Der Auftakt war massenmäßig schon mal grandios. Nach der Abba-Night entrückte hartweicher Seelenzucker die ziemlich vielen Jungen.
Der Schlagerhimmel auf Erden, mit allem was schon immer dazu gehörte. Jetzt eben im Sound unserer Jahre. Wincent Weiss, so ein schöner hartweicher Junge, betörte am Samstag, beim zweiten Abend des Tambacher Sommers die Massen.
Welche Massen? 2500 im ausverkauften Schlosshof, die Mehrzahl davon Kinder und sehr junge Jugendliche, verzückte Mädels. Schon früh kuschelte sich alles zusammen zum großen heimeligen Ganzen, die Arme und Ärmchen winkend im Rhythmus, Tausende von Handy-Lämpchen funkelten im Schlosshof wie die Sternchen. Was für ein Anblick. Immerhin hatte Wincent Weiss mittlerweile seine Fans dazu gebracht, ihn direkt wahrzunehmen statt vermittelt durch die Handykamera, diese kaum zu überschätzende virtuelle Entrückungsmaschine.
Die Abba-Show tags zuvor zum Auftakt des 17. Tambacher Sommers war ebenfalls gut besucht, vereinte auch, aber eben in einer anderen Popzeit und ein Publikum aus anderer Popzeit.
Manchmal steht Wincent Weiss da über der aufs höchste verdichteten Masse wie Jesus, milde lächelnd, breitet die Arme aus. Und aus dem Publikum ruft es "Wincent, wir lieben dich". Es ist, seit die Popmusik in Gang gesetzt wurde, ein die Jahrzehnte überdauerndes Phänomen, es scheint ein tiefes Bedürfnis nach eben diesem musikalischen Ausdruck, dieser musikalischen Vereinigung zu geben. Es lebe die Popmusik, der Schlager zum vertrauten Mitsingen.
Wobei Wincent Weiss den Jungen eben tief aus der Seele spricht: Die Wahrheit ist, dass ich dich immer noch vermiss. Wenn alle Stricke reißen, halten wir uns fest. Weck mich nicht auf, lass mich hier in meiner Welt, ich will nicht zurück. Die Erinnerungen tropfen auf die Fensterscheiben (Das ist aber schön gesagt). Alle meine Freunde... Dazu schießen Stichflammen die Bühne hoch. Computerprogramme lassen raffinierte Lichtermuster pulsieren. Mystifizierender Nebel wallt aus dem Zauberkasten da vorne.
Wie der 25-Jährige singen kann? Als ob das eine Rolle spielt. Er beherrscht auf sympathische Weise die jungen Massen. Der Sound seiner Band ist hart rockig, mit übersteuerten Bässen, dass die Körper vibrieren müssen. Einzelne Worte werden techno-mäßig mit düsterer Stimme hervorgestoßen und vielfach wiederholt, vielleicht, vielleicht, vielleicht, vielleicht...Die Texte werden andächtig mitgesungen. Manchmal wird Weiss hymnisch. Dann erscheint sein Regenbogen, sein Feuerwerk explodiert. Er hat in jedem Fall etwas gegen die gefährliche Stille gefunden. "Ein Wunder", so heißt seine aktuelle Single, und die bescherte er samt "Feuerwerk" zum stimmungsmäßig fulminanten Schluss, kurz vor halb elf. Das ging noch für die Kinder.
Der Künstler Wincent Weiss , geboren 1993 in Eutin, wurde 2013" mit einer Coverversion des Liedes "Unter meiner Haut" von Elif Demirezer bekannt, nachdem er am Klavier eine Akustikversion bei YouTube eingestellt hatte. Etwa zwei Jahre später spielten die DJs "Gestört aber GeiL" und Koby Funk einen Remix des Liedes auf einem Festival. Im Juli 2015 belegte dieser Remix Platz sechs in den deutschen Single-Charts. Der Song konnte sich über ein Jahr in der Hitparade halten und wurde mit einer Platin-Schallplatte ausgezeichnet. Im September 2015 veröffentlichte er die Single "Regenbogen" und im April 2016 folgte die mit einer goldenen Schallplatte ausgezeichnete Single "Musik sein". 2017 erreichte er mit "Feuerwerk" ebenfalls die deutschen Singlecharts. 2017 erschien sein erstes Album "Irgendwas gegen die Stille", das in den deutschen Albumcharts Rang drei erreichte. Im November 2017 gewann er bei den MTV Europe Music Awards den Preis als bester deutscher Künstler.Im April 2018 wurde er in den Kategorien Künstler Pop National und Newcomer National mit dem Echo ausgezeichnet.
wp