Volksbegehren: Coburgs verhärtete Fronten

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Frustriert und resigniert reagiert der Bauernverband auf das Ergebnis des Volksbegehrens. Die Mitglieder machen dem Geschäftsführer Druck und fordern Mahnfeuer.

Dicke Luft im Bauernverband. Die Mitglieder machen ihrem Geschäftsführer Druck, fordern den Rückzug aus dem Landschaftspflegeverband und dem Projekt "Grünes Band". Hans-Jürgen Rebelein schildert in seiner Stellungnahme zum Ausgang des Volksbegehren die Situation der Landwirte.

Kreisrat Thomas Büchner (ÖDP), der sich Aktionsbündnis Coburg für das Volksbegehren Artenvielfalt engagierte, schreibt sich sein Unverständnis über die Bauern von der Seele. Er versteht gar nicht, weshalb der Bauernverband so reagiert - schließlich seien doch höhere Fördergelder in Aussicht gestellt. Beide Ansichten haben wir gegenüber gestellt.

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten soll auf Wunsch des Bauernverbandes jetzt einen Flyer erstellen, aus dem die Zahlen offen gelegt werden, mit welchen Flächen sich die Bauern im Landkreis Coburg und Lichtenfels an Umweltprogrammen, wie Kulap und VNP (Kulturlandschaftsprogramm und Vertragsnaturschutzprogramm) beteiligen. Ein weiteres Ziel des Bauernverbandes ist es, zu beweisen, wie positiv sich diese Maßnahmen auf die Natur auswirken und ausgewirkt haben. Die Untersuchungen sollten das Staatsministerium für Landwirtschaft, das Umweltministerium oder die Untere Naturschutzbehörde durchführen und öffentlich zugänglich machen. Rebelein betont, dass die Landwirte selbst keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der Programme haben, sondern diese freiwillig umgesetzt haben und bei Nichteinhaltung sanktioniert wurden. "Ich hoffe, dass es bald zu einem Volksbegehren zur Unterstützung unserer bäuerlichen Landwirtschaft kommt, sonst haben wir bald keine mehr", macht Rebelein seinem Frust Luft und macht ein Angebot:

Im Landkreis werden von Landwirten Blüh-flächenpatenschaften für rund 40 Euro pro 100 Quadratmeter angeboten. Ab 100 Blühpaten könnten die Flächen angelegt werden. Jeder, der es ernst meine mit der Artenvielfalt, könne sich beim Bauernverband melden: coburg@bayerischerbauernverband.de

Pro von Thomas Büchner

Undemokratisch

In den vergangenen Tagen hat das Coburger Aktionsbündnis für das Volksbegehren mit Bedauern mitverfolgt, wie sich der Coburger Kreisobmann des Bauernverbands und CSU-Mandatsträger, Martin Florschütz, wahllos einzelne Unterstützer des Volksbegehrens herausgesucht hat und diese öffentlich an den Pranger gestellt hat. Zuletzt hatte er eine Gruppe von besorgten Mütter in der Kritik, die sich einfach Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder gemacht haben. Wir unterstreichen hier, dass wir uns als Aktionsbündnis vor alle Unterstützer des Volksbegehrens stellen und eine solche Vorgehensweise nicht gerade demokratisch halten oder im Sinne der Meinungsfreiheit.

Wir verstehen ganz grundsätzlich nicht, warum sich der Bauernverband gegen das Volksbegehren gestellt hat, denn gerade Bauern sollten doch wollen, dass ihre Böden fruchtbar bleiben und es viele Insekten gibt, die die Pflanzen bestäuben.

Wir haben Herrn Florschütz mehrfach darauf hingewiesen, dass das Volksbegehren höhere Fördergelder in Aussicht stellt und dass dies vor allem kleineren Betrieben zugute kommen wird. Wir fragen uns deswegen, ob der Bauernverband überhaupt noch die Interessen der kleineren Betriebe vertritt oder doch eigentlich vor allem die Interessen der Agrarriesen, denen das Volksbegehren ein Dorn im Auge sein dürfte?

Gerade den Bauernverband müsste es doch eigentlich aufrütteln, wenn Langzeitstudien voraussagen, dass 2065 alle Insekten in Deutschland ausgestorben sein werden. Anstatt sich im Zuge des Volksbegehrens an einer Lösung zum Insektensterben konstruktiv zu beteiligen, gibt der Bauernverband eine gekürzte Statistik zu den Bienen heraus und verbreitet ansonsten Unsicherheit bei Landwirten.

contra von Hans-Jürgen Rebelein

Verraten und verkauft

Für mich als Geschäftsführer des Bauernverbandes und als betroffener Landwirt hat das Volksbegehren der Artenvielfalt der Biodiversität und der Landwirtschaft einen Bärendienst erwiesen.

Ich habe unsere Landwirte noch nie so resigniert und frustriert erlebt wie zurzeit. Es rufen Landwirte an, die mitten im Leben stehen, die aufhören wollen, geschweige denn, noch ihre Kinder Landwirtschaft lernen lassen. Sie wissen nicht mehr wie es weiter gehen soll, sie befürchten noch mehr massive gesetzliche Auflagen. Sie haben sich in den letzten Jahren an vielen Programmen und Umweltmaßnahmen beteiligt und das alles wird von der Gesellschaft nicht honoriert. Wenn es wirklich so weiter geht, wird dieses Volksbegehren massiv zur Aufgabe der bäuerlichen Struktur führen.

Man hat es nicht für nötig erachtet, mit uns im Vorfeld über das Volksbegehren zu reden, wir fühlen uns verkauft und verraten. Ich werde von meinen Mitgliedern aufgefordert, als Bauernverband etwas zu unternehmen. So fordern sie, dass sich der Bauernverband aus dem Landschaftspflegeverband zurückzieht und auch aus dem Grünen Band. Wir haben in den letzten Jahren unsere Mitglieder aufgerufen, auf freiwilliger Basis Blühflächen anzulegen und haben in diesem Jahr einen Blühbotschafter gesucht. Die Bauern fordern mich auf, freiwillige Maßnahmen zu unterlassen und alle Landwirte dazu aufzurufen.Sollte diese Stimmung bleiben, wird das Bürgerbegehren für die Natur ein Rückschritt. Die Landwirte sind nicht mehr bereit, sich auf freiwillige Maßnahmen einzulassen und damit wird der Natur weniger Fläche zur Verfügung stehen, als derzeit auf freiwilliger Basis. Des Weiteren fordern mich die Landwirte auf, Mahnfeuer oder Demonstrationen zu organisieren, um zu zeigen, dass es reicht.