Das Landestheater Coburg sorgt mit William Shakespeare für einen in jeder Minute zündenden Komödienspaß. Dabei wird nur "Viel Lärm um nichts" gemacht. Die österreichische Gastregisseurin Susanne Lietzow ist Schuld am hemmungslosen Vergnügen zwischen bissigen Wortgefechten, Slapstick und fetziger Tortenschlacht.
Coburg — Unglaublich, was immer wieder in diesem Shakespeare steckt. Diesmal, nach 400 Jahren spritzig wie kaum ein Heutiger, verhilft der alte Junge aus Stratford upon Avon dem Landestheater gleich beim Schauspielauftakt im Großen Haus zum kichernden, schallenden, verschmitzten, in neuen Liedern satirisch singenden, so hinterfotzigen wie das unbeschwert kindliche Lachen im verstockten Erwachsenen lösenden Komödienerfolg. Und das alles mit viel Lärm um eigentlich nichts.
Den köstlichen Klamauk, die hemmungslose Farce, in welche die alte Geschichte in den pfeffrigen neuen Worten des englischen Übersetzers und Bearbeiters Brandon Larch (Dramaturgie Georg Mellert) mit ungebremster Lust und Leichtigkeit gleitet, hat Gastregisseurin Susanne Lietzow allerdings im geradezu befeuert spielenden Ensemble angereichert mit vielen Zwischentönen und schauspielerisch entzückenden Nuancen. Was für ein Spaß. Das Premierenpublikum im vollen Haus tobte.
Die exquisite Gesellschaft im männlich markanten Rock - allein dieser Anblick und die nackten Männerbeine in adretten Stiefelchen! - spielt in einem schwülstigen Irgendwo aus angeberischen Großwildtrophäen und sehnsüchtiger Ferne am Horizont, raffiniert eingerichtet von Marie Luise Lichtenthal. Obwohl kaum mal ein Sessel verrückt wird, ist dieser Ort intim belauschend und himmlisch weit und immer wieder anders.
Das Wasser des schonungslos genutzten Bassins lässt seine Lichtreflexe verzaubernd fließen über gemalte Landschaft und groteske Wirrnisse.
Da kann der alte Amor ruhig grinsend seinen Unfug treiben.- Na, der sitzt ja schon im Rollstuhl, weiße Flügelchen hin oder her. Der 82-jährige Publikumsliebling Georg Hünseler treibt das Geschehen mit von ihm selbst übertragenen Shakespeare-Sonetten. So schön.
Die blödsinnigen Ereignisse sind in der Kürze nicht darstellbar, dem müssen Sie sich selbst aussetzen. Jedenfalls schafft es ein psychopathischer Perversling wie Don John (Sebastian Pass) mit seinem nicht minder verdorbenen Butler Borachio (Stephan Ignaz) ganz locker mal nebenbei, das engelhafte Blondchen Hero (Philippine Pachl) als Hure zu verleumden, was ihr im Schnellverfahren zugeführter Bräutigam Claudio (Sönke Schnitzer), der Prinz von Aragonien Don Pedro höchstselbst (Frederik Leberle) und ihr sie doch so zärtlich liebender Papa Leonato (Thomas Straus) auch sofort glauben.
Wortgefechte und Tortenschlacht
Nicht so immerhin das unglaublich bissige Cousinchen Beatrice und der ihr nach phänomenalen Wortgefechten endlich folgende Benedikt, Kerstin Hänel und Nils Liebscher. Die zwei intrigieren jetzt zurück, auch wenn alle nach wüster Tortenschlacht am glitschigen Boden zerstört sind. Diese zwei Hasslie benden möchte man ja fressen vor (voyeuristischem) Vergnügen am bösartigen Wortgefecht und köstlichen Mienenspiel.
Doch es ist das ganze Ensemble, das satirisch und parodistisch mit immer eigenen Charakterisierungen entzückt, bis hin zu den kleineren Rollen, Sandrina Nitschke als einfallsreiche Standesbeamtin, Anna Staab als freches Dienstmädchen, die damischen Nachtwächter Niklaus Scheibli und Helmut Jakobi.
Und natürlich Musik. Musik muss unbedingt sein, um uns ganz ins quasi filmische Screwball Comedy-Vergnügen zu versetzen, über den stimmungsvoll tönenden Hintergrund hinaus sogar mit vier mächtig auftrumpfenden Rocksongs des österreichischen Komponisten Gilbert Handler, genauso mächtig gesungen von den Stimmgewaltigen im Ensemble, allen voran Sönke Schnitzer und Nils Liebscher. Die Songs werden sogar auf CD mitgeliefert im ohnehin schon aufschlussreichen Programmheft. - Heiliger Shakespeare, was die hier in Coburg alles können.