Pessimistisch beurteilt Dr. Oliver Welke die zukünftige ärztliche Versorgung Weitramsdorfs. Der Gemeinderat will sich des Themas annehmen.
Wie steht es um die ambulante ärztliche Versorgung in der Gemeinde Weitramsdorf, aktuell und in Zukunft? Dazu referierte Dr. Oliver Welke in der Gemeinderatssitzung am Montagabend. "Das Thema liegt mir am Herzen", bekannte der Weidacher Allgemeinmediziner.
Das Herz diente Dr. Welke auch zur Darstellung der momentanen Situation. Diese ähnele der Verengung in einem Herzkranzgefäß: "Die Engstelle muss noch kein Problem machen, doch das kann sich von heut' auf morgen ändern." Rein rechnerisch werde für je 2000 Einwohner ein Arzt benötigt. Den Bedarf könnten seine Kollegin Inge Schmidt (Tambach) und er in der Kommune mit 5100 Einwohnern gerade so abdecken. "Doch sobald einer von uns aufhört, erleiden wir einen Infarkt", verdeutlichte Welke.
Die Verteilung stimmt nicht
Anstelle eines Ärztemangels diagnostizierte der Mediziner einen Verteilungsmangel. Der großen Ärztekonzentration in der Stadt stehe eine hohe Nachfrage im ländlichen Raum gegenüber. In der Region praktizierten 68 Hausärzte, davon sei ein Drittel über 60 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liege bei 55,4 Jahren. Wer aufhöre, habe Probleme, einen Nachfolger für seine Praxis zu finden. Dass die jungen Ärzte nicht auf dem Land praktizieren wollen, liege an ihrer Einstellung und Wünschen, die sich nicht mit den Anforderungen vereinbaren ließen. Während das Pensum durch den demografischen Wandel zunehme, erschwerten lange Arbeitszeiten, Bereitschaftsdienste, zu viel Bürokratie, eine hohe Verantwortung (wegen fehlender Fachärzte) und lange Wege die Arbeit zusätzlich.
Für die "Generation Y" müsse die Arbeit hingegen Spaß machen, sagte Welke. Dies passe nicht zum "Image des wenig verdienenden, ständig verfügbaren Einzelkämpfers". Stattdessen seien Arbeitsstellen mit mehreren Kollegen und flexiblen Arbeitszeiten gefragt, auch ein breites Spektrum mit guter technischer Ausstattung. Da sie die finanzielle Belastung scheuten, zögen junge Ärzte eine Anstellung der Selbstständigkeit vor. Finanzielle Anreize, die derzeit Mediziner aufs Land locken sollen, beurteilt der Weidacher Hausarzt skeptisch: "Weniger Prestige und Verdienst stehen im Vordergrund, sondern Familie und Freizeit", meinte Welke. Die Nachwuchsmediziner legten eher auf angenehmen Wohnraum, Freizeitmöglichkeiten im direkten Umfeld und Stadtbus-Anbindung wert.
Zwei von 40
Um dem "Infarkt" vorzubeugen, sucht Welke seit längerem einen Arzt, den er ausbilden oder anstellen würde. Seit fünf Jahren nimmt der 53-Jährige keine Patienten mehr an. Er sagt: "Sonst kann ich die Qualität meiner Arbeit nicht gewährleisten." Nach erfolgloser Suche in Deutschland - unter anderem mittels Inseraten - reiste der Mediziner sogar bis nach Serbien. Zwei Interessenten blieben von 40 übrig. Die Kollegen würden nun kommen, allerdings werde ihre Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt. Sie bräuchten noch mindestens drei Jahre in der Klinik, dazu ein Jahr in der Praxis. "In etwa fünf Jahren kann ich mit ihnen rechnen", berichtete Welke. Bürgermeister Wolfgang Bauersachs (BfB) hatte "auf ein positiveres Szenario" gehofft. Er sagte: "Es kann nicht sein, dass jemand, der in seiner Heimat schon Menschen geheilt hat, nochmals in die Ausbildung muss!" Andreas Carl (DGN) forderte, Weitramsdorf müsse alternative Versorgungsformen finden, Kommunen wie Seßlach seien bereits aktiv geworden. "Die Zeit läuft uns davon", warnte Hans-Jürgen Marschollek (BfB). Er habe das Thema Hausarzt nicht auf die lange Bank geschoben und spreche seit 2014 mit Welke darüber, verteidigte sich Bauersachs. Aus dem Gemeinderat hingegen sei keine Anregung gekommen. Das wertete Marco Anderlik (CSU) als "ganz schlechten Stil": "Wie immer geben wir uns gegenseitig die Schuld." Anderlik plädierte ebenso wie Matthias Helmprobst (FW) dafür, sich lieber parteiübergreifend zusammenzusetzen. Ob nicht eine Kooperation mit Regiomed sinnvoll sei, fragte Helmprobst. Die Frage eines Betreibers sei zweitrangig, entgegnete Welke. Wichtiger sei es, "erst Ärzte anzulocken und dann eine Praxis hinzustellen". Oder, wie in Untersiemau, "Praxisräume mit Leben zu füllen". "Wir können keinen Arzt herbeizaubern", lautete Carls Kommentar.
Bauersachs beendete schließlich die Diskussion mit dem Versprechen, der Gemeinderat oder ein Arbeitskreis werde sich des Themas annehmen. "Das wird nicht ohne finanzielle Beteiligung gehen", machte er deutlich. "Und nicht ohne Arbeit", ergänzte Welke, der seine Mitarbeit anbot. Für den Mediziner ist es "fünf vor zwölf", konkrete Vorschläge müssten auf den Tisch. Auch Josef Janson (SPD) forderte, schnell Rahmenbedingungen zu schaffen. "Uns bleiben als Gemeinderat nur noch drei Jahre Zeit."
Seniorenpark auf dem Weg
Anschließend vollzog das Gremium den letzten Schritt der Bauleitplanung für den vom ASB geplanten Seniorenpark am Ortseingang in Weidach. Wie vom Bau- und Umweltausschuss in seiner letzten Sitzung empfohlen, erfolgte der Feststellungsbeschluss zur 8. Änderung des Flächennutzungsplans, mit dem die landwirtschaftliche Fläche in Wohnbauland umgewandelt wird. Dann fasste das Gremium den Satzungsbeschluss über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan "Coburger Wegäcker II", der laut Bürgermeister mit dem ASB abgestimmt wurde. Beide Beschlüsse wurden ohne Gegenstimme verabschiedet.
Wie Bauersachs mitteilte, soll die Freizeitfläche am Weinberg schnellstmöglich realisiert werden. Er habe den Bauhof bereits angewiesen, den Zaun zu beseitigen. Wolfgang Kießling vom Amt für ländliche Entwicklung sehe keine Möglichkeit, die Maßnahme zu fördern. Vom TSV Weitramsdorf erwartet der Rathauschef noch die Rückmeldung, was mit der Schotterfläche geschehen soll.
Um eine umfassende Ferienbetreuung anbieten zu können, bräuchte Jugendpfleger Florian Hermann mehr Fachpersonal. Alternativ müsste ein externer Dienstleiter beauftragt werden. Die Kosten sollen eruiert werden.
Mit dem Fachbereich Architektur der Fachhochschule Coburg fanden Gespräche über den Ideenwettbewerb für die Weitramsdorfer Ortsmitte statt. Vor einer Zusage möchten sich die Professoren erst ein Bild machen, informierte Bauersachs.
Während der energetischen Sanierung des Rathauses wird die Verwaltung komplett in die leerstehende Weidacher Schule ausweichen.