Verwirrender Prozess um mutmaßlichen Brandstifter in Neustadt

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Am Tag danach: Der Lkw, den der Angeklagte angezündet haben soll, brannte völlig aus - der Sachschaden lag bei über 100.000 Euro. Foto: Feuerwehr Neustadt
Am Tag danach: Der Lkw, den der Angeklagte angezündet haben soll, brannte völlig aus - der Sachschaden lag bei über 100.000 Euro. Foto: Feuerwehr Neustadt

Was hat einen 36-jährigen Neustadter getrieben, auf einem Firmengelände einen Lkw anzuzünden? Das Gericht tut sich schwer, ein Motiv zu finden.

Mit der Vernehmung weiterer Zeugen hat der Vorsitzende Richter Gerhard Amend am Mittwoch den Prozess gegen einen 36-jährigen Neustadter fortgesetzt. Der Mann soll unter anderen am 26.Oktober des vergangenen Jahres auf einem Firmengelände in der Sonneberger Straße einen Lkw mittels einer Brenngaskartusche in Brand gesetzt haben. Es entstand ein Schaden von insgesamt 100 000 Euro. Am Tatort verteilt fanden die Beamten das Blut des Angeklagten.

Sein Motiv zu finden, gestaltet sich für das Gericht schwierig: Der Beschuldigte gibt an, er könne sich nicht erinnern. Eine Entbindung der Schweigepflicht der Ärzte und Kliniken, die vor den Straftaten wegen psychischer Probleme behandelt hatten, lehnt er ab.

Nicht der normale Beschuldigte

Die Geschichte ist ungewöhnlich: Das Tatbild, so Ermittlungsrichter Jürgen Fehn, habe von Anfang an keinen Sinn gemacht.
"Subjektiv war ich der Meinung, dass da was nicht passt. Es war nicht der normale Beschuldigte, den ich vernommen habe," sagte der Richter vom Amtsgericht Kronach. Fehn hatte den Angeklagten in der Krankenstation verhört, nachdem dieser mit einer tiefen Stichverletzung im Bauchraum notoperiert und anschließend stationär behandelt werden musste. Die Verletzung im Bauch - soviel ist sicher - hat er sich in der Nacht des Brandes zugezogen. Etwa 300 Meter vom Tatort entfernt klingelte er blutüberströmt an der Haustüre eines Autohauses. Er gab bei der Vernehmung an, dass er sich die Stichverletzung versehentlich zugefügt habe. Er habe mit einem Schraubenzieher versucht, ein Loch in seinen Gürtel stechen, und sei abgerutscht. Zu dem Tatvorwurf unter anderen wegen der Brandstiftung machte der Angeklagte laut Fehn keine Angaben.

Psychische Erkrankung

Da alle Indizien in diesem Fall auf eine psychische Erkrankung hingewiesen hätten, wurde der Mann in die psychiatrische Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg verlegt. Eigentlich wollte man am Mittwoch auch Vollzugsbeamte der Würzburger JVA hören. Davon sah man ab, da der Angeklagte in Würzburg ausschließlich von Ärzten und medizinischem Personal betreut wurde und diese eben der Schweigepflicht unterliegen.

Ein Vollzugsbeamter der JVA Kronach hingegen durfte aussagen. Er berichtete am Mittwoch von einem auffälligen Verhalten. Wegen einer Suizidgefährdung habe man den 36-Jährigen in ärztliche Behandlung überführt.
Auch die geschiedenen Eltern waren als Zeugen geladen. Während die Mutter von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte, wollte der Vater des Angeklagten Auskunft geben. Im Zeugenstand rang dieser um Fassung und kämpfte mit den Tränen. Ja, es habe immer wieder Streit gegeben, sagte er und: "Mir ist die Hand leicht ausgerutscht." Er habe immer versucht, seinem Sohn Arbeit zu beschaffen, allerdings habe er alle Stellen nie lange gehabt. "Mal hat er sich mit dem Chef nicht verstanden oder die Arbeit hat ihm nicht gepasst, er ist nie lange geblieben," so der Vater.

Ängste haben ihn geplagt

Auf Nachfrage des Psychiaters Cornelis Stadtland bestätigte der Vater, dass seinen Sohn Ängste geplagt hätten: "Er hatte Angst, ich weiß nicht, vor was." Sein Sohn habe auf ärztliche Verordnung hin Medikamente eingenommen, daraufhin sei er "platt" gewesen und habe viel geschlafen. Mittlerweile wohnen Vater und Sohn wieder unter einem Dach. Man komme nun gut aus und trinke abends seine zwei, drei Bierchen, erzählte der Vater. "Mehr nicht", antwortete er auf Nachfrage von Cornelis Stadtland.

Richter Amend ließ auch mehrere Gutachten verlesen, darunter auch das der Forensik. Die Wunde im Bauch könnte demnach sowohl selbst zugefügt, aber auch durch Fremdeinwirkung entstanden sein. Amend blickte auch in das Vorstrafenregister. Dort sind einige Jugendstrafen verzeichnet, die allerdings 20 Jahre zurückliegen.
Zur Klärung des Ganzen soll nun auch die Ex-Partnerin beitragen, die mittlerweile nach München umgezogen ist und deshalb am Mittwoch nicht kommen konnte. Die Verhandlung wird deshalb am Freitag um 11 Uhr fortgesetzt.