Nicht nur beim Biegen der Holzstange über offener Flamme ist von Lauritz Aigner Fingerspitzengefühl gefragt. Der 22-Jährige ist einer von nur zwei Azubis in Franken, die zum Bogenmacher ausgebildet werden.
Jetzt nur nicht ablenken lassen. Gleichmäßig dreht Lauritz Aigner einen Holzstab rötlicher Farbe über die Flamme des vor ihm stehenden Bunsenbrenners. Sein Ausbilder Günther Spätling wird später erzählen, dass es sich um Fernambukholz handelt. Die Bäume dazu wachsen in Brasilien. Und die Bogenmacher schwören auf dieses Tropenholz, weil kein anderes so fest und zugleich so flexibel ist, um eine Biegung unbeschadet zu überstehen und zu halten.
Heimat für Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg
Aber jetzt geht es nur um eines: Langsam erwärmen, immer wieder biegen und unbedingt vermeiden, dass das Holz plötzlich zu rauchen beginnt oder gar in Flammen aufgeht.
Aigner hat darin inzwischen schon ein wenig Übung. Der 22-Jährige aus Forchheim ist im zweiten Lehrjahr zum Bogenmacher - ein Beruf, für den Interessierte in Franken in der Regel nach Bubenreuth (Landkreis Erlangen-Höchstadt) kommen müssen. Dort gibt es nicht nur die meisten Bogenbaubetriebe der Region, auch eine Reihe von Geigenbauern führen ihr Handwerk vor Ort aus. Die sogenannte Bubenreuther Geigenbausiedlung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zur neuen Heimat für Flüchtlingsfamilien aus dem Egerland. Diese brachten die Kunst rund um die Fertigung von Streichinstrumenten nach Franken.
Vierte Generation
So auch die Familie Dörfler. Andreas Dörfler, studierter Diplom-Bogenbaumeister, führt den Betrieb, den sein Urgroßvater einst im Egerland gegründet hatte, heute in vierter Generation zusammen mit seiner Schwester und seinem Cousin. Vater, Onkel und Mutter sind auch noch im Familienbetrieb mit seinen insgesamt 30 Beschäftigten zu finden.
"Wir bilden für den Eigenbedarf aus", sagt Dörfler. "Aber eigentlich bin ich das auch dem Beruf schuldig." Der Betrieb, in dem Azubi Aigner gerade lernt, zieht sich seinen Nachwuchs regelmäßig selbst heran. "Eigentlich wurden alle, die hier arbeiten, auch hier ausgebildet." Bogenmachermeister Günther Spätling ist ein Musterbeispiel. Vor 40 Jahren hatte er bei Dörfler seine Lehre begonnen. Der Weg in den Beruf war für ihn kurz. Schon der Vater hatte hier gearbeitet.
"Wir schauen auf die Werkzeugführung"
Für Lauritz Aigner dagegen war der Weg in den Bogenbau eher zufällig. Nach der Mittleren Reife hatte er nach einem handwerklichen Ausbildungsberuf gesucht und sich bei der Handwerkskammer informiert, was es in der Gegend für Angebote gibt. Er stieß auf die Ausschreibung zum Bogenmacher. "Als Kind habe ich vier Jahre lang Geige gelernt. Ich wusste also, um was es geht", erzählt er.
Nach Praktikum und Probearbeit war der Weg für ihn frei in die Bogenmacher-Lehre. "Es ist nicht nötig, ein Streichinstrument zu spielen. Wir schauen auf die Werkzeugführung", nennt Chef Andreas Dörfler ein Auswahlkriterium. "Den Rest lernt man."