Stadt Coburg muss fast 60 000 Euro zurückzahlen

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Das Stück Straße bis zu dem blauen Auto wurde jetzt als historische Straße anerkannt. Damit fallen für die Anlieger die Erschließungsgebühren für den Gehweg weg. Fotos: Christiane Lehmann
Das Stück Straße bis zu dem blauen Auto wurde jetzt als historische Straße anerkannt. Damit fallen für die Anlieger die Erschließungsgebühren für den Gehweg weg.  Fotos: Christiane Lehmann
"Im Grund": An der gezeigten Stelle stand im 17. Jahrhundert ein Haus. Bis zu seiner Einfahrt wurde jetzt die Straße als historisch anerkannt.
"Im Grund": An der gezeigten Stelle stand im 17. Jahrhundert ein Haus. Bis zu seiner Einfahrt wurde jetzt die Straße als historisch anerkannt.
 

Die Anlieger der Straße "Im Grund" gewinnen den Rechtsstreit gegen die Stadt Coburg. Zu den Auswirkungen nimmt Rechtsoberrat Willi Kuballa Stellung.

Die Stadt hat insgesamt über 58 000 Euro zuviel an Erschließungsbeiträgen von den Anliegern der Straße "Im Grund" eingefordert und muss diese jetzt zurück bezahlen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth ist seit November 2014 rechtskräftig. Darin heißt es: Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für den nachträglichen Anbau eines Gehsteigs an eine bereits vorhandene Anbaustraße ist rechtswidrig. "Mit dieser ,Gehweg-Entscheidung' wurde ein Urteil erstritten, das für alle historischen oder vorhandenen Anbaustraßen im gesamten Stadtgebiet Gültigkeit hat," schreiben Ursula und Martin Hermann, Anlieger und Kläger gegen die Stadt Coburg, in einer Presseerklärung.

Das Tageblatt hatte bereits im Frühjahr ausführlich über den Rechtsstreit und das Engagement der Geschwister Hermann geschrieben.

Bürger gingen in
Vorleistung

Zum Hintergrund: Bei der Straße "Im Grund" im Stadtteil Cortendorf handelt es sich zum großen Teil um eine alte historische Ortsstraße, die bereits im 17. Jahrhundert mit Wohnhäusern bebaut war, und die bereits 1869 von der Gemeinde Cortendorf auf Anordnung des damaligen Landratsamts - entsprechend des damaligen technischen Standards - endgültig hergestellt worden war. Die Straße wurde jetzt 2008/2009 von der Stadt Coburg saniert und ein Gehsteig angebaut, der bisher nicht vorhanden war.
Im Februar 2012 erließ die Stadt Coburg Vorausleistungsbescheide auf den Erschließungsbeitrag gegenüber allen Anliegern der Straße "Im Grund".

Ein Teil der Anlieger, deren Grundstücke am sogenannten "historischen" Teil der Straße angrenzen, wurde dabei nur für die Herstellung des Gehsteigs mit einem Erschließungsbeitrag belastet. Gegenüber dem restlichen Teil der Anlieger wurde ein Erschließungsbeitrag sowohl für die Herstellung des Gehsteigs als auch für die Herstellung der Fahrbahn mit Beleuchtung, Entwässerung und Grunderwerb von der Stadt veranlagt.
Gegen diese Vorausleistungsbescheide wurde von einigen Anliegern Widerspruch eingelegt, und zwar sowohl von Anliegern, die am sogenannten "historischen" Teil der Straße anliegen, als auch von jenen, die an den sogenannten "nicht-historischen" Teil angrenzen.

Bisher (seit nunmehr fast drei Jahren) wurde keiner dieser Widersprüche von der Stadt Coburg bearbeitet. In diversen Anschreiben wurde versucht auf diese Anlieger einzuwirken, ihre Widersprüche zurückzuziehen.
Ein Anlieger (Familie Hermann) erhob gegen den Vorauslastungsbescheid unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth.

Wohlwissend gegen das Gesetz?

Das Verwaltungsgericht hat jetzt rechtskräftig entschieden, "wobei dieses Urteil Konsequenzen für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für ganz Coburg hat", ist sich Martin Hermann sicher. Seit Jahrzehnten erhebe die Stadt Coburg rechtswidrig Erschließungsbeiträge für den nachträgliche Anbau eines Gehsteigs an eine historische oder bereits vorhandene Anbaustraße - "wohlwissend hier seit 1958 (Inkrafttreten des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes) gegen geltendes bayrisches Recht und seit 1961 (Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes) gegen geltendes Bundesrecht zu verstoßen" (Hermann).

Einwände der Anlieger seien bisher konsequent sowohl vom Bauamt als auch vom Rechtsamt abgeblockt und beiseite geschoben worden. "Dieser von der Stadt ausgeübten, rechtswidrigen Praxis gebot das Gericht jetzt Einhalt", heißt es in der Pressemitteilung der Hermanns.

Wie geht's jetzt weiter?

Die Stadt wird nun auch darüber entscheiden müssen, wie sie gedenkt, mit den sogenannten "Altfällen" umzugehen. So wurden beispielsweise Ende der 1970er Jahre von den Anliegern am historischen Teil der Waldsachsener Straße (Stadtteil Cortendorf) Erschließungsbeiträge für den Anbau eines Gehsteigs eingefordert.
Der Bürgerverein Cortendorf hat bereits in einem Schreiben vom 3. März 2014 die Stadt aufgefordert, dazu Stellung zu beziehen, bisher aber keine Antwort erhalten.
Neue Satzung ist bereits in Arbeit