Die Corona-Krise hat der Stadt Neustadt nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch strukturelle Erkenntnisse beschert.
Die Ankündigung von Kämmerer Rainer Schmiedeknecht, dass 2021 aus Sicht der städtischen Finanzen kein einfaches Jahr werden würde, kam rechtzeitig im vergangenen Jahr. Gestern hat sich der städtische Finanzsenat mit dem Zahlenwerk fürs kommende Jahr beschäftigt und dürfte dabei zur Erkenntnis gekommen sein, dass die Situation schwierig, aber sicher nicht dramatisch ist.
Freilich: "Wir haben bewusst auf große Sprünge verzichtet", sagte Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD) dem Tageblatt im Vorfeld der Beratung. Aber die zentralen, wichtigen und auch nicht billigen Projekte für die Zukunft sind unangetastet geblieben: der Abschluss der Marktplatzneugestaltung (1,6 Millionen Euro), die Kindergärten in Ketschenbach (2,4 Millionen) und der ehemaligen "Märchenschau" (2 Millionen), die Generalsanierung der Volksschule an der Heubischer Straße (3,6 Millionen) sowie die Sanierung des städtischen Straßennetzes (450 000 Euro). "Es besteht der feste Wille, diese Sachen durchzuziehen", versicherte Kämmerer Rainer Schmiedeknecht.
Bei weiteren Ausgaben wird die Stadt hingegen ein bisschen den Fuß vom Gas nehmen - zumindest so lange, bis ein grober Trend für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland 2021 zu erkennen ist. "Nach dem ersten Quartal wissen wir mehr", zeigte sich der Kämmerer überzeugt.
Einiges kann in den Sommer geschoben werden
Um bis dahin "ein bisschen Luft" im Haushalt zu haben, wurden zum Beispiel Straßenbaumaßnahmen oder Investitionen in die Kläranlage bewusst in den Sommer geschoben. Wobei Schmiedeknecht das Wort "geschoben" mit einem erhobenen Zeigefinger begleitete und versicherte: "Wir reden nicht von gestrichen." Auf der Einnahmenseite stellt sich die Situation unerwartet gut kalkulierbar dar. Das liegt unter anderem daran, dass Bund und Land zugesichert haben, bei dramatischen Rückgängen im Bereich der Gewerbesteuer als einer der Haupteinnahmequellen der Kommunen für einen Ausgleich zu sorgen. Das war bereits im vergangenen Jahr der Fall, berichtete der Kämmerer: In Verhandlungen zwischen dem Deutschen und Bayerischen Städtetag sowie den Finanzministerien habe es gute Verteilungsergebnisse gegeben.
Zwar rechnet die Stadtkämmerei immer noch mit einem Minus von 700000 Euro bei der Gewerbesteuer, doch die sind für Frank Rebhan so was wie das "blaue Auge", mit dem die Stadt aus dem Corona-Jahr 2020 kommen könnte: "Dafür sind wir dem Bund und dem Land sehr dankbar." Für heuer stehen 6,1 Millionen Euro als Ansatz für die Gewerbesteuereinnahmen im Haushalt.
Die Gelassenheit der Stadt-Spitze liegt sicher auch daran, dass Neustadt - was die Gewerbesteuer betrifft - schon ganz andere Zeiten erlebt hat. Frank Rebhan erinnert sich immer noch mit Schaudern an das Jahr 2001. Da brachen, hauptsächlich von der Schließung des "Siecor"-Werkes ausgelöst, die Gewerbesteuereinnahmen von geplant 27 auf 3 Millionen Mark ein. "Von heute auf morgen - und auch das haben wir hinbekommen", erzählte der Oberbürgermeister.
Es gibt eine große Unbekannte im Haushalt
Einzige große Unbekannte ist der Anteil, den die Stadt aus der Einkommenssteuer ihrer Bürger bekommt. Da gab es im vergangenen Jahr schon ein Minus von 450 000 Euro; ob die für 2021 vorgesehenen 7,3 Millionen Euro hereinkommen, wollte Kämmerer Schmiedeknecht lieber erst mal nicht versprechen: "Ob diese Einnahmen in der Höhe tatsächlich kommen, hängt stark mit den coronabedingten Auswirkungen auf die Wirtschaft zusammen."
Die Corona-Krise hat der Stadt nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch strukturelle Erkenntnisse beschert. "Wir haben ganz klar gewisse Schwächen gesehen", räumte Rainer Schmiedeknecht mit Blick auf den Bereich der Digitalisierung ein. Deshalb wird die Stadt reagieren und 320000 Euro in die verbesserte Ausstattung der Schulen investieren, zudem auch die Technik im Rathaus aufrüsten. Videokonferenzen auf professionellem Niveau werden nach Ansicht des Oberbürgermeisters eines der Arbeitsmittel der Zukunft sein. Denn eine Erkenntnis, die habe die Corona-Krise auf jeden Fall mit sich gebracht: "Es muss nicht mehr unbedingt sein, wegen einer Besprechung bei der Regierung zwei Stunden einfach nach München zu fahren."
Es gibt ein Sorgenkind
Ein Sorgenkind des Stadtoberhauptes bleibt aber doch: der Bereich von Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistung. Die sind, was die Gewerbesteuer angeht, zwar jetzt nicht entscheidend für Wohl und Wehe der Stadt Neustadt, aber auch Rainer Schmiedeknecht versichert: "Jeder Euro, der uns von dort bei der Gewerbesteuer fehlt, tut uns weh." Und sei es nur deshalb, weil er zeige, dass bei den kleinen Unternehmen das Geschäft laufe. Deshalb der eindringliche Aufruf des Oberbürgermeisters: "Ich wünsche mir, dass viele Neustadter mit Gutscheinkäufen oder Click & Collect unsere heimische Geschäftswelt unterstützen."