höchstadter Krankenhaus. Sie nennt auch ganz offen die Gründe, warum sie die Arbeit auf Abruf der Festanstellung in einer Klinik vorzieht.

Der "deutlich höhere Verdienst" ist für sie nur die eine Sache. So sollten übrigens alle Krankenschwestern bezahlt werden, findet sie. Besonders schätzt Glapiak die Flexibilität und die Freiheiten in dem Job als Zeitarbeiterin.

"Man kann den Dienstplan selbst aussuchen, kann nur für den Patienten da sein, lernt und sieht viel, kommt in keinen Alltagstrott und kaum in Stresssituationen, ist beruflich zufriedener und motivierter." Bei jedem Einsatz wird sie mit Neuem konfrontiert, hat an den unterschiedlichsten medizinischen Geräten schon eine Einweisung bekommen.

Seit zehn Jahren führt die in Forchheim lebende Krankenschwester schon ein solches Berufsleben. In über 60 Kliniken sammelte sie Erfahrungen, war in der Berliner Charité ebenso schon im Einsatz wie in den Unikliniken Freiburg und Erlangen. "Ein schöner Job, aber auch anstrengend."

Nach München pendeln

Voraussetzung für diese Art von Berufsleben ist allerdings eine hohe Flexibilität. Man wird nicht immer nur in der Region eingesetzt. Glapiak pendelte auch schon mal täglich von Forchheim nach München. Ihre Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen. Ihren besseren Verdienst hält sie bei dem Aufwand für gerechtfertigt. Gleichwohl kann sie die Verwaltung des Höchstadter Krankenhauses verstehen, die auch die Kosten im Blick haben muss.

Noch macht Natalie Glapiak ihr Leben als Krankenschwester auf Abruf viel Spaß - wohl wissend, dass sie sofort überall eine Festanstellung bekommen könnte.