35 Jahre: Partner schafft Frieden

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Beim Empfang in Nova Gradiška erschienen die Kroaten in Tracht. Foto: Rathaus
Beim Empfang in Nova Gradiška erschienen die Kroaten in Tracht.  Foto: Rathaus

Herzogenaurach verbindet seit 35 Jahren eine Städtepartnerschaft mit Nova Gradiška. Obwohl die beiden Städte gut 800 Kilometer von einander entfernt sind, gibt es nicht nur Unterschiede sondern auch ähnliche Herausforderungen.

Friede ist ein großes Wort. Ein Bedeutendes noch dazu. Eines, mit dem jüngere Generationen oft gar nicht mehr so viel anfangen können, weil sie ohne Leid und Existenzsorgen aufwachsen. Der Bürgermeister von Herzogenaurach, German Hacker (SPD), pflegt die Städtepartnerschaft nach Kroatien deshalb so gerne, weil er jede dieser internationalen kommunalen Verbindung "als Beitrag für den Frieden in Europa sieht". Er macht eine kurze Pause und fügt noch hinzu: "Das ist ein sehr großer Satz."

Einer, der für ihn in den vergangen Tagen wieder an Bedeutung gewonnen hat. Hacker war erst fünf Tage in der kroatischen Partnerstadt Nova Gradiška. Und das nicht zum ersten Mal. Schon seine Schulzeit hat die kroatische Verbindung geprägt, seit er 1996 Mitglied im Stadtrat geworden ist, kennt er Nova Gradiška sowieso. Die Städte-Begegnung funktioniert Hackers Meinung nach deshalb so gut, weil die Menschen direkt aufeinander treffen, sagt er. Da würden Grenzen - geographisch und in den Köpfen - überwunden werden, weil die Menschen sehen, dass die anderen gleiche Probleme und Sorgen umtreiben.

Sicherlich, die slawonischen Traditionen - das Essen und die Tracht zum Beispiel - sehen und schmecken anders, aber Hacker findet, wenn kroatische Lieder über die Heimat angestimmt werden, ist das vergleichbar mit der Frankenhymne.

Und auch in Nova Gradiška gebe es einen Bürgermeister, zwei Stellvertreter, und einen Stadtrat in ähnlicher Konstellation. Hacker weiß, dass sich die Verwaltung in "den groben Strukturen nicht unterscheidet".

Viel stärker ausgeprägt als in Deutschland beziehungsweise Bayern sei allerdings die Abwanderung von den ländlichen Regionen in die Städte: "In unserer Sprache würde man von einer strukturschwachen Gegend sprechen." Deshalb fließen in Kroatien EU-Mittel in höherem Maße - "das finde ich ganz hervorragend: Das ist ein positives Beispiel, wie wichtig das für die Menschen, die dort leben, ist."

Dass das Geld ankommt, sieht und spürt Hacker schon bei seiner Hinfahrt. Die 800 Kilometer fährt er fast von Haustür zu Haustüre auf der Autobahn: "Was Kroatien hervorragend gemacht hat, ist die Infrastruktur. Die Autobahnen sind top. Von den Menschen in Kroatien geht eine Energie aus, da spüre ich, dass sie wollen." Ob auf Besuch in Kroatien oder anders herum, "die Kroaten sind so stolz, EU-Mitglied zu sein".

Trotzdem sei es schwierig, ihre jungen, gut ausgebildeten Leute bei einer Arbeitslosigkeit von 20 Prozent zu halten. Die Folgen des Krieges seien noch spürbar. Besonders an einem Mittwoch wie dem vor einer Woche. Der 8. Oktober ist Nationalfeiertag: "Eine Mischung aus Unabhängigkeit und Volkstrauertag", sagt Hacker. Denn, während es aus den Weltkriegen mit deutscher Beteiligung kaum noch Zeitzeugen gibt, begegnet man in Nova Gradiška kaum einer Familie, die zwischen 1991 und 1995 keinen Angehörigen im Krieg verloren hat. Einer Frau mittleren Alters zuzuhören, der es beim Erzählen Tränen in die Augen treibt: "Das ist schon noch mal etwas anderes, als wenn man hier über Krieg redet, der 70 Jahre zurückliegt", sagt Hacker. Nicht nur die Überreste an Granaten hier und da, besonders die Wirtschaft habe noch etwas aufzuholen. Ein Schritt für mehr wirtschaftliches Potenzial ist auch die Neugründung einer ausgelagerten Krankenschwesternschule. Herzogenaurach hat die Lehrschule mit einer hochtechnisierten Übungspuppe unterstützt: "Die teuerste Puppe, die ich jeweils gekauft habe", witzelt Hacker. Zwar können weder der Gegenstand noch die 6000 Euro an Wert für Frieden garantieren, es ist aber eine Botschaft an die langjährige Partnerstadt Nova Gradiška: "Wir sind verpflichtet, unseren Freunden zu helfen - nicht nur materiell."

Hintergrund Die Partnerstadt Nova Gradiška liegt in der Nähe des Flusses Sava in Slavonien/Kroatien. Sie wurde 1748 unter dem Namen Friedrichsdorf gegründet, und bis heute prägen die vielen spätbarocken und klassizistischen Gebäude das Stadtbild.

Die Ursprünge der Verbindung nach Nova Gradiška gehen weit in die 70er-Jahre zurück, als viele Menschen aus dem damaligen Jugoslawien Arbeit in den Herzogenauracher Unternehmen suchten. Die Städtepartnerschaft besteht seit 1980. Die Stadt Nova Gradiška zählt heute ca. 15 000 Einwohner und ist rund 840 km von Herzogenaurach entfernt.
Kroatien ist seit dem 1. Juli 2013 Mitglied der Europäischen Union.