Wenn die Kraft zum Atmen fehlt

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Ein Patient an einer Beatmungsmaschine: Eine Erkrankung am Corona-Virus kann im schweren Verlauf bis zum Lungenversagen führen. Auch in den Kliniken in Coburg und Lichtenfels mussten bereits Patienten beatmet werden. Foto: Peter Kneffel/dpa
Ein Patient an einer Beatmungsmaschine: Eine Erkrankung am Corona-Virus kann im schweren Verlauf bis zum Lungenversagen führen. Auch in den Kliniken in Coburg und Lichtenfels mussten bereits Patienten beatmet werden. Foto: Peter Kneffel/dpa
 
 

Vor allem in den bayerischen Häusern mussten die Regiomed-Ärzte bislang Corona-Patienten behandeln. Über die bisherigen Erfahrungen informieren die beiden Chef-Anästhesisten.

Für die Regiomed-Kliniken soll es nun langsam in Richtung "Normalbetrieb mit Corona" gehen: Bei der Telefon-Pressekonferenz am Dienstag kündigte Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke an, dass noch im Laufe dieser Woche ein entsprechendes Konzept erarbeitet werden soll. Ab Mai soll es greifen und immer wieder überprüft und angepasst werden. "Wenn sich irgendwo ein Hotspot ergibt, müssen wir kurzfristig reagieren können."

Dennoch soll in den Kliniken bald wieder so etwas wie Normalbetrieb herrschen, auch wenn der vom früher Gewohnten weit entfernt sein wird. 20 bis 30 Prozent der Intensivbetten müssen weiterhin für Corona-Patienten frei gehalten werden. Aber im chirurgischen Bereich soll der Betrieb wieder anlaufen, immer so, dass Reserven bleiben für die Behandlung von Covid-19-Patienten, sagte Schmidtke. Krankenbesuche sind auch weiterhin nicht möglich.

Langer Krankheitsverlauf

Zum neuen Normalbetrieb wird auch gehören, dass die Patientenströme strikt getrennt bleiben - unterschieden nach "kein Corona", "Corona-Verdacht" und "Corona-positiv". Die Regiomedführung rechnet damit, dass die Infektionszahlen wieder steigen werden, wenn nun diese und nächste Woche weitere Geschäfte öffnen dürfen und Umgang mit Menschen außerhalb der eigenen Hausgemeinschaft erlaubt ist. "Dann müssen wir das im Krankenhausbetrieb regulieren, und das Nadelöhr wird immer das Personal sein", sagte Schmidtke. Das gelte vor allem für den intensivmedizinischen Bereich.

Bei der Versorgung von Covid-19-Patienten waren bislang vor allem die Kliniken Coburg und Lichtenfels gefordert. Coburg versorgte beziehungsweise versorgt zwölf Patienten auf der Intensivstation, Lichtenfels sieben. In Hildburghausen und Sonneberg war es bislang jeweils ein Patient. Die ersten Erkenntnisse: Männer erkranken eher schwer als Frauen (von den Lichtenfelser Intensivpatienten war nur eine weiblich), und die Verläufe dauern lang. "Das ist keine Erkrankung, die in wenigen Tagen durchgestanden ist", sagt Thorsten Keil, Chefarzt der Anästhesie in Lichtenfels. In der Regel würden die Patienten drei Wochen auf der Intensivstation verbringen.

Im Vordergrund steht bei der Intensivbehandlung von Covid-19-Patienten das schwere Lungenversagen (Akutes Atemnotsyndrom, ARDS). Folge eines solchen Lungenversagens könne sein, dass der Patient dauerhaft auf zusätzlichen Sauerstoff angewiesen ist, weil das Lungengewebe versteift. Um solche Folgen zu verhindern, werden die Patienten auf der Intensivstation zunächst mit zusätzlichen Sauerstoff versorgt, schildert es Privatdozent Georg Breuer, Chefarzt der Anästhesie in Coburg. Das geschehe möglichst schonend, betont sein Kollege Thorsten Keil. "Erst kommt die Sauerstoffgabe, dann die nicht-invasive Beatmung." Eben weil bekannt sei, dass die künstliche Beatmung per Intubation etliche Risiken mit sich bringt, werde sie erst eingesetzt, wenn die Sauerstofftherapie nicht mehr reiche - meist dann, wenn die Patienten schlicht nicht mehr genügend Kraft haben, um zu atmen, sagt Georg Breuer.

In Lichtenfels gab es zwei Patienten, die eine Ecmo-Behandlung erhielten (Ecmo steht für Extrakorporale Membranoxygenierung). Bei dieser Behandlung wird das Blut in einem Gerät außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert und wieder zurück gepumpt. Das Ecmo-Gerät übernimmt sozusagen die Lungenfunktion. "Beide Patienten haben das sehr gut überstanden", sagt Keil.

Malaria-Medikament eingesetzt

Was die Behandlung mit Medikamenten angeht, so können die Regiomed-Ärzte nur zugelassene Medikamente einsetzen, wie zum Beispiel das Malaria-Medikament Chloroquin. Es wurde in Coburg und Lichtenfels schon verwendet, berichtet Breuer: "Wenn der Zustand sehr ernst war und es vom Patienten oder den Angehörigen gewünscht war." Das Spektrum möglicher Nebenwirkungen sei bei Chloroquin sehr groß. Für "vielversprechend" hält Breuer den Einsatz von Rekonvaleszentenplasma, also Blutplasma von Menschen, die Corona überstanden haben und über Antikörper verfügen. Regiomed habe sich daher um die Teilnahme an einer entsprechenden Studie der Uniklinik Erlangen beworben.

Drei Todesfälle mussten die Intensivstationen in den Kliniken in Coburg und Lichtenfels hinnehmen. Die drei hochbetagten Patienten hätten von sich aus lebensverlängernde Maßnahmen ab einem bestimmten Punkt abgelehnt, sagen Breuer und Keil. Doch die Krankheit betrifft nicht nur Senioren. Breuer erwähnt eine Coburger Patientin "in den 40ern", die sich gut erhole und schon wieder einigermaßen mobil sei. "Da freut man sich als Intensivmediziner!"