Lokale Lockdowns
In den vergangenen Monaten führten dann einzelne Covid-Verdachtsfälle oder tatsächliche Infektionen von Beschäftigten in chinesischen Häfen dazu, dass solche wichtigen Umschlagplätze von heute auf morgen für zwei Wochen komplett ausfielen.
Es ist ein Problem, gewachsen aus der Globalisierung, das so wohl kaum ein Unternehmen für wahrscheinlich gehalten hätte, das seine Produktion nach Asien verlegt hatte. Ein Schritt, dem sich kaum eine Branche entziehen konnte. Bei Inge's Christmas Decor ist man daher froh, ein festes Standbein zu haben, das voll am Standort Neustadt produziert. "Bei unseren mundgeblasenen Ornamenten ist die Auftragslage gut bis sehr gut", sagt Tilo Hannemann. Die exklusiven handgefertigten Produkte sind vom Containerverkehr nicht betroffen. Was die in China maschinell hergestellten Kugeln angeht, da gibt es schon Überlegungen, ob die nicht doch wieder in Europa möglich wäre.
Viele Coburger Unternehmen betroffen
Das Problem ist natürlich nicht nur eines von Inge's Christmas Decor, wie eine Anfrage bei der Industrie- und Handelskammer zu Coburg (IHK) zeigt. IHK-Präsident Friedrich Herdan: "Lieferschwierigkeiten sowie deutliche Preissteigerungen bei Vorprodukten und Rohstoffen machen derzeit insbesondere den Coburger exportorientierten Unternehmen zu schaffen und treffen Betriebe fast aller Branchen und Größenklassen."
Der IHK-Präsident kann auf bundesweit erhobenes Datenmaterial verweisen: "Diese Einschätzung wird von einer aktuellen DIHK-Auswertung unter Beteiligung auch Coburger Firmen im In- und Ausland bestätigt. Die Ergebnisse spiegeln die Situation der Coburger Wirtschaft wider, die sich durch einen hohen Besatz in den Branchen Automotive, Maschinenbau, Elektroindustrie, kunststoffverarbeitende Industrie und Möbelhersteller auszeichnet. Demnach melden 83 Prozent der befragten Unternehmen über alle Wirtschaftszweige hinweg Preisanstiege oder Lieferprobleme bei Rohstoffen, Vorprodukten und Waren. Diese Situation wirkt sich natürlich nachteilig auf den wirtschaftlichen Erholungsprozess nach der Pandemie aus."
Wenige erwarten rasche Besserung
Ein großes Problem ist offenbar für viele Firmen, dass schwer abzusehen ist, wie sich die Lage weiter entwickelt: "Es herrscht große Unsicherheit im Coburger produzierenden Gewerbe. Nur knapp ein Fünftel der befragten Unternehmen rechnet bis zum Jahreswechsel mit einer Verbesserung der Situation."
Aktiv etwas zu unternehmen, um auf die Situation zu reagieren ist schwierig. "Der Rohstoffmangel zieht sich durch Komponenten und Güter nahezu aller Geschäftsbereiche - und kann deshalb nur schwer durch neue Produktionsverfahren oder Lieferanten kurzfristig kompensiert werden. Spürbar sind die Lieferengpässe und Preisanstiege derzeit insbesondere bei Stahl, Aluminium, Kupfer und Holz sowie bei Elektronikkomponenten und Verpackungen."
Die Gründe für die Engpässe sind nach Friedrich Herdans Einschätzung vielfältig: "Weltweit heruntergefahrene Produktion infolge der Pandemie, fehlende Schiffsfrachtkapazitäten, mangelnde Verfügbarkeit von Transportcontainern, Angebotsverknappung bei Halbleitern, Blockade des Suezkanals durch das Containerschiff Ever Given. Gleichzeitig aber ist der Bedarf an Vorleistungsgütern wie etwa Halbleitern spürbar gestiegen, und es gibt eine Verschiebung der privaten Konsumausgaben hin zu langlebigen Ge- und Verbrauchsgütern. Das Problem der Transportengpässe wird uns noch eine Zeitlang begleiten, weil kurzfristig weder neue Containerschiffe noch entsprechende Mengen an Leercontainern auf den Markt gebracht werden."
Doch bergen solche Krisen auch Chancen: "Angesichts der angespannten Situation stellen einige Unternehmen ihre Lieferketten auf den Prüfstand, um sie, wo möglich, breiter auszurichten und so die Abhängigkeit von einem bestimmten Zulieferer, Land oder Region künftig zu verringern. Dadurch könnten sich Chancen für Zulieferer aus Deutschland oder Europa ergeben."