Mit ein paar Säcken Getreide hat alles angefangen. Eine Geschäftsbeziehung, die auf Freundschaft und den selben Wertvorstellungen beruht. Ein Bericht über das Phänomen voller Theken kurz vor Ladenschluss und Bioware aus China.
Drei Geschäftsmänner, die sich in kleiner Runde am Küchentisch gegenseitig anhimmeln: Karl Brehm, Michael Litz und Arnd Erbel. Männer mit schütterem Haar und Lachfalten um die Augen. Drei, die für ihre Ideale brennen und ihr Handwerk lieben: ein Landwirt, ein Müller und ein Bäcker. Sie stehen mit ihren Namen und ihren Gesichtern für hochwertige Ware und verzichten bei der Vermarktung gerne auf Begriffe wie "regional" und "Bio".
Nicht, weil das ihre Nische nicht treffend beschreiben würde, sondern weil "China ja schon als regional gesehen wird", sagt Michael Litz. Die drei wollen die Worte, die im Zuge von großen Begriffen wie Nachhaltigkeit überstrapaziert werden, nicht für ihre Sache gebrauchen.
Wenn der Geschmack regiert
Michael Litz leitet in siebter Generation die letzte Mühle im Aischtal. Kein Großbetrieb, aber ein Familienunternehmen in Gremsdorf, das von zahlreichen Landwirten im Umkreis von 40 Kilometern beliefert wird. Litz könnte gut ins Schimpfen verfallen, wenn es um die Lebensmittelbranche geht: "Es ist wirklich schlimm geworden, wie preisfixiert der deutsche Kunde geworden ist."
Sein Freund und Getreidelieferant Karl Brehm aus Lonnerstadt besänftigt ihn: Nicht nur der Endverbraucher sei schuld. Sagt er. Meint er auch so. Denn um die Herstellung von Lebensmitteln zu durchschauen, brauche es nicht nur Neugier, sondern auch Intelligenz, sich mit den Prozessen und dem System hinter dem fertigen Produkt im Regal kritisch auseinander zu setzen.
Dass es dieses Publikum durchaus gibt, beweisen die drei Männer gemeinsam. Mit einem Brot, "das um die Komponente Mensch angereichert ist". Bäcker Erbel beschreibt es weiter so: "Gutes Brot schmeckt schon im ersten Moment gut. Und wenn ich mehr über das Brot wissen will, kann es mir auch eine Geschichte erzählen."
Die Geschichte des Direktvermarkter-Trios aus Mittelfranken kennt keine langen Strecken: Von Brehms Äckern in Lonnerstadt nach Gremsdorf in die Litz-Mühle und von dort in den Nachbarslandkreis in die Dachsbacher Backstube von Arnd Erbel.
Die Kooperation ist in den letzten Jahren langsam gewachsen: "Der Wunsch nach regionalem Getreide war schon immer da", sagt Erbel, der seit 2006 selbstständig ist. Initiator war der Bäcker, nein doch der Landwirt ... Egal, jetzt haben sich die drei gefunden und können sich gegenseitig die Komplimente zuschieben. "Dreh- und Angelstelle ist der Arnd", sagt Karl Brehm, der von den beiden anderen Charlie genannt wird. Und der Jüngste im Bunde findet, dass er eher eine "Randerscheinung" ist, weil in seinen Mühlen ja nur mal eben das Getreide durchgejagt werde.
Kritik an der Backbranche
Drei "Sich-unter-den-Scheffel-Steller", wie Charlie Brehm schmunzelnd festhält, die so zurückhaltend gar nicht sind. Zumindest nicht, wenn es um Kritik geht. Denn, wo Bio drauf steht, sei noch lange nicht immer Bio drin. Nicht nur Backdiscounter, auch große Filialketten klagen sie an.
Dem Verwenden von Backmischungen oder Teiglinge zum einen und der Wegwerfkultur zum anderem: Weil dem Kunden um halb sieben am Abend noch immer ein vollständiges Sortiment geboten, statt das Ziel verfolgt wird, am Abend ausverkauft zu sein. Die Prämisse, das Sortiment aufrecht zu erhalten, widerspreche der Bereitschaft in teure Rohstoffe zu investieren - die nach Ladenschluss möglicherweise unberührt wieder weggeschmissen werden müssen.
"Gut, man kann jetzt nicht alles verurteilen ...", sagt der eine. "Kann 'mer schon", murmelt der andere. "Wir möchten eher, dass es was Besonderes ist." Das ist dann der eigene Kompromiss, mit dem sie gegen den Trend kämpfen.
Auch auf Bio-Sonnenblumenkerne aus China zum Beispiel können sie gut verzichten - macht Erbel auch. "Statt auf Biegen und Brechen Bio" zu haben, kauft er lieber in Schwabach ein. Die kosten ihn dann - wie auf den ersten Blick fast alles in dieser Nische - eben mal ein bisschen mehr, aber sein Sauerteigbrot sei auch "mehr als einen Euro mehr wert", erklärt er. Wegschmeißen muss man das auch nicht nach zwei Tagen, weil es trocken oder schon schimmelig ist.
Erbel sei ein Genie, für Brehm ein "kleiner Alchemist", ein Freak des Bäckerhandwerks, über den er nicht nur eine Anekdote erzählen kann. Das frischgebackene Dinkel-Baguette zum Beispiel, das würden Brehms Kinder schon während der neun Kilometer langen Heimfahrt auf der Rücksitzbank verputzen.
Für Brehm, der noch den einen oder anderen Acker sucht, wäre die Welt ärmer, wenn es die Backwaren-Kooperation nicht gäbe. Es ist das gute Gefühl, dass der Dinkel im Dinkelbrot noch vor zwei Wochen auf dem eigenen Acker stand, sagt er. Hier liegt vielleicht das Erfolgsgeheimnis: Die Tatsache, dass Gefühle - Begeisterung, Respekt und persönliche Überzeugungen - eine Geschäftsbeziehung so erfolgreich bestimmen können, dass es zum sich Ernähren mit hochwertigen Lebensmitteln reicht.
Merkel und Obama - Erbels Brot ist gefragt Zwar nicht morgens zu Marmelade und Kaffee, aber zum Abendessen im Restaurant auf Schloss Elmau vielleicht schon: Arnd Erbels Brot ist bis in die bayerischen Alpen und darüber hinaus gefragt. Neben den beiden Restaurants auf Schloss Elmau - in denen auch Angela Merkel und Barack Obama beim G7-Gipfel zu Gast waren - beliefert der Bäcker aus Dachsbach zum Beispiel auch das einzige bayerische Drei-Sterne-Restaurant.
All das erzählt Erbel beiläufig, grinst dabei wie ein frischverliebter Schuljunge, der mit seinen Kameraden auf dem Pausenhof steht und ertappt wird. Statt "Arnd ist verknallt" heißt es "Arnd ist ein Genie". Und das findet nicht nur sein Getreidelieferant.
Erbel selbst nennt sich Freibäcker, obwohl es an sich keine Freibäcker gibt, aber das waren wohl die frühesten alternativen Bäcker, die sich gegen die Richtlinien der Zunft gewehrt haben. "Frei und unabhängig" will auch Erbel sein: Wie ein Supermarkt von innen aussieht, das weiß er nicht, sagt er. In seiner Backstube habe kein Backtriebmittelvertreter eine Verkaufschance, weil in seinen Teig sowas nicht rein kommt. Erbels Rezept: "Jede Zutat könnte man auch mit der Hand essen."
sd